Veröffentlicht am 10. Juni 2024

Das Album «Görlitzer Park» von K.I.Z – es wird ernst!

Seit Ende letzter Woche teilen K.I.Z auf ihrem YouTube-Kanal täglich einen neuen Song aus ihrem kommenden Album «Görlitzer Park». Schon jetzt lässt sich erahnen: Diese Platte wird weitaus ernster und dunkler als vorherige. Gut eine Woche nach Release spielen K.I.Z als Freitags-Headliner auf dem OpenAir St. Gallen

Journalist
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Am 21. Juni erscheint das neue Album der Berliner Rap-Instanz K.I.Z. Bis zum Release teilt die Band gerade jeden Tag kurz vor Mitternacht einen neuen Song aus «Görlitzer Park», das wieder von den Drunken Masters produziert wurde. Die Tracklist wird so aussehen:

Das Leben am und im «Görlitzer Park»

Der Countdown begann am 6. Juni mit dem Titelstück, das auch die erste offizielle Single im September 2023 war – eine sehr pointierte, sozialkritische Hymne auf den Park im Herzen Kreuzbergs, der seit Jahren für Schlagzeilen sorgt, unter anderem weil sich dort ein Teil des Drogenmarktes manifestiert. Aber die Strassen um den Görlitzer Park herum sind auch die Hood, in der K.I.Z im doppelten Wortsinn gross wurden.

K.I.Z stellen «Görlitzer Park» vor – per Überraschungskonzert | ZUM ARTIKEL

Es wird wohl nicht der «Sommer meines Lebens»

Der zweite Song im Video-Countdown war dann «Sommer meines Lebens»: Hier rappen Maxim, Nico und Tarek über Mobbing und Jugendgewalt, aber sie tun es nicht auf die bissige, überdrehte, provokante Art und Weise, wie sie es sonst gerne tun. Diese Zeilen sind zugleich hart und empathisch, erzählen in zwei von drei Strophen eher aus der Opfer-Perspektive, was bei K.I.Z ja nun wirklich nicht oft passiert: «Freibad auf kein'n, Mo will mich hau'n / Sobald ich übern Zaun bin, krieg' ich aufs Maul / Fünfundzwanzig Dosen oder 'n Stich / Diesen Sommer brauch' ich meine Badehose wohl nicht.»

Toxischer Jungs-Quatsch statt erster Liebe

Auf «2001» rappt ausschliesslich Maxim, während Tarek den Chorus singt. Auch diese Nummer ist eher melancholisch und geradezu romantisch. K.I.Z goes Kuschelrock? Nicht ganz. Maxim erzählt von mehreren Situationen, in denen er oder sein fiktives Teenager-Alter-Ego (könnte passen, wenn man dem Internet hier glauben kann, ist Maxim 1984 geboren, wäre 2001 also 17 gewesen), eigentlich ein Mädchen beeindrucken will, aber immer wieder am Harte-Jungs-Quatsch scheitert.

«Samstag ist Krieg» am Alexanderplatz

Dass K.I.Z in vielen Songs Berlin vermessen, dürfte allgemein bekannt sein. Auf «Samstag ist Krieg» steigen sie an einem Samstag am Berliner Alexanderplatz aus – oder besser gesagt: Tarek tut es, denn hier ist nur er zu hören. Der Text liest sich wie eine sozialkritische Kurgeschichte mit tragischem Ende.

«Deine Eltern haben Geld, war'n beschäftigt mit sich selbst / Du kommst aus 'ner netten Gegend, hast dich immer für geschämt / Heute bist du unterwegs mit dein'n Jungs aus Lichtenberg / Nüchtern bist du eher ruhig, doch heute bist du mit der Gang.» Wie es weitergeht, kann man sich ausrechen: Testosteron, Suff, Übermut – und am Ende kriegt der Junge mit der grossen Fresse aus der guten Gegend eine Klinge in die Rippen, weil er zuvor jemanden die Treppe runtertritt.

Krieg und Frieden

Mit Blick auf die Countdown-Songs und die bisher veröffentlichten Singles «Frieden» und «Applaus» darf man schon jetzt ruhigen Gewissens mutmassen, dass «Görlitzer Park» für K.I.Z-Verhältnisse ein sehr ernstes Album sein wird. In «Applaus» geht es um die Risiken und Nebenwirkungen des Auf-grossen-Bühnen-Stehens, während «Frieden» die ganz grossen Themen angeht.

Vor allem «Frieden» ist ein provozierendes wie intelligentes Meisterstück: Weil es einerseits dezidiert politisch ist, andererseits aber keine naive Antik-Kriegs-Hymne ist, sondern mit harten Zeilen in der Wunde der Ambivalenz herumstochert. «Lass die weissen Tauben fliegen, wir träumen von Frieden / Doch erst müssen wir gewinn'n (ey), erst müssen wir gewinn'n (ey)», heisst es im Chorus.

In den Strophen wird es dann richtig schmerzhaft. Nico rappt zum Beispiel: «Wir bringen ihnen das Feuer, denn sie kommen aus der Steinzeit / Blaka, blaka, blaka macht der westliche Lifestyle (yes) / Toxische Barbaren, das ist unser Feind / Für die Bösen sind wir die Bösen, wie gebrainwashed kann man sein?»

Zeilen, die man in «unseren» Zeiten – in denen sich Europa im Angesicht eines russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine, wieder bis auf die Zähne bewaffnet – nicht unbedingt hören will.

Es wird offenbar ernst

All diese Lieder verbindet ein musikalischer Schwermut und eine Ernsthaftigkeit, die K.I.Z zwar schon immer beherrschten (man höre nur «Hurra, die Welt geht unter» oder «Rap über Hass»), die sie aber selten so geballt daherkamen wie nun anscheinend auf diesem Album namens «Görlitzer Park».

Vielleicht haben der überdrehte Quatsch, die Provokationen und die Splatter-Elemente ja auf dem «Album zum Album» mehr Platz, das zeitgleich am 21. Juni erscheinen und 16 weitere Lieder enthalten wird. Es trägt den Titel «K.I.Z und der Anschlag auf die U8» – die U8 ist die Berliner U-Bahnlinie, die u. a. Kreuzberg mit Neukölln und Mitte verbindet.

Hier auf dem YouTube-Channel von K.I.Z gibt es noch bis zum Release jeden Tag kurz vor Mitternacht einen neuen Song. K.I.Z sind ausserdem der Freitags-Headliner auf dem OpenAir St. Gallen, das in diesem Jahr vom 27. bis zum 30. Juni stattfindet. Alle weiteren Infos dazu und Tickets gibt’s hier.

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Die Rival Sons haben es seit ihrer Gründung im Jahr 2008 geschafft, sich als eine der führenden neuen Bands im Blues- und Classic-Rock zu etablieren. Bei ihren energiegeladenen Performances begeistern sie ihr Publikum jedesmal aufs Neue mit unvergesslichen Riffs, roher Energie, perfektem Zusammenspiel, unbändiger Leidenschaft und einer soliden Prise Soul. Zwischen den Auftritten bei den Mega-Festivals Graspop und Hellfest kommen die Musiker am 28. Juni für eine Show zu uns ins Z7.


Die Rival Sons gelten dies- und jenseits des Atlantiks als der moderne Bluesrock-Massstab des letzten Jahrzehnts. Sie klingen keineswegs retro oder nostalgisch, sondern einfach so zeitlos, nah und authentisch, wie es dem altehrwürdigen Genre eben gebührt. Zugleich versteht sich das Quartett aus dem kalifornischen Long Beach spielend darauf, diesem bedeutenden Teil der Rockgeschichte frisches Leben und hochmoderne Grooves einzuhauchen. Das bewiesen sie unter anderem im Jahr 2019 mit dem Album „Feral Roots“, das den Rival Sons nicht nur ihre bislang höchsten Chartsnotierungen weltweit einbrachte, sondern auch zwei Nominierungen bei den Grammy-Awards. Nach diesem durchschlagenden Erfolg kehrte die Band 2023 mit voller Wucht aus der Pandemie-Pause zurück und lieferte gleich zwei Alben innert fünf Monaten ab: „Darkfighter“ im Juni, das Pendant „Lightbringer“ folgte im Oktober. Zum unbändigen Kreativ-Schub, der in einer Session auf zwei Platten gebannt wurde, die sich wie ein Yin und Yang des Bluesrock einander gegenüberstehen, sagt Gitarrist Scott Holiday: „Musikalben sind eine gesunde Form der Realitätsflucht. Mit ’Darkfighter’ wollten wir ein cineastisches Werk schaffen, das dich ganz weit weg bringt. Wir haben uns dabei zwar ein Stück von unseren ursprünglichen Einflüssen entfernt, sind uns selbst aber noch näher gekommen.“ Sänger Jay Buchanan fügt hinzu: „’Darkfighter’ beschreibt die neuen Rival Sons und ‚Lightbringer’ ist die klare Definition davon, wo wir aktuell stehen. Wir haben mit ‚Darkfighter’ einen Grundstein gelegt und ‚Lightbringer’ geht noch einen Schritt über diese persönliche Phase der Innovation und Erkundung hinaus.“

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