Stress: «Es gibt nichts, wofür man sich schämen muss»

Auf Tradition folgt Moderne: Stress trat  in die gigantischen Fusssstapfen von Patent Ochsner und spielte als zweiter Schweizer Künstler eine prestigeträchtige «MTV Unplugged Show». Aus der Produktion entstand nun begleitendes Album, eine Doku und eine Mini-Tour. 

Musikalisch wurden die Karten dafür komplett neu gemischt: Die Instrumentalisierung bekommt mehr Platz (duh!), unterdrückt dabei aber zu keinem Zeitpunkt Stress’ Stimme, sondern hebt die Vocals des Rappers in komplett neue Sphären.

Als erster frankophoner Künstler überhaupt führt Stress durch die Höhepunkte seiner 20-Jahre dauernden Karriere, in einer Konzertserie, die schon legendäre Namen wie Nirvana, Bob Dylan und JAY-Z im Lineup hatte. 

Am 10. Dezember wird Stress sein «MTV Unplugged Album» veröffentlichen, das sämtliche Songs des Konzertes enthält. Ab März 2024 gibt es dann die begleitende Tour dazu. In der Zwischenzeit haben wir uns mit Stress über die Songs unterhalten, die ihn zu dem Künstler gemacht haben, den wir heute kennen.

Gang Starr - Just To Get A Rep

Als ich das Musikvideo zum ersten Mal sah, wurde mir klar, dass ich musikalisch in diese Richtung gehen wollte. Die Energie, der Stil und der Groove haben mich einfach umgehauen. Es war mein erstes Konzert im La Dolce Vita Club in Lausanne und es hat mich fasziniert.

Mobb Deep - Shook Ones, Pt. II

Dieser Song hatte einen starken Einfluss auf den Flow und die Stimmung meiner Musik. Er ist kalt wie Tallinn und roh wie die sowjetische Zeit - Passt also gut zusammen.

Eminem - The Way I Am

Durch Em wurde mir klar, dass ich all meine Erfahrungen in meinen Songs verarbeiten kann, selbst meine Schlimmsten. Es gibt nichts, wofür man sich schämen muss, so ist halt das Leben. Nicht zu vergessen ist sein unglaubliches Bühnentalent und die Reimkomplexität der Texte. Ich habe seine Musik wie in der Schule studiert.

Wu-Tang Clan - C.R.E.A.M. (Crash Rules Everything Around Me)

Für uns Jugndlichen aus den 90er Jahren definierte dieser Song eine neue Ära. Er war roh, hatte aber durch die Samples von RZA einen melodischen Ansatz. Nichts wurde raus filtriert. Sie sagten es, wie es war.

Bobby Womack - Across 110th Street

Wahrscheinlich einer der Songs, der alle zentralen Elemente des Raps enthält. Die Dramaturgie der Musik, die Texte, die alltägliche Probleme ansprachen. Und dann diese Stimme: Unglaublich. Etwa 6 Monate lang habe ich diesen Song bei jedem meiner Boxtrainings in Dauerschleife gehört.

Amy Winehouse - Back To Black

Jeder sollte den Dokumentarfilm zu ihrer Karriere sehen. Es wird gezeigt, wie sie Back to Black im Studio aufnimmt. So mühelos. Das ist die Definition von: Entweder man hat es oder nicht. Zudem ist die Produktion von Mark Ronson absolut makellos.

JAY-Z - D'evils

D'elvis war Teil seines ersten Albums. Während der Sommerferien habe ich früher Schulen geputzt, um etwas Geld zu verdienen. In den Pausen sass ich einfach herum und habe dieses Album immer wieder gehört. Dieser Song, produziert von DJ Premier, verkörpert genau das, worum es im Hip-Hop geht.

Bloc Party - Uniform

Bloc Party hatte einen grossen Einfluss auf meine musikalische Entwicklung. Die Texte sind auch heute noch relevant für die Jugend. Sie haben mir geholfen, mehr Verletzlichkeit in meine Musik einzubringen. Einmal hatten wir die Gelegenheit, kurz vor ihnen beim Openair St.Gallen zu spielen und sie haben unsere Show gesehen und gelobt. Das war ein erstaunlicher Moment in meiner Karriere. Wenn ich diesen Song jetzt höre, denke ich mir: «Zum Glück gibt es Musik».

IAM - Demain, c'est loin

Dieser Song ist eine Ohrfeige an alle Lyriker. Eine 12-minütigen Rap ohne Unterbrechung, in dem relevanten Geschichten, Emotionen und Lebenserfahrungen thematisiert werden. Es ist verrückt zu denken, dass wir Jahre später zusammen Musik gemacht haben. Ich erinnere mich noch genau an die Zeiten, als ich in der ersten Reihe bei ihrem Konzert sass.

Lunatic - Pas l'temps pour les regrets

Lunatic ist aus derselben Generation wie ich. Die Flows und Wortspiele sind einfach unglaublich. Kein Wunder, dass Booba einer der Grössten wurde. Ich erinnere mich daran, dass wir auf Tour in Deutschland waren, als das Album herauskam. Wir haben alle Songs so oft gehört, dass wir jeden im Tourbus damit genervt haben.

(Quelle, Titelbild: Yungeye)