Veröffentlicht am 06. Oktober 2022

Wie K.I.Z das «Oktoberfest» trollten

Am 21. Oktober spielen die Berliner Rapper von K.I.Z auf dem «Big Air» Festival in Chur. In den letzten Tagen erhitzten sie mal wieder die Gemüter konservativer Herren und nahmen mit ihrem Song «Oktoberfest» die Abgründe der Volksfest-Kultur ins Visier. Die Folge: Sperrung bei YouTube, wütende Artikel der «BILD»-Zeitung und empörte Wiesn-Wirte. Eine kleine Chronik des eher amüsanten Skandals.

Journalist
3237

Tarek, Maxim und Nico sind als K.I.Z eine der erfolgreichsten Rap-Combos im deutschsprachigen Raum. Ihr letztes Studioalbum «Rap über Hass» erschien 2021 und landete bei uns auf Platz 4 der Album-Charts, in Deutschland und Österreich auf Platz 1. Wer die Band und ihre Fans kennt, weiß eigentlich, dass man die Worte von K.I.Z nicht auf die Goldwaage legen sollte. Provokation, Überspitzung, Splatter-Elemente, Holzhammer-Ironie, Gesellschafts-Kritik und eine gut abgeschmeckte Angriffslaune sind Teil des Konzepts. Das Album«Rap über Hass» beginnt übrigens mit einer Rede aus dem Deutschen Bundestag, die sich mit K.I.Z befasste. Der AfD-Abgeordnete Bernd Baumann echauffierte sich, dass auf einer vom Bundespräsident empfohlenen Konzertveranstaltung gegen Rassismus in Chemnitz eine Band auf der Bühne stand, die «gewaltverherrlichend», «deutschfeindlich» und «christenfeindlich» sei. Dabei wurde schnell deutlich, dass Baumann das Konzept der Ironie offensichtlich nicht verstanden hat. K.I.Z selbst werten es natürlich als größtes Kompliment, wenn eine rechtskonservative Partei sie hasst.

«Ich tunkte die Weißwurst in süßen Senf. Bin hacke und mache den Hitlergruß.»

Am vergangenen Wochenende traten K.I.Z mal wieder ein paar älteren Herren gegen das Schienbein. Als Gag produzierten sie auf die Schnelle mit dem befreundeten Duo Mehnersmoos einen Abgesang auf das Oktoberfest. Drauf zu hören: Balla-Balla-Billo-Techno-Beats und Zeilen wie diese: «Was wir gestern getan haben, das ist nie passiert. Die Kleine liegt im Gebüsch, Junge denn ‚MiaSanMia‘. Heute schieß‘ ich mir die Birne weg. Bierkrüge fliegen durchs Wiesen-Zelt. Titten, die ihr aus dem Dirndl hängen. Ich tunkte die Weißwurst in süßen Senf. Bin hacke und mache den Hitlergruß, benehme mich wie ne Missgeburt, hab ne Schwuchtel kaputtgehauen mit den Jungs.» Im Video dazu sieht man ein «Worst-of» aus der Geschichte des Oktoberfestes: Amateurvideos von kotzenden Typen, sexuelle Belästigungen, die beklatscht und nicht verhindert werden, junge Lederhosen-Buam beim Hitlergruß und so weiter und so fort. Die Reaktion darauf entpuppte sich dann als beste Werbung, die man sich als provozierende Band so vorstellen kann. YouTube sperrte den Kanal der Band, der fast eine halbe Millionen Follower:innen vorweisen kann. Der Clip ist noch immer gesperrt, kann aber auf dem Telegram-Kanal der Band gesehen werden.

«Ein billiges, plumpes Angewanze an die starke Marke Oktoberfest.»

Einen Tag später war der Kanal wieder online – allerdings ohne das Video. Nun wurde es für die Band noch ein wenig interessanter. Die Münchener Redaktion der «BILD»-Zeitung sprang auf die Story auf und titelte: «Berliner Deppen-Rapper verärgern Stadt und Wirte». Dazu muss man wissen: K.I.Z hassen diese Zeitung und reden seit Jahren nicht mit den Medien des Axel Springer Verlags. In dem Artikel heißt es nicht weniger reißerisch als im Track von K.I.Z: «Die Widerlich-Botschaft von K.I.Z: Oktoberfest heißt knutschen mit Uli Hoeneß, koksen mit Markus Söder, vollgepisste Lederhosen, tausende bayerische Frauenschläger, überall Schnapsleichen. Ein mit 3 Promille tot gefahrenes Kind.» Was dabei irgendwie nicht so recht deutlich betont wird: All die gezeigten Aufnahmen sind nun mal tatsächlich passiert. Wiesnchef Clemens Baumgärtner hatte im Artikel dann «eine klare Botschaft an die Deppen-Rapper aus Berlin: ‚Bleibt`s wo Ihr seid!‘ Der Song und das Video seien «ein billiges, plumpes Angewanze an die starke Marke Oktoberfest. Um Popularität zu bekommen, die man mit seinen Songs nicht schaffe.» Auch hier spricht (k)ein Kenner: Die Charts-Erfolge zeigen eigentlich recht deutlich, dass K.I.Z durchaus über ihre Musik Popularität bekommen. Aber ein Skandal wie dieser hilft natürlich auch immer mal gerne – vor allem wenn er in erster Linie jene alt aussehen lässt, die da laut aufschreien.

Am 21. Oktober spielen die Berliner Rapper von K.I.Z auf dem «Big Air» Festival in Chur. Am gleichen Wochenende spielen dort auch Busta Rhymes, Stress, Majan, Deichkind, Kraftklub u. a. Das vollständige Line-upgibt es hier.

Gefällt dir der Artikel?