Hitzone: «Total Eclipse Of The Heart» von Bonnie Tyler

In dieser Rubrik schauen wir bekanntlich auf die Geschichte hinter den grossen Hits und fangen dabei meistens ein paar Jahrzehnte in der Vergangenheit an. «Total Eclipse Of The Heart», diese übergroße Ballade von Bonnie Tyler aus dem Jahr 1983, hatte allerdings erst vor wenigen Wochen einen großen Moment im europäischen Kino. Im Film «The Five Devils» von der französischen Regisseurin Léa Mysius wird der Tyler-Hit in einer Karaokebar von Adèle Exarchopoulos gesungen, die viele aus «Blau ist eine warme Farbe» kennen dürften. An ihrer Seite singt die Schauspielerin Swala Emati. Es ist eine Schlüsselszene des Films, in der das Publikum zum ersten Mal versteht, dass im Kern dieses mysteriösen Dramas eine queere Liebesgeschichte steht, die sich nie entfalten konnte. Wie die betrunkene, von Exarchopoulos gespielte Joanne und die von Emati gespielte Julia hier kurz zueinanderfinden – das bricht einem das Herz. «Once upon a time I was falling in love / Now I'm only falling apart», klang noch nie so schief und ergreifend zugleich.

Klingt nach Meat Loaf?

Als «Total Eclipse Of The Heart» am 8. April 1983 in UK zum ersten Mal erschien, war die Waliserin Bonnie Tyler schon inmitten einer gut laufenden Karriere. Aber sie hatte es auf eine Neuausrichtung ihres Sounds abgesehen und sah einen guten Moment, weil sie gerade das Label gewechselt hatte und nun auf CBS / Columbia veröffentlichte. Mehr Pop, mehr Grandezza, mehr Wucht sollte ihr Sound haben. Inspiriert wurde sie dabei unter anderem durch einen Auftritt von Meat Loaf, der damals gerade die Rockoper chartsfähig machte und «Bat Out Of Hell» in der BBC-Show «The Old Grey Whistle Test» performte. Bonnie Tyler kontaktierte daraufhin Meat Loafs Produzenten Jim Steinman, der sozusagen «Total Eclipse Of The Heart» mitbrachte. Er hatte den Song eigentlich für eine neues Album von Meat Loaf geschrieben, da dessen Label Steinman aber angeblich nicht das angemessene Geld für seine Songwriting-Dienste bezahlen wollte, realisierte er den Song mit Bonnie Tyler, deren rauchige Stimme der Powerballade diese besondere Note gibt, die es zur Unsterblichkeit braucht.

Vampire und Perverse

Wo wir gerade bei Unsterblichkeit sind: Jim Steinman und Bonnie Tyler sahen in der Ballade völlig verschiedenen Dinge, was zu einem Streit der beiden führte. Während Tyler darin ein Liebeslied für Verzweifelte sah, war Steinman gerade auf einem Vampir-Trip. Er arbeitete an einem Nosferatu-Musical und wollte den Song eigentlich erst «Vampires in Love» nennen. Das reichlich surreale Video von Russell Mulcahy wurde nach strikten Vorgaben von Steinman gedreht, in der morbiden Kulisse des verlassenen Holloway Sanatorium im britischen Surrey. Nach dem Dreh nannte Tyler Steinman angeblich «einen Perversen», weil sie wie viele andere so gar nicht sah, was die Bilder mit dem Song zu tun hatten.

Immer wieder Vampire

Der 2021 verstorbene Jim Steinman und Bonnie Tyler haben aber beide auf ihre Weise ihren Frieden damit gemacht. Tyler sagte Anfang des Jahres in einem Interview über die Langlebigkeit ihres Hits: «Das ist verrückt! Einfach unglaublich! 40 Jahre ‚Total Eclipse of the Heart‘! [...] Ich werde es niemals leid sein, diesen Song zu singen! Es macht mir immer Spaß und die Leute singen immer mit! Jeder kennt ‚Total Eclipse of the Heart‘.» Und auch Steinman landete gut 15 Jahre später bei den Vampiren. Anstelle eine Musicals über Nosferatu schrieb er nach einer Idee von Roman Polanski das Musical «Tanz der Vampire» und packte «Total Eclipse Of The Heart» einfach mit rein. «Wenn man sich die Texte anhört, sind da wirklich viele Vampirzeilen drin», erklärte er die Entscheidung später. «Es geht um die Dunkelheit, die Macht der Dunkelheit und den Platz der Liebe in der Dunkelheit.» So kam es also, dass sein Lied auch zumindest von einem fiktiven Vampirgrafen gesungen wurde – für die eingedeutschte Text-Version zeichnete sich Michael Kunze verantwortlich. Damit wir diesen Artikel nicht ganz so düster abschließen, hier noch eine recht sonnige Cover-Version aus der Erfolgsserie «Glee»: