Veröffentlicht am 16. Februar 2024

Rock and Roll Hall of Fame: «Ein Award für Wichser»?

Seit 1986 werden jährlich neue Musiker:innen in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen. Einige von den Nominierten finden das gar nicht so geil. Liam Gallagher zum Beispiel.

Journalist
1832

Als Musikjournalist schreibt man alle Jahre wieder über dieses seltsame Ritual: Ein privat geführtes Museum in Cleveland, Ohio ernennt ein Komitee aus Musikhistoriker:innen, das dann wiederum ein paar sehr namhafte Künster:innen für die Longlist ernennt, von denen einige später in einer feierlichen Zeremonie in die sogenannte Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen werden.

Die Taufe des Rock’n’Roll

Das Museum wurde auf Anregung von Ahmet Ertegün gebaut. Er war der Gründer von Atlantic Records und bis zu seinem Tode im Jahr 2006 eine Art Elder Statesman der Musikbranche. Cleveland sollte es sein, weil dort angeblich 1951 der Begriff «Rock’n’Roll» geprägt wurde. Taufpate sei Discjockey Alan Freed gewesen, der seine Radiosendung nämlich «The Moondog Rock & Roll House Party» nannte.

Der Preis soll die einflussreichsten Musiker:innen, Produzent:innen und Persönlichkeiten aus dem Umfeld des Rock’n’Rolls ehren. Wobei dieses Umfeld mit der Zeit immer grosszügiger gefasst wurde und inzwischen auch Rap und Pop gewürdigt werden. In diesem Jahr sind in der Longlist Acts zum Beispiel wie Mariah Carey, Sade, Kool & The Gang, Sinéad O’Connor, Eric B. & Rakim, A Tribe Called Quest und Oasis (die komplette Longlist gibt’s hier).

Willkommen in der Rap and Rock and Roll Hall of Fame! | ZUM ARTIKEL

«Ein Award für Wichser» (Liam Gallagher)

Zum alljährlichen Ritual gehört auch, dass viele der nominierten Acts ihre Verachtung für die Auszeichnung zum Besten geben. In einem Austausch bei «X» schrieb Liam Gallaher über die Nominierung von Oasis: «Ich brauche keinen Award für Wichser, den mir ein Rentner mit Cowboyhut in die Hand drückt.» Vorher postete er einen Satz, den wir hier mal nicht übersetzen – man weiss auch so, was gemeint ist: «Fuck the Rock n Roll hall of fame its full of BUMBACLARTS». Auch sein Bruder Noel ist nicht gerade Fan, wie er hier mal erzählte:

«Es ist nicht die ‘Hall of the People’.» (Paul Stanley von Kiss)

Andere waren etwas pointierter mit ihrer Kritik. Paul Stanley, Frontmann von Kiss, hatte zum Beispiel jahrelang Beef mit der Rock and Roll Hall of Fame, weil er die Aufnahmekriterien für recht willkürlich und unfair hielt: «Es ist nicht die ‘Hall of the People’, es ist eine Gruppe von Dudes, die entscheiden, wen sie haben wollen.»

«Rock’n’Roll und die Hall of Fame sind eine Pfütze voller Pisse» (Sex Pistols)

Die Liste der Haters gegen die «Rock and Roll Hall of Fame» ist über die Jahre recht munter gewachsen. Die Sex Pistols schrieben, als sie nominiert wurden: «Rock’n’Roll und die Hall of Fame sind eine Pfütze voller Pisse. Wir werden nicht kommen.»

«Totaler Schwachsinn. Schrecklich. Vulgär.» (Bruce Dickinson von Iron Maiden)

Ausgerechnet der oft sehr sympathische Frontmann von Iron Maiden, Bruce Dickinson, redetet sich beim Thema «Hall of Fame» gerne in Rage. Von ihm sind folgende Worte überliefert: «Um ehrlich zu sein, halte ich die Rockand Roll Hall of Fame für totalen Schwachsinn. Sie wird von einem Haufen scheinheiliger Amerikaner geleitet, die Rock 'n' Roll nicht erkennen würden, wenn er ihnen ins Gesicht schlüge.» Ausserdem findet er: «Rock 'n' Roll-Musik gehört nicht in ein Mausoleum in Cleveland. Sie ist eine lebende, atmende Sache, und wenn man sie in ein Museum steckt, ist sie tot. Das ist schlimmer als grausam, es ist vulgär.»

«Schulterklopfen für das Establishment» (Chrissie Hynde von den Pretenders)

Die Frontfrau der Pretenders wurde zwar 2005 in die Hall aufgenommen, aber auch sie hält das Ganze für ziemlichen Schwachsinn. «Das ist doch bloss nur weiteres Schulterklopfen für das Establishment. Ich habe eine Band gegründet, damit ich das alles nicht mitmachen muss. Abgesehen von Neil Youngs Teilnahme an der Aufnahme war und ist die ganze Sache totaler Schwachsinn. Es hat absolut nichts mit Rock 'n' Roll zu tun und jeder, der was anderes glaubt, ist ein Narr.»

«Sie sagen, sie respektieren die Künstler:innen – aber das tun sie nicht.» (Steve Miller von der Steve Miller Band)

Einer der unterhaltsamsten Rants gegen die «Hall of Fame» kam von Steve Miller, der uns Hits wie «The Joker» und «Abracadabra» geschenkt hat. Er wurde 2016 von den Black Keys initiiert und nutzte die Pressekonferenz nach der Zeremonie, um seinen Unmut rauszulassen. Sein vernichtendes Urteil: «Sie sagen, sie respektieren die Künstler:innen – aber das tun sie nicht.»

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