Tyler, The Creator und das Album des Jahres
Der US-Rapper Tyler, The Creator hat in dieser Woche mit «CHROMAKOPIA» eines der Alben des Jahres veröffentlicht. Wir schauen auf die extrem abwechslungsreiche Karriere des Künstlers, der zuerst als Teil des Kollektivs Odd Future Wolf Gang Kill Them All (OFWGKTA) auf die Bühne sprang.
OFWGKTA – «VCR» (2010)
Tyler, The Creator war zuerst eine treibende Kraft des Rap-Kollektivs Odd Future Wolf Gang Kill Them All (OFWGKTA), das zu Beginn der Zehnerjahre grosse Bekanntheit erlangte. Auch Earl Sweatshirt und Frank Ocean zählten zu dieser aufmüpfigen Gang, die ihren Sound als «Horrorcore» bezeichnete, weil die Lyrics alles andere als zimperlich waren und oft sehr explizite Gewaltfantasien ausformulierten. Einer der ersten Tracks, der bereits die Grösse von Tyler, The Creator zeigte, war die OFWGKTA-Single «VCR».
OFWGKTA – «Yonkers» (live auf dem Roskilde Festival 2011)
Die Odd-Future-Jungs hatte damals einen berühmt-berüchtigten Ruf in Sachen Live-Shows. Als sie 2011 auf dem dänischen Roskilde Festival spielten, performte Tyler in einem Rollstuhl, weil er sich kurz zuvor ein Bein gebrochen hatte. Wenige Minuten später wurde die Show übrigens abgebrochen, weil Tyler mit Rollstuhl ins Publikum sprang – und Crowdsurfen auf dem Festival strikt verboten ist. Das Roskilde hat ihm aber inzwischen verziehen: 2022 durfte er als Headliner die legendäre Orange Stage bespielen.
Tyler, The Creator – «She» (2011)
Das Solodebüt entstand schon zu OFWGKTA-Zeiten und wurde 2011 auf dem Label XL Recordings veröffentlicht. «Goblin» ist ein düsterer Brocken, der in 15 Songs mehr Ideen aufbietet, als andere Rapper in einer kompletten Karriere haben. Einer der erfolgreichsten Songs ist diese Nummer mit Frank Ocean.
OFWGKTA – «Oldie» (2012)
Der 2012er-Release des Kollektivs «The OF Tape Vol. 2» gilt bis heute als stilprägend. Ganz im Geiste der Gemeinschaft drehten OFWGKTA ein Video zum längsten Song der Platte, auf dem fast alle mal zur Geltung kommen.
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Das «Beste» aus «Loiter Squad» (2014)
OFWGKTA sorgten aber nicht nur im Musikstudio und auf Bühnen für Unterhaltung. Von 2012 bis 2015 hatten sie auf dem Sender «Adult Swim» eine eigene TV-Show, in der sie Sketche performten oder im «Jackass»-Style Pranks ausführten, die oft recht schmerzhaft waren.
Tyler, The Creator – «See You Again» feat. Kali Uchis (2018)
Tyler, The Creator veröffentlicht seit dem Start seiner Karriere ungefähr im Zwei-Jahres-Takt neue Alben und man erkennt an der Gästeliste und der Qualität seiner Musikvideos wie hoch sein künstlerisches Standing gerade ist. Es hilft aber sicher auch, dass Tyler sich von vielen Lines und Aussagen seiner frühen Zeit distanziert hat.
2017 veröffentlichte er das von Fans sehr geliebte Album «Flower Boy», auf dem auch dieser Song mit Kali Uchis zu finden ist. Viele lasen in den Liedern eine Art queeres Coming Out. Allerdings hatte Tyler damit schon Jahre vorher immer wieder mal ironisch auf Twitter gespielt. Im Track «I ain’t got time» rappt er zum Beispiel: «Next line I'll have em' like woah / I've been kissing white boys since 2004.»
Tyler, The Creator – «Earfquake / New Magic Wand» (live bei den Grammys, 2020)
2019 veröffentlichte Tyler, The Creator das starke Album «IGOR», das wie schon die vorherigen Alben Rap mit Neo Soul verband. Spannend ist hier vor allem die Geschichte, die sich durch alle Songs zieht. Tyler, The Creator, der in der Vergangenheit oft homophobe Lines rausgehauen hat, fühlt sich hier in ein «Love Triangle» zwischen dem Erzähler, seinem männlichen Crush und dessen weiblichen Crush ein.
Viele erkannten in seinen Zeilen eine Empathie, bei der man sich fragte, wie Tyler denn jetzt eigentlich für Männer fühlt. 2020 gewann «IGOR» den Grammy in der Kategorie «Best Rap Album» und Tyler lieferte eine spektakuläre Performance zweier Songs.
Tyler, The Creator – «Sorry Not Sorry» (2023)
Im letzten Jahr veröffentlichte Tyler die Deluxe Version seines 2021er-Albums «Call Me If You Get Lost», auf der eine neue Single namens «Sorry Not Sorry» zu finden war. Im Video und im Song lässt Tyler all seine Alter Egos antreten, um sich bei allen zu entschuldigen, die er in seiner Karriere mit seinen Lines verletzt hat. Hier finden sich auch die Zeilen: «Sorry to the guys I had to hide / Sorry to the girls I had to lie to, who ain’t need to know if I was by the lake switchin’ tides, too.»
Tyler, The Creator – «CHROMAKOPIA» Listening Party in Los Angeles (2024)
Das aktuelle Album wurde auf geradezu sensationelle Weise vorgestellt. Tyler, The Creator schickte Trucks durch die USA und liess sie über eine Website tracken. Was in den giftgrünen «CHROMAKOPIA»-Containern war wurde nicht verraten.
Auf dem Instagram-Account zum Album konnte man jedoch lesen, was an den Stopps so alles passierte: So gab es zum Beispiel einen Pit-Stop in einem Imbiss, wo Fans dann ein Gericht bekamen, das in Kooperation mit Tyler gestaltet wurde. Das grosse Finale der Aktion: Ein Pre-Listening Party im Intuit Dome in Los Angeles am Sonntag – also ein Tag vor dem offiziellen Release.
Tyler, The Creator – «Thought I Was Dead» (2024)
«CHROMAKOPIA» bricht gerade Streaming-Rekorde und hat in Amerika sogar Taylor Swift vom Thron der Album-Charts gestossen. Erstaunlich, dass Tyler, The Creator nach all diesen grandiosen Alben immer noch eins drauf zu setzen vermag.
Tyler, The Creator geht 2025 auf «CHROMAKOPIA»-Tour und wird am 1. Mai in Zürich im Hallenstadion spielen.