Veröffentlicht am 08. Juli 2024

Indie-Götter in Zürich: The Libertines kommen

In den frühen 2000er waren The Libertines die coolste Band der Welt und Pete Doherty der Poster-Boy der Indie-Bewegung. Darauf folgte eine mehrjährige Tragödie, die selbst Shakespeare nicht dramatischer hätte schreiben können. Im Gegensatz zu seinen Storys hat die von den Libertines aber ein Happy End.

Journalist
1161

Am 10. Februar 1997 erschien Blurs selbstbetiteltes Album. «Blur» ist das vielleicht kompakteste Werk von Damon Albarns Band und wird gleichzeitig als eins der letzten grossen Album der Britpop-Ära gehandelt. Das Interesse an Gitarren-Bands ging danach zurück, was Pete Doherty und Carl Barât allerdings scheissegal war, als sie im selben Jahr The Libertines gründeten. Die beiden studierten zwar Drama, waren im Herzen aber Punks.

Poetische Punks

Dieser Mindset zeigte sich auch an der Musik der Band. Während die Wurzeln der Libertines klar im Punk der späten 70er liegen und die Schrammel-Gitarren das auch unterstreichen, so sind die harmonischen Melodien eher ein Produkt der 60er-Jahre. Perfektioniert wird die musikalische Retrospektive von Pete Dohertys Gesang. Der Engländer ist kein Songwriter, er ist ein Poet und die Blaupause des leidenden Künstlers.

Petes Absturz und das Ende der Band

2002 erschien das Debütalbum des Quartetts. «Up The Bracket» wurde von Mick Jones (The Clash) produziert und von der internationalen Musikpresse gefeiert. England hatte neue Rock-Helden, aber nicht alle Helden wollen gefeiert werden. Doherty, der sensible Poet, der schon immer ein bisschen zu viel fühlte, war überfordert und betäubte sich mit allem, was gerade verfügbar war.

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Infolgedessen zerstritt er sich mit Barât, landete mehrfach im Knast und räumte irgendwann sogar die Wohnung von seinem Bandkollegen leer. Das zweite, selbstbetitelte Album brachten The Libertines noch knapp über die Ziellinie. Danach war aber Schluss: 2004 gab die Band ihre Trennung bekannt.

Das zweite Album von The Libertines war geprägt von der Unruhe innerhalb der Band, was man auch in den Songs verarbeitet hat.

Rehab & Reunion

Doherty wurde im Anschluss daran zum bekanntesten Junkie der Welt. Viele Boulevardmedien hatten den Nachruf für den Musiker damals bereits druckfertig ready, für den Tag, an dem Pete Doherty tot, mit einer Nadel im Arm, gefunden wird. Vergebens, wie sich zum Glück herausstellte. Doherty bekommt die Kurve nochmals und ist seit 2019 komplett clean. Die Jahre davor sind chaotische Irrfahrt und ein Leerstück in Sachen Sex, Drugs & Rock & Roll. Wer die schmutzigen Details will, gibt sich Pete Dohertys Biographie «A Likely Lad» oder schaut den Dokumentarfilm seiner Frau «Peter Doherty: Stranger In My Own Skin».

2014 versöhnen sich Doherty und Barât. Sie kündigen die Rückkehr der Libertines und gleichzeitig das dritte Album der Band an. «Anthems for Doomed Youth» erscheint ein Jahr später und ist eine solide Platte, verglichen mit dem Nachfolger aber nicht viel mehr als ein nettes Warmup.

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«All Quiet on the Eastern Esplanade» erscheint im April 2024 und ist die Quintessenz des Schaffens einer ebenso desolaten wie genialen Band. Von einer Band, die Unvollkommenheit zelebriert, musikalisch gleichermassen wie menschlich. Ist das jetzt wirklich ein Happy End? Ansichtssache. Im Vergleich zu den Stücken von Shakespeare wird aber zumindest niemand niedergemetzelt.

The Libertines spielen am 14.2.2025 im Volkshaus in Zürich. Sämtliche Infos und Tickets gibt's HIER.

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