Ist ein Biopic über Michael Jackson eine gute Idee?
2025 soll das Biopic «Michael» in die Kinos kommen. Der Action-Experte Antoine Fuqua führt Regie. Michaels Neffe Jaafar Jackson spielt den «King of Pop». Jacksons Familie war angeblich jeden Tag am Set. Sollte es diesen Film geben? Und wenn ja: Was wird er zeigen?
Das Genre Biopic ist ja eh ein Thema für sich. Vor allem in diesem Jahr: Bob Marley war schon dran, Amy Winehouse kommt in ein paar Wochen – tja, und 2025 gibt es dann das Biopic über den «King of Pop» Michael Jackson. Aber dazu gleich mehr. Was viele Biopics gemein haben: Die wenigsten trauen sich auch Kritisches, oder dunkle Zeiten adäquat zu thematisieren.
Wer die Songs will, muss die schönen Seiten zeigen
«Bohemian Rhapsody» ist vielleicht das beste Beispiel für ein Biopic, das dermassen glattpoliert wurde, dass man vielen dort gezeigten Szenen kaum trauen mag. Oft liegt die besonders positive Darstellung zum Beispiel daran, dass Musiker:innen-Biopics natürlich die originalen Songs brauchen.
Deren Rechte liegen oft bei den Erb:innen – und bei grossen Labels, die sich von der Unterstützung eines solchen Filmprojekts natürlich versprechen, noch einmal mit der Musik Geld zu verdienen.
Hier gibt es ebenfalls ein recht aktuelles Beispiel, das dieses Dilemma zeigt: «Priscilla», das Biopic von Sofia Coppola über Elvis Presleys erste Ehefrau, hat nicht einen Elvis-Song – weil dessen Familie diese nicht freigab für einen Film, der auch die gewalttätige Seite von Elvis ins Licht rückt.
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Das sagt der Regisseur über «Michael»
Was soll und kann und will uns also ein Biopic über den King of Pop zeigen? Bestimmt nicht das, was seine Opfer in der Dokumentation «Leaving Neverland» erzählen. Regisseur Antoine Fuqua, der sonst eher Action-Spezialist ist und Filme wie «Training Day» und «The Equalizer» drehte, sagte in einem Interview mit dem Online-Magazin «Collider»: «Ich werde mich an die Fakten halten, so wie sie mir bekannt sind.»
Weiter sagt er: «Der Film soll Michael Jackson sowohl als Künstler als auch als Menschen zeigen – mit all seinen guten und weniger schönen Seiten. Ich wünsche mir, dass die Zuschauer:innen dann für sich entscheiden, wie sie Jackson einschätzen sollen.»
Jackson Neffe Jaafar spielt den «King of Pop»
Michael Jackson wird im Film von seinem Neffen Jaafar Jackson gespielt. Den umstrittenen und übergriffigen Familienpatriarch Joe Jackson spielt Colman Domingo. Diverse Quellen berichteten, dass bei den bereits gestarteten Dreharbeiten an jedem Tag Mitglieder aus seiner Familie am Set anwesend waren.
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Antoine Fuqua schwärmt natürlich von seinem Hauptdarsteller. Sein Spiel ginge weit über die physische Ähnlichkeit (die man auch oben auf dem ersten offiziellen Foto sieht) hinaus. «Es ist Michaels Geist, der auf magische Weise zum Vorschein kommt», so Regisseur. Produzent Graham Kind sagte im Magazin «People»: «Bei Jaafar ist jeder Blick, jede Note, jede Tanzbewegung Michael.»
Einblicke in Privatleben und künstlerischer Prozess
Was «Michael» als Film alles zeigen wird, steht noch nicht fest. Im offiziellen Statement vom Filmverleih Lionsgate heisst es: «Es wird Jacksons ikonischste Auftritte zum Leben erwecken und einen fundierten Einblick in den künstlerischen Prozess und das Privatleben des Entertainers geben.»
Für das Drehbuch ist Joe Logan zuständig, der zum Beispiel an «Gladiator» und «Aviator» schrieb. Da das erste offizielle Bild Jaafar Jackson im Outfit der legendären «Dangerous World Tour» in den Jahren 1992 und 1993 zeigt, liegt die Vermutung nahe, dass man sich vor allem auf jene Jahre konzentriert, in denen Jacksons Übergriffe noch nicht bekannt waren.
«Leaving Neverland»-Regisseur findet deutliche Worte zu «Michael»
Dan Reed, der bei der Dokumentation «Leaving Neverland» Regie führte und folglich viel Zeit mit Jacksons Opfern James Safechuck und Wade Robson verbrachte, ist natürlich nicht wirklich begeistert von der Idee eines Biopics. Er sagte der britischen Zeitung «The Guardian» deutliche Worte.
«Niemand spricht davon, diesen Film, der einen Mann verherrlichen wird, der Kinder vergewaltigt hat, zu 'canceln'», findet Reed. «Zu den Filmemachern sage ich: Wie werden Sie den Moment darstellen, in dem Jackson – ein erwachsener Mann in den Dreissigern – ein Kind an der Hand nimmt und es in dieses Schlafzimmer führt? Wie werden sie darstellen, was als nächstes passiert?»
Dan Reed sagt ausserdem: «Indem sie die Frage nach Jacksons Vorliebe für Sex mit kleinen Jungen umgehen, senden Sie eine Botschaft an Millionen von Überlebenden sexuellen Missbrauchs. Diese Botschaft lautet: Wenn ein Pädophiler reich und beliebt genug ist, wird ihm die Gesellschaft vergeben.»
Gucken oder nicht gucken?
Der Film wird auf jeden Fall die Gemüter spalten – aber die Produzent:innen scheinen wohl davon auszugehen, dass es noch genug Fans gibt, die die Anschuldigungen entweder verdrängen oder gar leugnen.
Das sieht man immer wieder, wenn über Michael Jackson berichtet wird. Und man merkt es an den guten Verkäufen der «Thriller»-Jubiläums-Veröffentlichungen. Gecancelt ist er bei vielen Menschen mitnichten – und seine brillante Musik machen die Sache für viele eben nicht «leichter».