Auf Repeat: Warum uns diese Serien-Soundtracks verfolgen
Eine grossartige Serie bleibt oft noch wochenlang im Kopf, gerade wenn die Musik stimmt. Aber welche Soundtracks schaffen das am besten? Wir haben unsere aktuellen Lieblings-Soundtracks – inklusive Lieblings-Serien – zusammengetragen.
In einer Serie übernimmt die Musik mehrere Aufgaben. Sie unterstützt die visuelle Darstellung, baut die Stimmung einer Szene auf und füllt Lücken, die ein Dialog nicht füllen kann. Gelegentlich emanzipiert sich ein Soundtrack ganz vom Visuellen und wird selber zur Hauptfigur. Wenig überraschend , dass sich diese Beliebtheit auch auf Spotify zeigt. Wir haben eine aktuelle Best-of-Liste erstellt, in denen die Musik mindestens eine genauso grosse Rolle spielt wie die Story und der Cast.
Stranger Things
«Stranger Things» gehört seit der Erstausstrahlung auf Netflix im Jahr 2016 zu den beliebtesten TV Shows überhaupt. Mit ihrem untrügerischen Sinn für Stimmungen und Details schlagen die beiden Macher Matt und Ross Duff (The Duffer Brothers) einen Bogen zwischen perfekt inszenierter 80er-Jahre-Nostalgie und schaurig-unwirklicher Sci-Fi-Parallelwelt. Verantwortlich für den Synthie-lastigen Retro-Sound – und den mit Abstand meistgestreamten Soundtrack (allein über 5 Mia. Spotify-Plays) – sind Michael Stein und Kyle Dixion der amerikanischen Synthwave-Gruppe S U R V I V E. Die melancholische Grundstimmung ihrer Kompositionen zieht sich über alle drei Staffeln und wird ergänzt mit Hits aus der Vergangenheit: «Should I Stay Or Should I Go» (The Clash), Every Breath You Take» (The Police) oder Madonnas «Material Girl». Für das analoge Feeling holt man sich den Soundtrack selbstverständlich auf Vinyl.
Übrigens: Am 27.Mai 2022 erscheint endlich der erste Teil der lang ersehnten vierten Staffel, der zweite Teil folgt dann am 1. Juli 2022. Mit der entscheidenden fünften Staffel ist dann aber Schluss (Spin-Offs nicht ausgeschlossen).
Bridgerton
In Bridgerton werden neue Hits zu Renaissance-Klassikern. Music Supervisor Alexandra Patsavas hat das in L.A. ansässige Vitamin String Quartet verpflichtet, Pophits wie «Diamonds» (Rihanna) oder «Sign of the Times» (Harry Styles) als instrumentale Coverversionen neu zu interpretieren. Komponist Kris Bowers ergänzt diese mit seinen eigenen Songs. Macherin Shonda Rhimes setzt auch in der Geschichte und den Figuren bewusst auf die Symbiose aus Alt und Neu. Die Suche nach Miss Daphne Bridgertons Gatten in der fiktiven Londoner High Society des frühen 19. Jahrhunderts lässt die Grenzen zwischen Tradition und Moderne immer wieder verschmelzen. Entstanden ist ein zeitgemässes Comedy-Drama irgendwo zwischen «Downtown Abbey» und «Gossip Girl», das bestens ohne exakt historische Nachbildung auskommt. Oder gab es damals schon eine ausgeprägte Leidenschaft für Pomeranians?
Euphoria
«Euphoria» führt unter der Gen Z unbestritten die Spitze der beliebtesten TV-Serien an. Mastermind Sam Levinson hat das Who-is-Who des coolen, jungen Hollywoods vereint: Zendaya, Sydney Sweeney, Barbie Ferreira, Hunter Schafer – gemeinsam sind sie 162 Mio. Instagram-Follower:innen schwer. Mit ihrer schauspielerischen Leistung beweisen sie, dass «Euphoria» mehr ist als ein weiteres Teenie-Drama. «Euphoria» ist Kult. Es ist also nur passend, dass der Soundtrack ebenso gehypt wird. Wer genau hinschaut erkennt schnell, dass die Musik nicht bloss eine Nebenrolle spielt, sondern genauso wichtig ist wie die Figuren selber. Die meisten Episoden wurden nach Songs benannt, wie «Bonnie and Clyde» von Beyoncé und Jay-Z (Staffel 1, Epsiode 5) oder «Tryin’ to Get to Heaven» von Bob Dylan (Staffel 2, Episode 1). Music Supervisor Jen Malone sorgte ausserdem dafür, dass die oft brutalen und ungeschönten Szenen dank Labrinths Original Soundtrack überhaupt halbwegs aushaltbar sind. Spotify belohnt dies mit über 544 Mio. Plays.
Black Mirror
In «Black Mirror» verwandeln sich gefährliche Technikfantasien zu dystopischen Zukunftsvorstellungen. Jede einzelne Folge funktioniert als eigenständige Geschichte und trotzdem gibt es über alle Episoden hinweg verbindende Elemente (Easter Eggs), nicht zuletzt dank der Musik. Macher Charlie Brooker bringt mit dem Song «Anyone who knows what Love is» von Irma Thomas in jeder der fünf Staffeln etwas Helligkeit in sein sonst düsteres Universum. Fans glauben deshalb zu wissen, dass eben doch jede einzelne Episode im selben Universum spielt. Die These bleibt aber bis am Schluss unbestätigt. Belegt sind hingegen die Namen der aussergewöhnlichen Musiker:innen, die zum Soundtrack der Netflix Über-Serie beigetragen haben: Max Richter, Ryuichi Sakamoto, Sigur Rós, Geoff Barrow (Portishead) oder Ben Salisbury. Zusammen kommen sie auf über 38 Mio. Spotify-Plays.
Succession
Vaterkomplexe, Empathielosigkeit und ganz viel Geld: Das HBO-Meisterwerk «Succession» erzählt aus der Welt der superreichen Mediendynastie Roy, die auf der Suche nach eine:r passenden Nachfolger:in an sich selber scheitert. Jede einzelne Figur ist böse, unsympathisch und durchtrieben. Trotzdem gelingt Showrunner Jesse Armstrong mit «Succession» ein absolutes Streaming-Highlight, das auch die «Emmy»-Jury überzeugte («Outstanding Drama Series – 2020» und «Outstanding Original Main Title Theme Music – 2019»). Der amerikanische Komponist Nicholas Britell, u.a. verantwortlich für die Musik von «Moonlight», «The Big Short» oder «Vice», verriet dem Magazin NME, dass er einen «really dark, classical sound» für den Titelsong haben wollte, genauso wie die Familie Roy selber.
Dark
Schon wieder zurück in die 80er Jahre. In der Mysterie-Serie «Dark» sind die Schicksale eines ganzen Dorfes über tragische Weise durch Raum und Zeit miteinander verknüpft. Zwischenzeitlich fällt es als Zuschauer:in schwer, die Handlungen und die Jahre den einzelnen Figuren zuzuordnen. Trotzdem ist «Dark» eine der besten deutschen Netflix-Produktionen der letzten Jahre. Das kunstvolle Serien-Intro inkl. rätselhaften Spiegelungen, die an ein Kaleidoskop erinnern, möchte man sich immer und immer wieder anschauen und dabei den Titelsong «Goodbye» von Apparat auf Repeat anhören.
Big Little Lies
«Did you ever want it? Did you ever want it bad?» Mit diesen Zeilen aus Michael Kiwanukas Titelsong «Cold Little Heart» wird gleich zu Beginn klar, wovon «Big Little Lies» handelt: viel Neid, viel Eifersucht und viele Intrigen – und das alles vor den Kulissen der beschaulichen kalifornischen Westküste. Doch hinter den glänzenden Fassaden Monterreys tobt ein unerbittlicher Konkurrenzkampf. Im Zentrum stehen fünf Frauen (u.a. Nicole Kidman, Reese Witherspoon und Shailene Woodley) und ihre Familien, die alle durch einen verhängnisvollen Abend miteinander verbunden sind. Die Musik erzählt nicht nur im Intro eine Geschichte. An anderen Stellen unterstützen Leon Bridges mit «River» oder Martha Wainwright mit «Bloody Motherf****** Asshole» die Szenen ebenfalls musikalisch. Dies bescherte dem HBO-Hit immerhin über 860 Mio. Plays auf Spotify.
The White Lotus
Die HBO-Sensation «The White Lotus» wird nicht nur von Serien-Liebhaber:innen abgefeiert (zurecht!). Als Meister der «Cringe-Comedy» sorgte der amerikanische Regisseur und Drehbuchautor Mike White ohne Zweifel für die unentspannteste Sommerserie des letzten Jahres. Trotz Fremdschämen über sechs Stunden bleibt man als Zuschauer:in gebannt vor dem Laptop kleben. Nicht zuletzt wegen der Musik, die der Handlung erst ihr besonderes Tempo bzw. ihre kaum auszuhaltende Hektik verleiht. Der in Chile geborene Komponist Cristobal Tapia de Veer vermischt Trommeln und Tierlaute zu einem Sound, der einen bis in die Träume verfolgt. Übrigens: Im «Broken Records»-Podcast verriet er, dass die Idee zur Titelmusik eigentlich für Kanye West gedacht war. Doch der meldete sich nach einer merkwürdigen Begegnung in L.A. nicht mehr bei ihm – zum Glück!