Ist Mark Forster jetzt cool, oder was?
Er galt lange Zeit als netter Popstar – und nett ist ja immer der Bruder von sch**sse. Auf einmal wirkt Mark Forster jedoch geradezu cool und überrascht mit einer Inszenierung und Live-Show, bei der er sich selbst nicht so ernst nimmt. Am 4. Mai spielt er im Hallenstadion in Zürich, im August beim Stars In Town.
Als Musikredakteur, der sich lange Jahre über seine Grunge-, Punk- und Indie-Sozialisation definiert hat, fühlt man sich schon seltsam, wenn man auf einmal dem Radio-Deutschpop-Mützenträger Nummer 1 gegenübersteht, ihn für ein YouTube-Format interviewen soll und dabei feststellt: «Mist, der Typ ist wirklich nett.»
Als er sich im weiteren Gespräch auch noch outet als jemand, der das Indie-Magazin, das man lange geleitet hat, durchaus gerne las und es schade fand, dass er nie darin auftauchte, schloss man ihn dann sogar ein wenig ins Herz.
Der Mann fürs Radio
Dabei hatte es Mark Forster schon damals nicht nötig, sich um die Befindlichkeiten irgendwelcher Indie-Nasen zu sorgen: Erst als Stimme von Sido-Balladen («Einer dieser Steine»), dann als Solokünstler mit Hits wie «Chöre» oder «Wir sind gross» sowie als sehr beliebter Juror bei diversen «The Voice»-Staffeln ist er längst einer der erfolgreichsten Artists im deutschsprachigen Raum und dürfte auf ewig in den Playlists eines jeden Pop-Radiosenders stecken.
Was ihm hingegen nicht so sehr gefallen dürfte: Seit die Öffentlichkeit um seine Beziehung mit Lena Meyer-Landrut weiss, tauchen die Namen der beiden auch ständig in der Klatschpresse auf. Ohne, dass Mark und Lena jemals mit denen reden würden.
Mark Forster 2.0
In den letzten anderthalb Jahren hat sich der Blick auf Mark Forster bei vielen geändert – was zu grossen Teilen an ihm selbst liegt. Forster bekam bei TikTok und Co. sonst immer viel Hass und Verachtung und konterte diese plötzlich mit sehr selbstironischen Videos, die wiederum all jene auf die Schippe nahmen, die ihn auf die Schippe nahmen. Im Herbst 2022 war es zum Beispiel in Mode, Memes von ihm zu bauen, die mit den Worten «Mark Forster ist der Typ, der…» beginnen und möglichst böse enden.
Forster reagierte darauf vor allem mit Selbstironie – eine Fähigkeit, die vielen Popstars abgeht. Er schaute sich all den Quatsch an, kommentierte in manchen Interviews besonders lustig-fiese Meme-Sprüche über ihn und machte sogar ein Video, in dem er viele Klischees über ihn einfach mal vorführte.
Das musikalische Update
Schon da mussten sich viele TikToker:innen, Twitch-Streamer:innen, Podcaster:innen oder YouTuber:innen eingestehen, dass er das ziemlich gut gedribbelt hat. Mark Forster nutzte das Momentum und surfte weiterhin zwischen cool und cringe, während er im Studio schon an der musikalischen Neu-Justierung arbeitete.
Kontra K checkt auf dem Heitere Open Air Schweizer Graffitis ab | ZUM ARTIKEL
Sein im Herbst 2023 veröffentlichtes Album «Supervision» zeigt Mark Forster abenteuerfreudig und modern wie lange nicht. Das kann man zum Beispiel an den Feature-Gäst:innen ablesen. Für «Wenn du mich vergisst» holte er Boxer-Rapper Kontra K ins Studio, für das ziemlich schöne «Cola in den Pétrus» musizierte er mit LA PLACE und der Sängerin KeKe, auf «Als wär das Leben zu ertragen» klingt er wie Weezer auf Deutsch-Indie und hat die Sportfreunde Stiller an seiner Seite.
Das virale Meisterstück war dann aber die Zusammenarbeit mit Ski Aggu. Der Berliner Vokuhila-Rap-trifft-House-Beats-Star hat auf seinem Track «Gensehaut» noch die Diss-Line «Mark Forster will n' Feature, doch grad passt es nicht». Ein paar Monate später bändelten die beiden dann, wieder einmal sehr ironisch, auf TikTok an – was in einem gemeinsamen Track mit Trap-Nachwuchs skrt cobain mündete, der «schwarzer toyota» heisst und ziemlich gut geworden ist. «Mark war kurz mein Gegner, doch das war ein Fehler», heisst es darauf bei Aggu.
Die (wohl wirklich) unglaubliche Mark Forster Arenatour
Gerade ist Forster auf der so genannten «Die unglaubliche Mark Forster Arenatour» und auch die hat viele Leute überrascht. Anscheinend hat er die «Ich scheisse selbstironisch auf alles»-Attitüde einfach in ein buntes Showkonzept gegossen. Zwar gibt es die Hits und das Konfetti bei «Chöre», aber eben auch ein trashiges Mark-Forster-Double, eine Spielshow, eine Bühne, die auch mal zum Wohnzimmer werden kann (und ein wenig an die aktuelle Bühne von The 1975) erinnert und allerlei trashige Projektionen, die mal verwirrend und mal saulustig sind. Nicht wenigen ging es so, wie diesen beiden jungen Frauen:
Wer selbst nachschauen will, ob Mark Forster und seine Arenatour plötzlich cool sind, kann das am 4. Mai im Hallenstadion in Zürich überprüfen. Oder beim Stars In Town in Schaffhausen am 10. August. Tickets und weitere Infos gibt’s hier.