Zum Tod von Quincy Jones: Er fand seinen Frieden in der Musik
Der Musikmanager, Komponist, Dirigent, Arrangeur und Kultproduzent ist am Sonntag im Alter von 91 Jahren verstorben. Wir schauen auf ein bewegtes Leben für die Musik und seine grössten Produktionen.
In seiner Autobiografie «M», die 2001 veröffentlicht wurde, beschrieb der 1933 in Chicago geborene Quincy Jones sein Erweckungserlebnis in Sachen Musik. Jones erzählt, wie er als Teenager mit Freunden in ein Freizeitzentrum einbrach. Bei der nächtlichen Erkundung fand er eine Bühne und ein Klavier.
Quincy Jones setzte sich an das Instrument und schrieb später: «Dort begann ich, Frieden zu finden. Ich war elf. Ich wusste, das war es für mich. Für immer.» Später sagte er: «Musik ist mindestens so wichtig zum Überleben wie Wasser.»
Schon als Teenager ein gefragte Jazz-Musiker
Wie konsequent er diese Erkenntnisse lebte, kann man an seiner beindruckenden Biografie ablesen. Quincy Jones lernte zwar nicht das Klavier, sondern die Trompete und spielte schon als 14jähriger mit Freunden in diversen Bands. Nachmittags gab es Tanzmusik in den Tennisclubs der Weissen, nachts Bebop in den Jazzspelunken der Stadt. In dieser Zeit schloss er auch Freundschaft mit Ray Charles.
Jones bekam ein Stipendium an der Berklee College of Music in Boston, brach das Studium aber mit 19 ab, als Lionel Hampton ihn einlud, mit auf Tour zu kommen. Hampton war Ende der 50er- Jahre einer der angesagtesten Entertainer in Amerika.
Auf den Bühnen mit den Grossen
Der junge Quincy Jones ist wissbegierig ohne Ende: Er studiert die Arbeit seiner Mitmusiker:innen, lernt das Arrangieren und Komponieren, steht wenig später mit Legenden wie Duke Ellington, Billie Holiday und Dizzie Gillespie auf der Bühne. Letzterer bescheinigt ihm, ein «bad dude» zu sein – ein Musiker, der mit allen Wassern gewaschen ist.
Gillespie verpflichtet Jones 1956 als Orchesterleiter und nimmt ihn mit auf Tour – parallel dazu arbeitet Jones an seinem Solodebütalbum «This Is How I Feel About Jazz».
Studium in Paris und der Weg in die Musikindustrie
Quincy Jones ist schon damals ein erfolgreicher Jazz-Musiker, sieht aber, dass diese Musik in den USA noch immer als minderwertig angesehen wird. Wie viele afroamerikanische Musiker:innen, Künstler:innen und Autor:innen geht er nach Paris und nimmt hier dank eines Stipendiums wieder sein Studium auf. Bei Grössen wie Nadia Boulanger und Olivier Messiaen lernt er die Kunst des Komponierens und Arrangierens.
Zu Beginn der 60er findet der leidenschaftliche Musiker, der inzwischen Komponist, Dirigent, Arrangeur und Produzent ist, seinen Weg in die Büros der Musikindustrie. 1964 wird er – als erster Afroamerikaner in dieser Position – Vizepräsident beim renommierten Label Mercury Records und produziert im gleichen Jahr das erste Album für Frank Sinatra.
«Fly Me To The Moon» wird der Soundtrack zur Mondlandung
Für «It Might Be Swing» überzeugt Jones den Jazz-Pianisten Count Basie, Sinatra mit seinem Orchester zu unterstützen. Der Opener «Fly Me To The Moon» wurde 1969 bei der Live-Übertragung der Mondlandung im Fernsehen gespielt.
Quincy Jones Produktionen, die von ihm geschriebenen Filmmusiken (z. B. für «Roots», «Die Farbe Lila», «In The Heat Of The Night» und seine eigenen Aufnahmen könnten eine Playlist füllen, die mehrere hundert Stunden dauern. 1974 erleidet er aber zunächst einen gesundheitlichen Rückschlag: Jones erleidet eine Hirnblutung und muss das geliebte Trompeten-Spielen einstellen.
Die Arbeit mit Michael Jackson
Aber er nutzt die Zeit, um sich weiter als Produzent zu etablieren und gründet sein eigenes Label Quest Records. Quincy Jones nimmt Michael Jackson unter seine Fittiche und landet schon mit dem zweiten Album «Thriller» einen absoluten Welthit.
Drei Jahre später folgt der nächste ikonischen Song: Unter Jones Leitung entsteht der Benefiz-Song «We Are The World» für die Aktion «Band Aid»
Neugierig auf alle Genres
Was Quincy Jones’ Arbeiten auszeichnet, ist vor allem seine Lust an anderen Genres. Obwohl er seine Liebe zur Musik über den Jazz fand, hatte er grosse Lust, auch den Pop, den R’n’B und den Blues zu prägen.
So arbeitete er nicht nur für und mit Weltstars wie Frank Sinatra oder Ella Fitzgerald, sondern auch mit Snoop Dog, Queen Latifah, Donna Summer, James Ingram, Ray Charles, Chaka Kan, Aretha Franklin, Nana Mouskouri oder auch Amy Winehouse.
Für sein vielseitiges kreatives Schaffen erhielt Jones zahlreiche Auszeichnungen: er hatte 28 Grammys im Regal stehen, zwei Ehren-Oscars und einen Emmy. Ausserdem erhielt Jones die französische Ehrenlegion, den Rudolph-Valentino-Preis der Italienischen Republik und eine Ehrung des Kennedy Centers für seinen Beitrag zur amerikanischen Kultur.
Mehr als 29.000 Tage
Quincy Jones sagte in der Dokumentation «Quincy Jones: Mann, Künstler, Vater», die man auf Netflix sehen kann: «Im Schnitt lebt man nur 26.000 Tage. Und ich sage euch, ich werde sie alle ausnutzen. Und wenn ich 80 werde, dann sind es 29.000 Tage. Ich werde sie alle aufbrauchen, weisst du?»
Ihm waren dann noch ein paar Tage mehr vergönnt. Quincy Jones verstarb am Wochenende im Kreise seiner Familie. Er hinterlässt sieben Kinder, sechs Töchter und einen Sohn, von fünf verschiedenen Frauen.
Ruhen Sie in Frieden, Mr. Jones! Wir hoffen, dass sie nun einen ähnlich erfüllenden Frieden gefunden haben, wie den, den sie damals an einem Klavier in einem Freizeitzentrum ihrer Heimatstadt fanden …