Veröffentlicht am 30. Dezember 2023

Die Musikfilme des Jahres 2023

Ein sexy Willy Wonka, der Lieder singt, die Neil Hannon von The Divine Comedy geschrieben hat. Ein Musical voller «Dicks». Plötzlich wieder junge Talking Heads. Die Seite von Elvis, die so gar nicht königlich war. Taylor Swift und Beyoncé in gefilmter Perfektion. All das gab es in den Musikfilmen des Jahres.

Journalist
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«Stop Making Sense»

Jonathan Demme filmte im Dezember 1984 drei spektakuläre Konzert der noch jungen Talking Heads im Pantages Theater in Hollywood und machte einen Film daraus, der bei vielen Kritiker:innen noch heute als einer der besten Konzertfilme der Popgeschichte gilt. Die Firma A24, die sonst anspruchsvolle Filme wie «Ex Machina», «Midsommar», «The Green Knight» oder auch «Everything Everywhere All At Once» produziert, hat «Stop Making Sense» in diesem Jahr in 4K restauriert und auch soundmässig aufpoliert. Das Ergebnis ist geradezu spektakulär: Wie schon die Beatles in der Peter-Jackson-Doku aus dem letzten Jahr, wirken jetzt auch die Talking Heads, als hätten sie die Gigs erst gestern gespielt.

«Willy Wonka»

Ihr merkt schon: Wir fassen das Wort «Musikfilm» etwas weiter. Aber «Willy Wonka» von Paul King, mit Timothée Chalamet als Schoko-Genie ist nun mal ein Musical-Film – mit überwiegend ganz wundervollen Songs. Daran trägt der Brite Neil Hannon eine beachtliche Mitschuld: Er ist sonst Mastermind der Band The Divine Comedy und gilt als einer der besten Songschreiber, die Britpop hervorgebracht hat. Hannon produzierte und schrieb viele Stücke ganz oder in Teilen. Vor allem «Sweet Tooth», «For A Moment», «A Hatful Of Dreams», «A World Of Your Own» und «Death By Chocolate» tragen eindeutig seine Handschrift.

«Dicks: The Musical»

Bleiben wir bei Musicals – und kommen wir zu Schwänzen. Wobei das Wort «Dicks» im amerikanischen auch gerne mal für männliche Idioten oder Arschlöcher benutzt wird. Craig und Trevor sind jedenfalls ziemliche Dicks. Beide sind gut im Business und rücksichtlose, misogyne Macker – und sie sind Zwillinge. Was sie aber erst erfahren, als sich Craigs Firma und Trevors Firma zusammenschliessen und die beiden plötzlich Kollegen sind. Larry Charles hat diese überdrehte Story mit vielen lustigen Songs über Alpha-Macker vom Off-Broadway-Musical «Fucking Identical Twins» adaptiert. Das wurde von Josh Sharp und Aaron Jackson geschrieben und gespielt – die beiden schrieben auch für «Dicks: The Musical» das Drehbuch und spielen im Film die Twins Craig und Trevor. Rapperin Megan Thee Stallion und viele, mit Tony Awards ausgezeichnete Musical-Darsteller:innen komplettieren den tollen Cast.

«Taylor Swift – The Eras Tour Concert Film»

Bevor die «Eras»-Tour von Taylor Swift 2024 in Zürich Station macht, konnten die Fans schonmal im Kino sehen, was sie da erwarten wird. Vermutlich konnten sie da sogar viel besser sehen, als das später beim Konzert möglich sein wird. Regisseur Sam Wrench zeigt mit seinem Team und seiner Produzentin und Hauptdarstellerin Taylor Swift, wie wuchtig ein Konzertfilm sein kann, wenn wirklich alles stimmt und Geld kein Problem ist. Kein Wunder, dass in vielen Kinos die Fans vor der Leinwand tanzten. Mit Taylors Move, den Film mit einem eigenen Deal, an den Vertrieben vorbei, in die Kinos zu bringen, hat sie ganz nebenbei nochmal eben dem unsympathischen Teil Hollywoods ans Bein gepisst. Inzwischen gibt es «Taylor Swift – The Eras Tour Concert Film» übrigens auch digital fürs Heimkino.

«Renaissance: A Film by Beyoncé»

Bombastische Konzertfilme zum Zweiten: Beyoncé produzierte ebenfalls ihre eigene Doku und mischt darin Konzertaufnahmen ihrer letzten Tour mit Interviewparts und ausgewählten Blicken hinter die Kulissen. So ergibt sich ein ganz angenehmer Flow, wenn nach ein paar Songs immer wieder kleine Zwischenspiele das Filmerlebnis auflockern. Auch wenn ihr Film und auch Taylor Swifts die eigentliche Konzert-Erfahrung niemals ersetzen können, sind sie doch eine schöne Ergänzung: Wer live dabei war, hat eine schöne Erinnerung und kann jetzt auf all die Details achten, die sonst an einem vorbeirauschen. Und wer nicht die dreistelligen Summen für die Konzerte berappen konnte, der hat wenigstes das Film-Erlebnis.

«J-Hope: In The Box»

Die BTS-Boys mussten in den letzten Jahren auf eigenen Beinen stehen: Die Band pausiert, weil einige von ihnen ihren Militärdienst antreten müssen. Eines der besten Soloalben kam schon im Vorjahr von J-Hope. Eigentlich erst mehr als Tänzer eingesetzt, entwickelte er über die Jahre seine Rap-Skills weiter und überraschte 2022 mit dem dunklen Rap-Album «Jack In The Box». Die Disney-Plus-Doku «J-Hope: In The Box» zeigt den langen Weg zum Album und zu seinem Auftritt beim Lollapalooza-Festival. Wie immer im K-Pop kommt man nie so ganz an die Idols ran, aber J-Hope gibt hier viele Einblicke, die man zuvor noch nicht gesehen hat.

«Priscilla»

Sofia Coppola erzählt in ihrem neuen Film von der Frau des Kings: Priscilla Presley, die schon als Teenagerin von Elvis Presley umworben und kaum in der Ehe regelrecht weggesperrt wurde. Die Ehe hielt nur fünf Jahre. Das Drehbuch entstand nach Priscilla Presleys Autobiografie «Elvis and Me». Cailee Spaeny als Priscilla und Jacob Elordi als junger Elvis mögen zwar nicht allzu viel Ähnlichkeit mit den Originalen haben, aber das ist schnell egal, wenn man sich auf Coppolas Film einlässt. Zwar spürt man, dass «Priscilla» mit einem Indie-Budget auskommen muss (weil der Film im Gegensatz zu Baz Luhrmanns «Elvis» nicht mit dem Geld der Rechteverwalter und der Plattenfirma beschmissen wurde), dafür zeigt er jedoch auf leise, aber dringliche Weise, wie fucked-up Elvis Gedanken von Ehe stellenweise eigentlich waren. Gut, das war in der amerikanischen Gesellschaft Ende der 60er, Anfang der 70er noch vielerorts so, aber trotzdem gibt es hier einige historisch verbriefte Szenen, die Elvis nicht gerade sympathisch aussehen lassen.

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