Anna Rossinelli: «Ich würde gerne mal eine Leiche spielen»
Neues Album, Familienzuwachs und eine Rolle in der Hit-Serie «Tschugger» – läuft bei ihr. Trotz vollem Terminkalender hat sich Anna Rossinelli Zeit für ein Interview mit uns genommen.
Der eine Schritt zurück ist manchmal genauso wichtig wie die Zwei nach vorne. Dass Anna Rossinelli sich auf ihrem 6. Album auf ihre Anfänge zurückbesinnen will, ist also durchaus verständlich. Mit frisch veränderten Lebensumständen tun sich ohnehin neue Perspektiven auf, die sich dem Betrachter zuvor entzogen haben. So überrascht es dann auch nicht, dass «Mother» das bisher intimste und nackteste Werk Rossinellis ist. Dabei verlieren die Songs aber nichts von ihrem Drang, im Gegenteil: Die zurückhaltende Instrumentalisierung wirkt wie ein Multiplikator auf die prägnante Stimme von Rossinelli. «Mother» ist ein Rückblick, gleichzeitig aber auch ein Versprechen dafür, was man von der Basler Band noch erwarten darf.
Wohin die Reise geht weiss Bandleaderin Anna selber noch nicht so genau. Dafür hat sie Antworten auf unsere anderen Fragen.
Mega gut. Ich habe «Mother» während meiner Schwangerschaft vorbereitet und als meine Tochter dann im Frühling auf die Welt kam, war das Ding eigentlich bereits komplett im Kasten.
Ja, auch den gleichnamigen Song gab es da bereits. Für mich spricht der Titel eher eine Retrospektive auf alte Zeiten an. Anna Rossinelli - die Band - hat ihre Wurzeln in der Strassenmusik und zu diesen Wurzeln, zu diesen Anfängen wollten wir zurück. Die Mutter ist für uns alle der Anfang von allem und damit ein Sinnbild dafür. So sind dann Songs wie «Mother» und «Daddy isn’t Home» entstanden.
Sie hat geweint und war natürlich sehr berührt. Ich wollte ihr damit in erster Linie «Danke» sagen. Wenn man selber Mutter wird, besinnt man sich auf die eigene Kindheit zurück und gleichzeitig verändert sich das Verhältnis zu der eigenen Mutter. Für mich war des damit der richtig Zeitpunkt für eine Hommage an meine Mutter.
Schwierig zu sagen. Ich war sechs Jahre alt, als mein Vater starb und bin heute wohl ziemlich austherapiert. Es ist natürlich traurig, dass mein Vater meine Tochter nie kennenlernen wird, gleichzeitig bin ich wiederum sehr dankbar, dass sie mit ihrem Vater aufwachsen darf. Verarbeitet habe ich den Tod aber ausreichend, sonst könnte ich wahrscheinlich nicht so offen damit umgehen oder Songs darüber schreiben.
Das war das Ziel, ja und greift auch den «back to the roots»-Ansatz wieder auf. Wir spielen ja sehr oft in reduzierter Form, also: Bass, Gitarre und Gesang. Zurück zu den Wurzeln bedeutet für uns auch, die Songs nicht zu überladen. Ich vergleich es gerne mit einem Gewürzkasten: Es gibt tausende von Gewürzen, die man benutzen kann, aber das macht das Gericht nicht zwangsläufig besser und genauso ist es in der Musik.
Das ist ein Stück weit die Herausforderung. Wir entwickeln uns ja weiter und bringen allesamt verschiedene Einflüsse in die Band, was dann zum Beispiel in einem «Somebody Like You» resultiert, das klar von den 80ern inspiriert ist. Es ist Fluch wie Segen, einerseits finden wir viel spannend und ich persönlich experimentiere auch gerne. Ich sehe aber auch ein, dass das für den durchschnittlichen Musikkonsumenten nicht immer ganz einfach ist. Aktuell fühlen wir uns aber sehr wohl mit diesem reduzierten, diesem handgemachten Sound und bleiben ihm wohl auch noch ein wenig treu.
Kein Plan, ehrlich gesagt. «Tschugger» war ein tolle Chance und zudem gutes Timing: Aufgrund der Pandemie wurden sämtliche Shows abgesagt und ich hatte Zeit. Wenn sich wieder mal was Tolles ergibt, sage ich bestimmt nicht nein. Ich würde auch gerne mal eine Leiche spielen im «Tatort» oder so. Da hätte ich auch nicht allzu viel Text (lacht).
Die Schauspielerei ist ja sehr punktuell. Das ist mal kurz stressig, dann aber auch wieder vorbei. Bei allem anderen habe ich gelernt, mich zu organisieren und entsprechend Prioritäten zu setzen und momentan liegen diese bei meiner Tochter und der Musik.
Merci.
Anna Rossinellis neues Album «Mother» erscheint am 22. September. Begleitend dazu gibt es Liveshows in der ganzen Scheiz.
20.10.2023 |Hasliberg, Wetterhorn
27.10.2023 |Stäfa, Rössli
28.10.2023 |Biel, Le Singe
03.11.2023 |Kandersteg, Unplugged Sessions Kandersteg
04.11.2023 |Basel, Parterre One
16.11.2023 |Seewen, Gaswerk
18.11.2023 |Mels, Altes Kino
24.11.2023 |Rubigen, Mühle Hunziken
01.12.2023 |Brugg-Windisch, Campussaal Winter Night
09.12.2023 |Wetzikon, Scala
15.12.2023 |Davos, Songbird Festival
16.12.2023 |Winterthur, Casinotheater