Kritik: So klingt das neue Coldplay-Album «Moon Music»
Das zehnte Album von Coldplay ist da. Unser Track-by-Track-Review verrät, was die neuen Songs taugen.
«Moon Music» startet mit dem Titeltrack. Ein cineastischer Einstieg, der ausdrücken will: «Aufgepasst, hier passiert Grosses!». Chris Martins Stimme kommt erst nach gut drei Minuten zum Einsatz und das Handwerk des Komponisten und Kollaborationspartners Jon Hopkins ist klar rauszuhören. Eigentlich dominiert dessen Pianospiel «Moon Music» sogar. Wer gibt hier gerade den Ton an?
«feelslikeimfallinglove»
Müsste man Coldplay im Jahr 2024 mit einem Song erklären, dann wäre «feelslikeimfallinglove» das perfekte Beispiel dafür. Eine eingängige Melodie, solide Hooks zum Mitsingen und dazu ein Musikvideo mit einem positiven, wenn auch leicht kitschigen, Vibe. Dieses hat übrigens rund 3 Millionen US-Dollar gekostet – dass die Band an Grossproduktionen dieser Art festhält, ist ein schönes Commitment zu einer aussterbenden Kunstform.
«WE PRAY»
Mit Little Simz, Burna Boy, Elyanna, TINI und den eigenen vier Bandmitglieder mischen ganze acht Musiker:innen bei «WE PRAY» mit. Das funktioniert in etwa so, wie man es erwarten würde. Der Song wirkt überladen und gemessen an den vielen jungen Talenten zudem überraschend antiquiert.
«JUPiTER»
Schönes Akustik-Intermezzo, mehr aber auch nicht.
«GOOD FEELiNGS»
Die erste richtige Überraschung des Albums: Mit Funky Gitarren, Falsett-Gesang und einem robusten Disco-Beat klingt «GOOD FEELiNGS» angenehm anders, als so ziemlich alles, was Coldplay bisher gemacht haben. Gutes Ding.
«🌈»
Chris Martin und seine Band haben das Herz am richtigen Fleck. Dass sie für «🌈» auf eine Rede von der 2014 verstorbenen, schwarzen Bürgerrechtlerin Maya Angelou zurückgreifen fühlt sich allerdings seltsam falsch an. Geplant war wahrscheinlich eine Hommage, herausgekommen ist allerdings ein planloses Aktivismus-Geschwurbel, verpackt in einen absolut egalen Song. Maya Angelou verdient etwas Besseres.
«iAAM»
Ein klassischer Coldplay-Song und mutmasslich die nächste Single.
«AETERNA»
Coole Electro-Pop-Nummer, die sich stellenweise auf die früheren Coldplay-Werke bezieht.
«ALL MY LOVE»
Was wäre ein Coldplay-Album ohne eine nachdenkliche Ballade? Chris Martin ist einer der vielseitigsten Musiker unserer Zeit und auch wenn er manchmal etwas gar dick aufträgt, so ist sein Gabe Trost zu spenden unbestreitbar und gerade in der aktuellen Zeit sehr willkommen.
«ONE WORLD»
Laaaaaaaaaaaangweillig.
FAZIT
«Moon Music» ist ein solides Album mit einigen richtig guten Songs («feellikeimfallinginlove», «GOOD FEELiNGS», «ALL MY LOVE»). Coldplay stolpern allerdings auch immer mal wieder über ihren eigenen Grössenwahn («🌈») und nicht alle Experimente klingen so authentisch wie es die Band wahrscheinlich gerne hätte.
Relevant bleiben Coldplay aber allemal und dass die Briten nach fast 30 Jahren immer noch bereit sind ihre musikalische Identität weiterzuentwickeln verdient Respekt. Ausserdem muss man Chris Martin anrechnen, dass sein Hang zur Weltverbesserung weitaus weniger nervt, als der von Bono. Merci, Chris.
