Veröffentlicht am 10. April 2024

Wardruna: Die Wikinger kommen!

Eine Begeisterung für Runen, Odin-Zitate, Neo-Folk, nordgermanische Heldensagen? Da sollte man schon mal checken, wo eine Band politisch steht. Bei Einar Selviks Band Band Wardruna muss man sich jedoch nicht sorgen – Selvik will eher den Rechten die Runen mit seiner Kunst entreissen. Im November kommt die Band, die auch auf dem Soundtrack der Serie «Vikings» zu hören ist, live nach Zürich.

Journalist
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Einar Selvik, Bandleader von Wardruna, gilt als Experte für nordgermanische Geschichte. In den alten Wikinger-Sagen, aber auch im Werk von J.R.R. Tolkien, findet er die Inspiration für seine dunklen, heidnischen, meditativen Lieder, die mit ihrer Mischung aus nordischem Folk, Ambient und Drone stilistisch schwer zu verorten sind.

Statt dem klassischen Rock-Instrumentarium Gitarre, Schlagzeug und Bass regieren bei der norwegischen Band Wardruna Hirschleder-Rahmentrommeln, Flöten, Kraviklyra, Tagelharpa, Mundharmonika, Ziegenhorn und Lure. Und nein, es ist keine Schande, wenn man das ein oder andere Wort davon googlen muss.

Vom Black Metal zum nordischen Drone-Folk

Einar Selvik trat zuerst eher im Death und Black Metal in Erscheinung – vor allem bei der Band Gorgoroth. Mit deren Sänger Gaahl und der Sängerin und Komponistin Lindy Fay Hella gründete Selvik 2003 Wardruna. Gaahl verliess die Band jedoch später.

Inzwischen sind Wardruna einer der erfolgreichsten Musikexporte Norwegens – ihr letztes Studioalbum «Kvitravn» aus dem Jahr 2021 landete bei uns und in Deutschland auf Platz 2 der Albumcharts, in Österreich gar auf der 1.

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Kein Bock auf rechte Subkulturen – aber auf Runen

Wer zum ersten Mal auf den Sound, die Ästhetik und die Einflüsse von Wardruna trifft, kann dabei schon ein wenig nervös werden. Die Runen, die Wikinger-Sagen, die nordische Spiritualität – all das hatte bekanntlich grossen Einfluss auf die Ideologie der Nazis und wird auch heute in rechten Kreisen noch hochverehrt.

Einar Selvik sagte dem deutschen Magazin «Musikexpress» dazu im vergangenen Jahr, er glaube, dass der Pagan Folk eher dabei helfe, die Runen endlich den Rechten zu entreissen: «In Norwegen sind nicht mehr nur rechte Subkulturen an der Wikinger- und Bronze-Zeit interessiert. Menschen aller Schichten begeistern sich dafür.»

Hype durch die Netflix-Serie «Vikings»

Dass der Wardruna-Sound überall so gut ankommt, dürfte auch am immensen Erfolg der Netflix-Serie «Vikings» liegen. Der kanadische Komponist Trevor Morris holte die Band für eine lange Zeit für den Soundtrack an Bord. Auch für das Videospiel «Assassin’s Creed: Valhalla» arbeitete Einar Selvik an der Musik.

Die Begeisterung für die Geschichte seines Heimatlandes sei für ihn aber nicht bloss Eskapismus, erzählte er dem «Red Bulletin» in einem Interview. «Ich kultiviere nicht die Idee, dass früher alles besser war. Aber ich glaube, dass es viele Dinge aus den alten animistischen Kulturen gibt, an die man sich erinnern sollte.»

Für ihn sei das «keine spirituelle oder religiöse Sache, es ist eine Einstellung – die Idee, dass die Natur heilig ist und wir ein Teil von ihr sind und nicht ihre Herrscher. Ich versuche, das auf mein Leben zu übertragen. Die gefährlichste Idee ist, dass wir alle zu klein sind, um etwas zu bewirken.»

Wardruna werden am 8. November 2024 im The Hall in Zürich spielen – wenn man den Gerüchten glaubt, haben sie bis dahin vielleicht sogar ein neues Album draussen. Tickets und weitere Infos zum Konzert gibt’s hier.

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Hoffnung erfordert Mut. Wonderland, das neue Album Jack Sedman und Harry Draper alias Seafret bietet beides in Hülle und Fülle. Mit eben diesem Album und ihren bekanntesten Hits kommt das gefeierte Duo im Herbst in die Schweiz.

«Wonderland» ist das Ergebnis von zwei Jahren Arbeit der Bandmitglieder und langjährigen Freunde Jack Sedman und Harry Draper. Es ist ein grossartiges Werk, das die Hörer:innen durch die Geschichte der Band führt, von Herzschmerz und Verlust bis hin zu den Freuden der Liebe und des neuen Lebens. «Es ist das Projekt, das uns bis hierher am meisten mit Stolz erfüllt», sagt Sedman. «Das, in das wir am meisten investiert haben und mit dem wir emotional verbunden sind.»

Sobald sie den Titel gefunden hatten, stellten sich Seafret das Album als eine Geschichte vor, in der sich die Dunkelheit in Licht verwandelt. «Wir haben versucht, ein Gleichgewicht auf dem Album zu finden, so dass es einige Songs gibt, die von Herzschmerz handeln, und andere, die wirklich erbaulich sind», betont Draper. «Mit Wonderland verlassen wir ein wenig unsere Komfortzone, und wir erleben, dass die Leute unsere Musik genauso lieben, wenn wir das tun.»

«Unsere Stücke müssen immer etwas Echtes an sich haben», sagt Sedman. Er erinnert sich an den Rat seines Vaters, dass ein Publikum immer erkennen kann, wenn ein Künstler aus einer anderen Perspektive singt als seiner eigenen. «Die Leute erkennen echte Gefühle.»

Möglicherweise hat auch dies dazu beigetragen, dass Seafrets Debütalbum «Tell Me It's Real» hiess. Es wurde 2016 veröffentlicht, erreichte in Grossbritannien die Charts und erhielt positive Kritiken, die die «Momente echter Schönheit» und die zarten Gefühle lobten. Aber zu diesem Zeitpunkt, so Draper, waren sie den grossen Labels bereits überdrüssig geworden. «Wir zogen uns ein wenig zurück», sagt er. «Wir wollten wirklich ein richtiges Zuhause für unsere Musik.» Es war eine schwierige Zeit: Dem Duo, das zu diesem Zeitpunkt kaum aus dem Teenageralter heraus war, wurde gesagt, dass sie ihre Chance verpassen würden, wenn sie sich von den grossen Labels abwenden würden. «Das hat uns nur noch mehr angespornt», sagt Draper und grinst. Ihr zweites Album, «Most Of Us Are Strangers», aus dem Jahr 2020, entstand in acht Wochen in einem Glasgower Studio mit dem Produzenten Ross Hamilton. «Das war ein grosses Risiko für uns», räumt Sedman ein. Es hat sich natürlich ausbezahlt. Das Album erregte die Aufmerksamkeit nationaler Publikationen, darunter The Times, die das «hochwertige Songwriting» und den vollendeten Sound der Band hervorhob.

Seafret supporteten ihr Album mit einer Europatournee, bevor ihr Zeitplan sie für eine Reihe von Heimatshows zurück nach Grossbritannien brachte. Doch mit dem Ausbruch der Pandemie wurde die Tournee jäh gestoppt. Live-Musiklokale wurden geschlossen, die Tournee der Band wurde drei Konzerte vor Schluss abgesagt, und das Duo fühlte sich, als stünden sie wieder am Anfang. Draper war in Leeds, während Sedman zurück in Bridlington war: «Ich hätte nie im Leben gedacht, dass ich wieder hier landen würde», sagt Sedman. Und lange Zeit mussten sie warten. «Das kann einen ganz schön belasten», erinnert sich Draper. «Man gerät in diesen dunklen Raum. Aber wir haben einfach versucht, weiterzuschreiben, und eigentlich waren wir noch nie so produktiv wie während des Lockdowns. Und wir sind wirklich stolz auf diese Songs.»

Wonderland wurde geschrieben, als Draper und Sedman mit ihren Partnern Familien gründeten, und beweist ihr bemerkenswertes Talent für Songs, die das gesamte Spektrum menschlicher Gefühle abdecken. Der Opener «Never Say Never» zum Beispiel ist ein herzzerreissender Folk-Pop-Song, der mit flirrenden Percussions und romantischen Gitarrenlicks, die an The Police erinnern, gestaltet ist. « I was never good at giving in », singt Sedman, «keep fighting for an open door/ No I'll never say never, no more». Im Refrain erhebt sich seine Stimme zu einem schillernden Falsett, das vor Entschlossenheit strotzt.

Die aktuelle Single «See I'm Sorry» - ein linkslastiger Popsong, der von Grammy-Gewinner Dan Grech-Marguerat produziert wurde - war einer der letzten Songs, die dem Album hinzugefügt wurden, als Sedman und Draper feststellten, dass ihre kreative Ader einfach nicht aufhörte. «Wir dachten, die Platte sei fertig», gibt Sedman lachend zu, «aber wir schrieben weiter...». Der Track dient als Mea Culpa für «all die kleinen Fehler, die man im Leben macht».

Seafret, die in der Anfangsphase ihrer Karriere einen Major-Label Deal bekommen haben und nach London zogen, stehen inzwischen auf eigenen Beinen. Drapers üppige Produktion von Wonderland zeigt, dass ihnen das gut bekommt. Sie arbeiteten mit einigen der renommiertesten Produzenten Grossbritanniens zusammen, von Cam Blackwood (Florence and the Machine, George Ezra, London Grammar) bis Steve Robson (Miley Cyrus, One Direction, Take That). «Ich denke, es ist wirklich mutig, das zu tun, denn wir haben die grossen Labels durchlaufen und mit den grossen Produzenten gearbeitet, und wir haben immer noch Verbindungen zu ihnen», sagt Sedman und lobt seinen Bandkollegen dafür, dass er den Schritt gewagt hat. «Durch das Produzieren dieser Platte habe ich den ganzen Prozess kennengelernt, daher ist es für mich in dieser Hinsicht etwas ganz Besonderes», erklärt Draper. «Wenn man sich in diese verletzliche Position begibt, in der man so etwas noch nicht gemacht hat, gibt es keine Grenzen. Man ist nicht auf seine Gewohnheiten festgelegt. Und das hat mir in kreativer Hinsicht wirklich geholfen.»

Während «Wonderland» zweifelsohne Seafrets bereits beachtliches Publikum erweitern würde, erfuhren sie während des Aufnahmeprozesses einen zusätzlichen Popularitätsschub. Eine beschleunigte Version ihrer 2016 erschienenen Single «Atlantis» aus ihrem Debütalbum ging auf TikTok viral und verzeichnete 1,7 Milliarden Aufrufe mit dem Hashtag des Songs und bis heute mehr als 400 Millionen Streams auf Spotify. «Es ist einfach verrückt», sagt Sedman. «Wir hatten zu der Zeit noch nicht einmal TikTok, also haben uns die Leute erzählt, was passiert ist. Das hat uns in unserer gesamten Karriere angespornt, diese Reaktionen von Menschen aus verschiedenen Ländern auf der ganzen Welt zu bekommen.» Draper fügt hinzu: «Es ist unglaublich, weil der Song 2016 schon herauskam. Und wir lieben TikTok jetzt - es gibt dort so viel Talent! Es ist wirklich inspirierend

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