Veröffentlicht am 22. Mai 2024

Hit 'em up! Eine kurze Historie des Diss-Tracks

Das Rap-Game hält gerade den Atem an, während sich Drake und Kendrick Lamar (Foto) fast täglich neue Diss-Tracks um die Ohren hauen. Eine gute Gelegenheit, um mal auf einige «Prachtexemplare» zu schauen, die oft die Grenzen des guten Geschmacks über- bzw. unterschreiten.

Journalist
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«Round 1: I Am The Greatest» von Cassius Clay bzw. Muhammad Ali (1963)

Die Ursprünge des Diss-Tracks sehen viele im sogenannten «Trash Talk» vor grossen Boxkämpfen. In diesem Kontext veröffentlichte Cassius Clay, der sich später in Muhammad Ali umbenennen sollte, gleich ein ganzes Album, mit dem er seinen Gegner Sonny Liston herausforderte. Erstaunlicherweise lief das ganze damals noch in der Kategorie «Comedy Album».

«Run For Cover» von Lee «Scratch» Perry (1967)

Auch im Reggae kennt man die Tradition des Dissens: Der Musiker Lee «Scratch» Perry stand in dem Ruf, gerne mal ehemalige musikalische Mitstreiter ins Visier zu nehmen. 1967 veröffentlichte er «Run For Cover», das in Richtung des jamaikanischen Produzenten Coxsone Dodd schoss. Ihm riet er: «So, please, step aside, because I ain't gonna sympathize / Boy, I'm gonna lay it on, from dusk till dawn / With a right to the head and a left to the cheek.»

«No Vaseline» von Ice Cube (1991)

Spätestens seit dem Film «Straight Outta Compton» über die Geschichte der Gangsta-Rap-Ikonen N.W.A. kennt man diesen Song, mit dem der gerade bei N.W.A. ausgestiegene Rapper Ice Cube vor allem den Manager der Band, Jerry Heller, attackiert, den Cube für den Bruch mit N.W.A. verantwortlich machte. Hier zeigt sich das Problem und der Reiz vieler Diss-Tracks: Wie der Rap Fahrt aufnimmt, wie das Gift aus den Zeilen tropft, wie das Testosteron aus den Worten spricht – all das hat einen Reiz, dem man sich kaum entziehen kann. Hört man aber genau hin, findet man vor allem antisemitische, homophobische Kackscheisse in – zugegeben – sehr kreativen metaphorischen Ausführungen.

«Who Shot Ya?» von The Notorious B.I.G. (1995)

Mit diesem Song nahm die Auseinandersetzung mit 2Pac seinen musikalischen Anfang. Und obwohl man ihn als Diss-Track gegen ihn wertet, behauptete B.I.G. immer, es sei lediglich eine Geschichte über den Kampf zweier rivalisierender Gangs. Den man allerdings im Kontext eines Angriffs auf 2Pac im Vorjahr sehen muss. Dieser behauptete, B.I.G. sei in den Schusswaffen-Angriff auf ihn involviert gewesen.

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«Hit ‘Em Up» von 2Pac (1996)

Einer der ikonischsten Diss-Tracks stammt natürlich von 2Pac und ist die Retourkutsche für The Notorious B.I.G. Der Rap-Beef der beiden wurde mit der Zeit weit mehr und endete in Mord und Totschlag. Bei aller Begeisterung für Rap-Beefs muss man auch hier feststellen: Viele von ihnen beschränken sich auf misogyne, chauvinistische Ansagen, dass man die Frau des Gegners ficken werde – und mit offener Gewaltandrohung. Hier gibt’s zum Beispiel die Line: «My .44 make sure all y’all kids don’t grow.»

«Das Urteil» von Kool Savas (2004)

Zeit für ein paar deutschsprachige Beispiele: Einer der besten und härtesten Reimer ist immer noch Kool Savas, der sich 2004 seinen ehemaligen Zögling Eko Fresh vornahm. Dabei merkt man schon, dass es im Vergleich zum Ami-Rap eher zahm zugeht. Hier wird nicht gross Gewalt angedroht, sondern emotional eine ehemalige Freundschaft zerlegt.

«Leben und Tod des Kenneth Glöckler» von Bushido (2013)

Wenn man sich das «harte» Dubai-Influencer-Leben von Bushido heute so anguckt, wird dieser Track noch ein wenig niedlicher. Auch Bushido nimmt sich hier einen früheren Zögling vor und zerlegt mit einem geradezu lächerlich epischen Video (das man heute nicht mehr zeigen kann) in satten elf Minuten Prince Kay One.

«Not Like Us» von Kendrick Lamar (2024)

Kommen wir zum aktuellen Beef zwischen Kendrick Lamar und Drake, aus dem man mittlerweile ein ganzes Album machen könnte: Als bester Track des Duells gilt bisher das harte «Not Like Us» von Kendrick Lamar, in dem er Drake nicht weniger vorwirft, als ein «certified pedophile» zu sein. Später haut er die Line aus: «Tryna strike a chord it’s propably A Minor».

«Family Matters» von Drake

Als stärkster Drake-Track des Duells gilt «Family Matters», in dem auch Drake schwere Vorwürfe erhebt: Unter anderem, dass Kendrick seine Whitney Alford schlage. Ausserdem behauptet er, Kendricks kreativer Sparrings-Partner Dave Free sei in Wirklichkeit der Vater eines seiner Kinder. Ausserdem macht sich Drake darüber lustig, das Kendrick immer von der intellektuellen Elite und der Musikindustrie hofiert werde: «Kendrick just opened his mouth, someone go hand him a Grammy right now.»

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