Veröffentlicht am 22. Mai 2023

Lewis Capaldis neues Album: Kritik hin, Fans her

Lewis Capaldis neues Album «Broken By Desire To Be Heavenly Sent» bewegt sich in vertrautem Terrain und erkundet keine neuen musikalischen Facetten. Es stellt sich die Frage: Kann seine Engelsstimme und das unterhaltsame Image das Album retten?

Journalist

Balladen werden auf Albumlänge schnell repetitiv oder langweilig. Oder beides. Dank seinem hervorragenden Gespür für grosse Melodien, der richtige Menge an Kitsch und einer sympathischen Portion Selbstironie konnte Lewis Capaldi bisher verhindern, dass die Aussage auch auf ihn zutrifft. Die Strategie zeigt auf «Divinely Uninspired to a Hellish Extent» aber zum ersten Mal Abnutzungserscheinungen.

Die Tracks folgen alle mehr oder weniger dem gleichen Muster: ein sanfter vokaler Auftakt, der sich allmählich aufbaut und von einem kraftvollen Refrain unterbrochen wird – alles ziemlich emotional geladen. Gleichwohl stürmen seine Songs immer wieder die Charts, nicht zuletzt wegen seiner Engelsstimme und vielleicht auch wegen seines fast komödiantischen Images, das als Gegensatz zu all dem Schmerz fungiert.

Lewis Capaldi - «Forget Me»

«Broken By Desire To Be Heavenly Sent» beginnt überraschend fröhlich mit der poppigen Stimmung der kraftvollen Lead-Single «Forget Me». Textlich dreht es sich – wie in den meisten anderen Songs – um Schmerz. Er ist ein Ohrwurm und einer der wenigen Höhepunkte auf diesem Album.

Darauf folgen zwei weitere Fan-Favoriten: «Wish You the Best» und «Pointless», bei dem Ed Sheeran als Autor mitwirkte und dessen Einfluss deutlich spürbar ist. «I bring her coffee in the morning / She brings me inner peace.», singt Capaldi und erinnert stark an Sheerans Hochzeitsklassiker «Perfect» und «Thinking out Loud».

Lewis Capaldi - «Pointless»

An diesem Punkt folgt das Album dem vertrauten Muster aus Klavierakkorden und dem bereits erwähnten melodischen Aufbau. Songs wie «Haven't You Ever Been in Love Before?» oder «Burning» ziehen sich in die Länge und könnten sicherlich etwas mehr Abwechslung gebrauchen.

Glücklicherweise schafft es ein weiterer Track, neben «Forget Me», aus der Menge herauszustechen und dem eintönigen Klaviergeklimper zu entkommen – «Heavenly Kind of State of Mind», der sich an den Country-Stil anlehnt.

Und auch der Track «Leave Me Slowly» ragt mit seinem Synthie-Beat im Stil der 80er-Jahre aus der Masse heraus und verleiht dem Album eine dringend benötigte Frische.

Der Mangel an neuen musikalischen Experimenten und die fehlende Vielfalt der Tracks führen dazu, dass sich das Album zunehmend repetitiv anfühlt. Balladen reihen sich an Balladen, ohne wirklich aus der gewohnten Formel auszubrechen und der Titel alleine spielt sogar darauf an «Broken By Desire To Be Heavenly Sent».

Lewis Capaldi hat sich nicht neu erfunden und das gefällt gemäss Rezensionen auch den meisten Musikkritiker:innen nicht so ganz. Doch im Grunde kann es ihm gleichgültig sein, denn die Zahlen zeigen, dass die Balladen nach wie vor ziehen. Solange der schottische Sänger weiterhin seine selbstironischen Witze macht und die Kritik zu seinem Vorteil nutzt, ist sein Album so oder so ein Erfolg.

Lewis Capaldi kommt am 28. Juni nach Zürich ins Hallenstadion.

Infos und Tickets gibt's hier.

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