Back to The Roots: Gesellschaftskritik zum Anschauen
Ob man wie Bono den schmalen Grat zwischen «Ich will euch helfen» und «Ich ergötze mich an meiner Rolle als Retter der Menschheit.» auf einer Stadionbühne stolziert oder sich wie Moby «Tierrechte» auf die Arme tätowiert: Aktivismus in der Musikszene wird auf diversen Plattformen ausgeübt - eine davon ist das Album-Cover.
1999 waren The Roots im Hip-Hop bereits eine feste Grösse. Ihr 1995 erschienenes Album «Illadelph Halflife» erreichte den Gold-Status und ihr kreativer Ansatz im Songwriting, inklusive der damit verbundenen Tendenz, auf Genre-Grenzen zu pfeifen, etablierte die Band aus Philadelphia als einen der spannendsten Acts der Szene. Außerhalb davon passierte das erst zur Jahrtausendwende mit dem Release von «Things Fall Apart» und dies nicht zuletzt dank den provokativen Visuals.
Das vierte Album von The Roots erschien mit einer Reihe verschiedener Cover, die sich alle thematisch und fotografisch mit sozialem Aktivismus auseinandersetzen. Somit gab es Cover, auf denen ein ermordeter Mafiaboss, eine brennende Kirche oder ein hungerndes und weinendes Kind zu sehen waren. Die grösste Aufmerksamkeit erhielt jedoch jenes schwarz-weisse Bild, auf dem zwei dunkelhäutige Frauen, während eines Aufstands in Brooklyn in den 1960er Jahren, schreiend von der Bereitschaftspolizei wegrennen.
Dieses setzte sich anschliessend als «defintives» Cover für weitere Auflagen der Platte durch. Die Gründe dafür erklärte der Künstler des Covers, Kenny Gravillis, wie folgt: «Es vermittelt etwas, womit sich die urbane Community identifizieren kann. Wahre Angst auf den Gesichtern der Frauen zu erkennen ist sehr affektiv. [Das Bild] fühlt sich entschlossen und aggressiv an in seiner Aufgabe als Kommentar zur Gesellschaft.»
Ein Roman als Vorlage
Hinzu kommt, dass der Titel des Albums eines gleichnamigen Buches des Nigerianischen Autors Chinua Achebe stammt. Darin beschreibt der Autor, wie ein Ausgestossener nach langer Zeit in sein Heimatdorf zurückkehrt, das von den Kolonialmächten komplett verändert und zerstört wurde. Damit verschärft der geborgte Titel den gesellschaftlichen Kommentar des Albums, nicht zuletzt auch dadurch, dass dessen Lettern blutrot sind.
Der Name des/der ursprünglichen Fotograf:in, der/die dieses Bild geschossen hat, ist bis heute unbekannt. Besser dokumentiert ist hingegen der soziale Stand der afroamerikanischen Bevölkerung in den USA. Ob in den 1960er Jahren, 1999 als «Things Fall Apart» erschien oder heute. Die #BlackLivesMatter-Bewegung hat zuletzt gezeigt, wie heiss der Konflikt noch immer brodelt und dass sozialer Aktivismus nach wie vor dringend nötig ist. Egal ob auf der Strasse oder auf einem Plattencover.