Pubblicato il 21. giugno 2022

Beyoncé ruft ihre «RENAISSANCE» aus

Das neue Album von Beyoncé ist natürlich ein musikalisches Grossereigniss – und nur vordergründig weniger politisch als der Vorgänger «Lemonade» von 2016. Auf «RENNAISSANCE» wird der Dancefloor zum Safe Space und House Music zum Hoffnungsbringer.

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Das neue Album von Beyoncé ist eine einzige Party. Was ziemlich erstaunlich ist, denn geschrieben, aufgenommen und produziert wurde es zu grossen Teilen inmitten der Pandemie. In einem Statement zur Veröffentlichung von «RENAISSANCE» erklärte Beyoncé: «Die Entstehung dieses Albums ermöglichte es mir, in einer für die Welt beängstigenden Zeit zu träumen und der Realität zu entfliehen. Es erlaubte mir, mich frei und abenteuerlustig zu fühlen in einer Zeit, in der sich sonst wenig bewegte. Meine Absicht war es, einen Safe Space zu schaffen, einen Ort ohne Vorurteile. Einen Ort, an dem man frei von Perfektionismus und Selbstzweifeln ist. Einen Ort, an dem man schreien, loslassen und Freiheit spüren kann. Es war eine wunderschöne Entdeckungsreise.» Wenn man sich die 16 Songs des Albums, die ohne nennenswertes Füllmaterial auskommen, anhört, kommt man zu dem Schluss, dass sich Queen Bey dabei vor allem durch das exzessive Tanzen zu Disco und House Music befreien konnte, wie wir es schon zum Release der Single «Break My Soul» vermuteten – die auf ein starkes Sample des ikonischen «Show Me Love» von Robin S setzte, die in den 1990er Jahren selbst die Königin der House-Musik war. Auch das ikonische Cover schlägt eine direkte Brücke in den legendären Club Studio 54 – dort ritt das Model Bianca Jagger 1977 auf einem Schimmel auf die Tanzfläche, der übrigens geführt wurde von einem splitterfasernackten Mann.

«RENAISSANCE» beginnt mit einer lyrischen Ansage, wie man sie von Beyoncé kennt. In «I’M THAT GIRL» (ja, sie schreibt alle Songtitel GROSS) stellt sie klar: «It's not the diamonds / It's not the pearls / I'm that girl (I'm that girl) / It's just that I'm that girl (I'm that girl) / It's not my man (Ooh) / It's not my stance (Ooh) / I'm that girl (I'm that girl) / It's just that I'm that girl.» Sie tut das auf einem Sample von «Still Pimpin‘» von Tommy Wright III & Princess Loko & Mac T-Dog und verneigt sich damit vor den Ursprüngen des Südstaaten-Raps. Zwei Songs später ist Beyoncé dann allerdings wieder ganz «ALIEN SUPERSTAR» und flext, dass sie zu überirdisch ist, um von dieser Welt zu stammen. In einem Song übrigens, der über zwanzig Songwriter in den Credits nennt. Man könnte und sollte überhaupt einen ganzen Aufsatz darüber schreiben, wer und was so alles in diesem Album steckt.

Und damit sind wir beim Kern von «RENAISSANCE»: Nach dem ultrapolitischen, für die «Black Lives Matter»-Bewegung sehr wichtigem «Lemonade» und der BLM-Hymne «Black Parade» hatten viele gehofft, Beyoncé führe diese Richtung in ähnlicher Weise fort. Das tut sie explizit nicht: direkte politische Lines findet man in den 16 Songs selten. Aber hier wird die Aussage mit dem „Safe Space“ von ihr entscheidend: Die Texte drehen sich nämlich viel um private Dinge, um befreienden Eskapismus, um Selbstliebe und um die hoffnungsbringende, befreiende Kraft, die sich auf einer Tanzfläche entfalten kann – gerade auch in tristen Zeiten.

Auch der Titel «RENAISSANCE» gewinnt mit Blick auf alle Beteiligten des Albums eine erstaunliche Kraft. Darin steckt nicht nur das Wort „Wiedergeburt“ sondern auch jene um 1400 beginnende Kunst- und geistesgeschichtliche Epoche, die eine Wiederbelebung antiker Kunst und Gedanken zum Ziel hatte. Was Beyoncé hier wiederbeleben will, ist die Schwarze DNA der House Music und des Raps, die sie mit Samples wie den genannten in ihren Songs verwebt.

Die Gästeliste von «RENAISSANCE» ist dann vielleicht das mächtigste Statement, denn Beyoncé versammelt hier, extrem handverlesen, alles was Rang und Namen hat. Ehemann Jay-Z, Skrillex, 070 Shake, The-Dream, Drake, Beam, Tems und die grosse Grace Jones, die schon das Studio 54 regierte und hier, wundervoll mies gelaunt, im Song «Move» zu hören, wo sie im Namen von ihr und Queen Bey pöbelt: «Move out the way / I'm with my girls and we all need space (Mm) / When the queen come through, part like the Red Sea / Move out the way». Hier bitte einen Mic Drop denken – und zur Seite treten …

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