Veröffentlicht am 20. Juni 2024

Müssen wir uns um Katy Perry sorgen?

PR für den transphoben Elon Musk und ein Song mit dem problematischen Produzenten Dr. Luke, der ausgerechnet «Woman’s World» heissen wird. Auch die PR-Fotos dazu sehen aus, als hätte ein fickriger Teenager seine KI gebeten, einen Katy-Perry-Sexbot zu kreieren. Was ist da eigentlich los?

Journalist
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Am 22. April stoppte Tesla die Auslieferung des ebenso hässlichen wie unpraktischen Cybertrucks. In den Mails an die ungeduldig wartenden Kund:innen wurde ein defektes Gaspedal als Grund genannt. Es war nicht das erste Mal, dass die Lieblings-Wuchtbrumme von Tesla-Gründer Elon Musk (Kaufpreis rund 89.000 Schweizer Franken) Ärger machte.

Ein Dank an Elon Musk

Der Pick-up hat Probleme mit Geländefahrten, die angeblich stosssicheren Scheiben splittern schneller als gedacht, die Scheibenfischer funktionieren dürftig und bei den ersten Modellen konnte man sich mit der automatisch schliessenden Motorhaube den Finger oder andere Körperteile amputieren, weil keine Sicherung eingebaut war.

Und nun also am 22. April: Der Auslieferungstopp und der Rückruf von rund 4.000 Modellen. Tja, und was machte Popstar Katy Perry exakt einen Tag später? Sie postete dieses Foto und bedankten sich bei Musk für die Lieferung. Der twitterte zurück: «Looks good.» Nicht wirklich.

Das unglücklich getimte Posting kam aber auch aus anderen Gründen nicht gut an bei ihren Fans. Dazu muss man wissen: Dank ihres ersten Hits «I Kissed A Girl» hat Katy Perry viele Fans in der queeren Szene.

Die queeren Fans sind sauer und enttäuscht

Perry wuchs in einem extrem christlich-konservativen Haushalt auf und sagte noch 2017 bei der Preisverleihung der «National Equality Award» der LGBT-Organisation «Human Rights Campaign»: «Als ich aufwuchs, war Homosexualität ein Synonym für Worte wie ‹Scheusslichkeit› und ‹Hölle›. So verbrachte ich einen Grossteil meiner nichtsahnenden Jugend in Jesus-Lagern, wo ich die Homosexualität wegbetete.»

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Später sagte Perry: «Es war damals nicht okay, mit irgendjemandem aus dieser Gemeinschaft befreundet zu sein. Und jetzt ist es meine Community. Das ist meine Show. Das sind meine Leute. Das ist mein Alltag. Es ist in meinem Zuhause, es ist in meiner Arbeit. Ich hätte ohne die queere Community nicht überlebt.»

Musk ist Feindbild der queeren Community

Genau diese Community kritisiert nun massiv, wie sich Perry bei Elon Musk anbiedert. Den Musk, der in den letzten Jahren in vielen Ansichten immer radikaler wurde, ist längst Feindbild der queeren Community. Er postete zum Beispiel im letzten Jahr bei Twitter, das Ärzte, die Trans-Jugendlich behandeln seiner Meinung nach ins Gefängnis sollten.

Ausserdem zeigen Datenauswertungen, dass Twitter seit der Übernahme von Musk homophobe Äusserungen durch den Algorithmus begünstigt und diese selbst dann nicht löscht, wenn sie Homosexuelle mit Pädophilen gleichsetzten.

Eine «Woman’s World», in der ein problematischer Produzent und Songschreiber im Studio ist

Katy Perry scheint diese Kritik egal zu sein – sie äusserte sich seitdem nicht dazu. Stattdessen warf sie die PR-Maschine für ihr Comeback-Album an und teaserte einen neuen Song namens «Woman’s World», der im Juli erscheinen soll:

In dem Snippet heisst es zu einem mechanischen 80s-Beat: «Sexy. Confident. So intelligent. She is heaven sent. So soft. So strong.» Der Song sorgte für einen weiteren Aufschrei in der Popwelt.

Zeitgleich erklärte eine Quelle ihres Labels Capitol Records nämlich, dass Katy Perry für ihr kommendes sechstes Album mit alten Vertrauten zusammengearbeitet hat – u. a. Starproduzent Max Martin und Dr. Luke. Letztgenannter wird als Co-Producer bei «Woman’s World» genannt.

Vorwürfe gegen Dr. Luke von Kesha

Damit bekommt der Titel eine toxische Note: Denn, wie eine «Woman’s World» im schlimmsten Fall aussehen kann, wenn man als Popsängerin mit Dr. Luke zusammenarbeitet, sieht man am langjährigen Gerichtsstreit zwischen ihm und Kesha. Sie warf ihm 2014 unter anderem körperlichen wie seelischen Missbrauch vor, er ging daraufhin mit aller juristischen Macht dagegen vor und verklagte sie auf Verleumdung.

Erst 2023 endete der Streit – aber nicht mit Verurteilungen oder Freisprüchen, sondern mit einem Vergleich, der wenige Tage vor Beginn des Prozesses ausgehandelt wurde. Dr. Luke hat dieses Kapitel offenbar weniger geschadet als Kesha. Die kämpfte sich allerdings zurück und performte den von diesem Konflikte geprägten Song «Praying» 2018 bei den Grammys – mit Unterstützung zahlreicher Kolleginnen.

Wie der amerikanische «Rolling Stone» in einer ausführlichen Recherche darlegte, landete Dr. Luke – der eigentlich Lukasz Gottwald heisst – trotz der Vorwürfe danach noch viele Hits. Ausgerechnet mit Künstlerinnen, die als starke Frauen gelten: Er produzierte und schrieb an «Super Freaky Girl» von Nicki Minaj mit, arbeitete mit Doja Cat und Saweetie.

In dem «Rolling Stone»-Artikel wird unter anderem Pink zitiert, die sagte, Dr. Luke sei «not a good person». Sängerin und TV-Host Kelly Clarkson, die Kesha von Anfang an unterstützte, erinnert sich, wie ein Angestellter ihrer Plattenfirma gesagt habe: «fast jede Frau in unserer Firma arbeitet nicht gerne mit ihm.»

Wie echt ist DIESE Katy Perry?

Als wäre das alles nicht genug, wirft auch das PR-Foto zu «Woman’s World» Fragen auf. Zum Beispiel die Frage, ob man hier die echte Katy Perry sieht. Oder ein bis zum Geht-nicht-mehr nachbearbeitetes Foto? Oder gar ein KI-Bild, das ein fickriger männlicher Fan mit einer Bild-KI nach dem Prompt «show me a katy perry sexbot» erschaffen hat?

Die Kommentare unter dem Bild fallen jedenfalls auch eher negativ aus. Wenn sie nicht eh Dr. Luke outcallen, kritisieren viele das künstliche, unrealistische Schönheitsideal. Eine junge Frau kommentiert mit Verweis auf das bekannte Schlankmachmittel: «Another ozempic adicted woman.» Eine andere schreibt: «Just another picture for her to try and get attention while making us real women feel bad.»

Nach all diesen Entwicklungen kann man also wirklich mal laut überlegen, ob wir uns Sorgen mache müssen um diese einstige Pop-Queen, die uns einige ikonische Hits geliefert hat und für ihre bunten, mitreissenden Live-Shows bekannt war. Schauen wir also mal bang darauf, wie es weitergeht und amüsieren uns nochmal an den lustigsten – und ehrlich gesagt manchmal auch ziemlich weirden – Szenen aus ihrer Zeit als coole Jurorin der eigentlich uncoolen TV-Show «American Idol».

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