Veröffentlicht am 23. Februar 2023

Jethro Tull auf Tour: Ian Anderson ist keine Flöte

Im März 2024 kommen Jethro Tull noch einmal mit neuem Album in die Schweiz für zwei Shows in Zürich und Basel. Auch in diesem März gibt es noch eine Gelegenheit, sie in Lausanne live zu sehen. Kurz vor VVK-Start schauen wir noch einmal auf die Band, ihren Frontmann Ian Anderson – und sein Instrument.

Journalist

Der leider viel zu früh verstorbene, heute kultisch verehrte Musikkritiker Lester Bangs war bekannt dafür, hart auszuteilen, wenn er eine Band nicht mochte. Im legendären «Cream»-Magazine schrieb er im Jahr 1973 eine Konzertkritik über einen Gig von Jethro Tull in Detroit. Schon in den ersten Zeilen des Textes merkt man, dass er der Band den Aufstieg von der Underground-Sensation zum grossen Rock Act übelnimmt. Aber er muss dennoch eingestehen, dass sich Jethro Tull das immer grösser werdende Publikum redlich erspielt haben. Der Erfolg läge zum einen an Alben wie «Aqualung», das bis heute als ihr bestes gilt, aber eben auch und vor allem an Frontmann, Songwriter und Querflötist Ian Anderson. Bangs schreibt: «In der Zwischenzeit festigten Jethro Tull ihre Position, indem sie ihre Bühnenshow strafften. Ihre Anziehungskraft stieg mit jeder Tournee in den Staaten sprunghaft an, und das lag nicht nur an der Musik. Das entscheidende Element, der Mittelpunkt, war Ian Anderson, ein wildäugiger, Weste und Schwanz peitschender Derwisch, der lange, heftige, echolastige Flötensoli spielte, als ob er mit dem Instrument boxen würde – der Eric Clapton der Flötisten.» Den kompletten englischen Text kann man übrigens hier lesen.

Ein herrliches Zitat – irgendwo zwischen dezentem Spötteln und Respekt. Den man sich bei Bangs hart erarbeiten musste. Allerdings muss man an dieser Stelle auch sagen: Zu ihren wilden Zeiten in den 70ern sah es manchmal nicht nur so aus, als würde Anderson nicht nur mit der Flöte boxen sondern auch intimere Dinge mit ihr anstellen – manchmal klemmte er sie sich auch zwischen die Hosenbeine seiner engen Jeans. Aber hey, warum sollen denn nur Rockgitarristen phallisch agieren dürfen?

«Alleinstellungsmerkmal in Sachen Image»

Mittlerweile sind ein paar Jahrzehnte ins Land gegangen und Jethro Tull haben längst ihren Platz im Kanon der Rockmusik. Trotz oder gerade wegen des ungewöhnlichen Instruments, das die 1967 in Luton bei London gegründeten Jethro Tull von anderen Rockbands der 60er und 70er abhob. Als alleiniger Komponist, Sänger und Flötist bestimmte Anderson dabei von Anfang an ihren einzigartigen Stil. Anfang der 70er Jahre lieferte er wie am Fliessband Songs, die heute als Rockklassiker gelten – «Sweet Dream», «Life's A Long Song», «Aqualung», «Locomotive Breath» oder «Thick As A Brick». Anderson erkannte dabei schon früh, dass sein bevorzugtes Instrument zugleich ein Trademark sein konnte. Im vergangenen Jahr sagte er in einem Interview: «Ich glaube, durch meine Flöte haben die Leute gemerkt, dass wir anders waren als die anderen Bluesbands im Jahr 1968. Und damit hatten wir schon immer ein Alleinstellungsmerkmal in Sachen Image und Marketing.»

Jethro Tull werden 2023 ein neues Album veröffentlichen

Man merkt es schon an reflektieren Sätzen wie diesem: Ian Anderson ist keine Flöte – er spielt eine. Man verzeihe den Flachwitz, aber irgendwie passt es doch. Und auch Jethro Tull nehmen die Sache mit der Flöte mit Humor. Sie werden nämlich im März ein neues Bandalbum veröffentlichen, das – kein Witz – den Namen «RökFlöte» trägt. Die erste Single daraus kann man bereits hören. Sie trägt den ebenfalls klangvollen Namen «Ginnungagap». Es ist schon das zweite Album nach der gut 18 Jahre währenden Bandpause. Nach dem 2003 veröffentlichten «The Jethro Tull Christmas Album» kam «The Zealot Gene» erst im Jahr 2022. Dass jetzt so schnell die «RökFlöte» folgt, zeigt wohl, dass die Band weiterhin Bock aufeinander hat. Ausserdem stelle der mittlerweile 74jährige Anderson kürzlich ganz richtig fest: «Ich kann es mir nicht erlauben nur herumzuhängen. Natürlich läuft die Zeit in meinem Alter ab, und ich habe das Glück, im Moment aktiv und geistig und körperlich fit zu sein.»

Deshalb gibt’s zum Album also auch noch eine grosse Tour, mit der Jethro Tull am 20. März 2024 im Volkshaus in Zürich und am 21. März im Musical Theater Basel Station machen werden. Ist noch eine Weile hin, aber die ersten Tickets gibt es schon ab heute 11 Uhr. Hier gibt’s alle Infos dazu. Außerdem hätte man noch die Chance, Jethro Tull auf ihre noch laufenden, durch Covid-19 verschobenen Tour «The Prog Years» am 11. März in Lausanne im Salle Métropole live zu sehen. Tickets dafür gibt's hier.

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