Veröffentlicht am 20. Februar 2023

BBC-Doku «We Need to Talk About Kanye» – müssen wir echt?

Wir müssen über Kanye West sprechen, findet der britische Fernsehsender BBC und kündigt eine neue Dokumentation über den umstrittenen Künstler an. Es sei noch nicht alles gesagt, heisst es. Das rückt den Amerikaner, der als letzten Akt des Wahnsinns mit antisemitische Aussagen um sich warf, erneut in den Fokus. Wie gefährlich ist es, dem Musiker so viel Relevanz zuzusprechen?

Journalist

Mobeen Azhar möchte Kanye verstehen. Der britische Investigativ-Journalist hat 2015 bereits mit «Haunting for Prince’s Vault» die Geschichte des Musikers Prince aufgearbeitet und sich 2021 mit der BAFTA-Award-prämierten Doku «The Battle for Britney» der #freebritney-Bewegung angenommen. «We Need to Talk About Kanye» lautet sein neuer Ansatz. Begleiten wird das BBC-Projekt eine achtfolgige Podcast-Reihe namens «The Kanye Story». In den nächsten Monaten soll das Veröffentlichungsdatum bekanntgegeben werden.

Nuancierte Herangehensweise

Aber brauchen wir tatsächlich noch eine Doku, die dem Künstler eine weitere Plattform bietet? Nun ja, Azhar zäumt das Pferd dabei von hinten auf: Anlass der Aufarbeitung des Falls Kanye West sind eben gerade dessen antisemitische Aussagen und die Tatsache, dass er sich 2024 ernsthaft als US-Präsidentschaftskandidat aufstellen lassen könnte. Denn der Arbeitstitel der Sendung lässt vermuten, dass dass es hier um eine (kritische?) Einordnung der Skandale und Eskapaden in die Karriere des Mannes handelt, von dem sich inzwischen sämtliche Businesspartner wie Adidas und Balenciaga distanziert haben.

Der Künstler und sein Werk

Was wir bisher gesehen haben, erinnerte uns nämlich doch immer sehr schmerzlich daran, wie genial Kanye Wests musikalisches Schaffen hinter all dem Wahnsinn dennoch ist: Im September 2022 beispielsweise – noch vor dem öffentlichen Antisemitismus, aber nach seiner Werbung für Donald Trump, den Statements zur Sklaverei und der Diagnose, bipolar zu sein – tat Netflix mit der dreiteiligen Doku «Jeen-Yhus» exakt das: Sie liess die Zuschauenden in der Zeit reisen, liess sie eintauchen in Archivmaterial aus den 21 Jahren seiner Karriere. Und liess sie fragen: Kann man das Werk vom Künstler trennen?
Und auch: Sind alle Konsumenten und Konsumentinnen des Streamingdienstes in der Lage, zu differenzieren, wenn keine grössere Einordnung seitens der Show erfolgt?

All eyes on Ye

Ständig ist Kanye West in den Medien. Nicht zu berichten, wäre falsch. Jemandem die dauernde Aufmerksamkeit zu schenken, der damit nur Negatives auslöst, scheint aber ebenfalls nicht richtig. In einem jüngst veröffentlichten Bericht wurden über 30 antisemitische Straf- und Gewalttaten direkt mit den Aussagen des 45-Jährigen in Verbindung gebracht. Im Januar diesen Jahres soll Ye Berichten zufolge die Architektin und Designerin Bianca Censori geheiratet haben. So weit so schlecht für 2023. Nun kommt also eine neue Doku. Darf man gespannt sein? Natürlich. Man muss sie nur zu nehmen wissen.

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