Pubblicato il 14. ottobre 2024

Neues Buch über ABBA: Lederjacken, Suff und Divorcecore

Dieser Tage erscheint das Buch «Melancholy Undercover: The book of ABBA» vom schwedischen Journalisten Jan Gradvall. Selbst Die-Hard-ABBA-Fans dürfte ihr noch Neues lernen.

Journalist
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Jan Gradvall muss einiges richtig gemacht haben in Sachen ABBA: 2013 durfte der schwedische Kritiker und Musikjournalist die Vier zum ersten Mal interviewen. Die schwedische Kultband, die aus den ehemaligen Paaren Agnetha Fältskog und Björn Ulvaeus sowie Benny Andersson und Anni-Frid Lyngstad besteht und sich 1972 in Stockholm zusammenfand, hatte damals seit fast drei Dekaden nicht mehr gesprochen.

Aber es ging noch weiter: Jan Gradvall bekam auch in den Jahren danach Zugang zu den vieren und konnte nun eine Art offizielles, oder zumindest von der Band abgesegnetes Buch mit dem schönen Titel «Melancholy Undercover: The book of ABBA» veröffentlichen.

Eine spannende Form und viel Divorcecore

Das Buch ist zum Glück alles andere als eine schnöde Dienstleistung und es wird nicht streng chronologisch erzählt. Jan Gradvall schreibt eher in freier, essayistischer Form über verschiedene Aspekte der ABBA-Karriere und nimmt dabei Giles Smiths Buch «One Two Three Four: The Beatles In Time» als stilistisches Vorbild.

So beginnt das Buch ausgerechnet mit «The Day Before You Came» – jener Song, der für 39 Jahre die letzte Aufnahme von ABBA bleiben sollte. Gradvall schreibt in dem Kapitel geradezu nonchalant darüber, wie verstrickt die kreativen und künstlerischen Verbindungen untereinander waren.

Gradvall erklärt: «Für Benny, der die Musik geschrieben hat, könnte das Lied von Frida handeln. Für Björn, der den Text geschrieben hat, könnte es um Agnetha gehen. Für Agnetha, die das Lied singt, könnte es um Björn gehen.»

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Weiter heisst es: «Die Beziehungen und Scheidungen der vier ABBAs wurden in der damals Boulevardpresse veröffentlicht. Frida nahm während eines Grossteils des Jahres ihr Soloalbum auf und steuerte daher nur wortlose Backing Vocals bei, aber vielleicht ging es für sie vor allem um die Zusammenarbeit mit Phil Collins, ihrem neuen Produzenten, dessen Arbeit den ‘Divorcecore’ verkörperte.»

Sollte es das Genre «Divorcecore» geben, wäre «The Winner Takes It All» wohl seine Hymne – auch wenn Ulvaes dementiert, dass es darin um seine Scheidung mit Fältskog gehe und sagt, der Song sei «Fiktion», die lediglich von realen Scheidungserfahrungen beeinflusst wurde. In Gradvalls Buch erfährt man nun zum ersten Mal, dass Agnetha Fältskog den Song immer laut hörte, wenn sie frisches Selbstbewusstsein brauchen konnte. Eine interessante Pointe in der Geschichte der beiden.

ABBA und die Alkohol-Sucht

Wie der Titel bereits andeutet, leuchtet Jan Gradvall auch die melancholischen oder gar dunklen Kapitel der ABBA-Historie aus. Zum Beispiel die verheerenden Folgen der Alkoholsucht, die in der Band und in ihrem Umfeld um sich griff. Sowohl Andersson als auch Ulvaeus sind heute trockene Alkoholiker, ihr Bassist Rutger Gunnarsson war vor seinem plötzlichen Tod wegen Alkoholsucht in Behandlung, und ihr Manager Stig Andersson trank offenbar eine Flasche Whisky pro Tag, als er im Alter von 66 Jahren an einem Herzinfarkt starb.

Benny Andersson als Lederjackenrocker?

Aber Gradvall findet eine gute Balance aus Musikhistorie, Interview-Parts, dunklen Kapiteln, schillernder ABBA-Erfolgsstory und teilweise aberwitzigen Anekdoten. Es hilft ihm ausserdem, dass er Schwede ist. Zum einen, weil er die ABBA-Mitglieder in ihrer Muttersprache interviewen konnte und auf diese Weise mehr aus ihnen herausbekam als andere zuvor.

Zum anderen aber auch, weil er die schwedische Popkultur verinnerlicht hat: So erfahren wir zum Beispiel, dass ausgerechnet Benny Andersson einst den Soundtrack für Lederjacken tragende Rocker, Greaser und Gang-Mitglieder geliefert hat.

Wahre ABBA-Fans wissen natürlich, dass Andersson Keyboarder der Hep Stars war, aber Gradvall nimmt sich auch die Zeit, ausführlich zu erklären, warum sie eine der wichtigsten Bands in der schwedischen Subkultur Raggare waren, die sich an den Rockern, Greasers und den Rockabillys orientierten.

«Melancholy Undercover: The book of Abba» von Jan Gradvall ist soeben auf Englisch im Verlag Faber & Faber erschienen.

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