Nirvana und Produzent Steve Albini reden über «In Utero»
Die verbliebenden Mitglieder von Nirvana, Krist Novoselic und Dave Grohl, sprechen 30 Jahre nach dem Release mit Produzent Steve Albini im Podcast von Conan O’Brian über ihr letztes Studioalbum «In Utero».
Am 13. September 1993 wurde das damals lang erwartete Album «In Utero» von Nirvana veröffentlicht. Es war ihr drittes Studioalbum, der Nachfolger zum kommerziellen Bestseller «Nevermind». Kurt Cobain, Krist Novoselic und Dave Grohl wollte es ihrem Label und ihren Fans nicht zu leicht machen. Die zwölf Songs plus Hidden Track waren rauer und abgründiger als «Nevermind», der eingängigste von ihnen trug den Titel «Rape Me». Die Ballade «Heart Shaped Box» mit ihrem heute ikonischen Video schockte und begeisterte gleichermassen. Für den direkten, trockenen Sound war Produzent Steve Albini zuständig. Heute, wo man weiss, dass es das letzte Album dieser grossen Band war, ist man sich einig, dass «In Utero» ein herausforderndes Meistwerk ist – früher waren sich da viele nicht so sicher.
Reunion 30 Jahre später
Dass gerade wieder viel über «In Utero» geschrieben und gesprochen wird, liegt zum einen daran, dass das Album im September sein 30. Jubiläum feierte und am 27. Oktober in diversen Luxus-Boxen mit satten 53 unveröffentlichten Bonus-Tracks noch einmal in die Plattenläden kommt. Die Schlagzeilen machte aber eine Reunion der besonderen Art: US-Late-Night-Host und Podcaster Conan O’Brian versammelte in seiner aktuellen Folge von «Conan O’Brian Needs A Friend» die verbliebenen Nirvana-Mitglieder und ihren Produzenten Steve Albini in seinem Studio. Albini bringt die besondere Situation der Band damals gut auf den Punkt. Er sagt: «Nirvana wuchsen innerhalb von ungefähr 18 Monaten von einer Band, die auf Tour Couchsurfen musste, zur grössten Rockband ever an.»
Dave Grohl: «Wir waren damals fast noch Kinder.»
Nachdem zunächst dieses 9-minütige Snippet des Talks veröffentlicht wurde kann man seit Anfang der Woche den kompletten gut einstündigen Podcast hören. Dave Grohl sagt über den schnellen Aufstieg der Band: «Wir waren damals fast noch Kinder. Wenn ich jetzt über die Zeit spreche, die vergangen ist, dann geht es mir gar nicht so sehr um die Jahre. Es geht mir um die Erfahrungen, die nacheinander dazu geführt haben, dass wir von drei Kindern, die im Grunde aus einem Van heraus lebten und tourten, zu einer so grossen Band wurden.» Die Zeit nach «Nevermind», über die Aufnahme und Veröffentlichung von «In Utero» im Herbst 1993 bis zu Kurt Cobains tragischem Tod am 5. April 1994 in Seattle hätte sich für Grohl «wie zehn Jahre» angefühlt. Weil diese Zeit so intensiv gewesen sei. «In Utero» sei für ihn «eine Art unbequemer Soundtrack» dieser Monate gewesen, in der sie in eine Welt geschleudert wurden, die sie überforderte.
«Ein Mensch, der unbedingt hier sitzen sollte, fehlt.»
Krist Novoselic erzählt, wie das Major-Label Geffen, das eine Kooperation mit Sub Pop hatte und das Album zum Beispiel in Europo veröffentlichte, schon nicht wirklich an den Erfolg von «Nevermind» geglaubt hat und nur 50.000 Exemplare pressen liess – was für internationale Alben damals eine sehr geringe Zahl war. Aber Novoselic ist es auch, der gleich zu Beginn des Podcasts das Offensichtliche ausspricht. Auf die Einstiegsfrage, wie er über die Tatsache nachdenke, dass 30 Jahre vergangen seien, sagt er: «Wenn ich zurückblicke, fällt mir natürlich als erstes auf, dass hier jemand fehlt. Ein Mensch, der unbedingt hier sitzen sollte. Kurt Cobain nämlich. Diese harte Einsicht und die Erinnerung an diese Zeit damals, in der wir wirklich grosse Freude daran hatten, gemeinsam diese Musik zu machen und sehr produktiv waren, stimmen mich schon traurig.» Genau in dem Moment springt bei der Aufnahme in O’Brians-Studio plötzlich Siri an und sagt, sie habe das nicht verstanden. Ein «Comic Relief», der diese traurigen Worte ein wenig abmildert.