Hitzone: Avril Lavigne ist gar nicht «Complicated»

Es hat eine gewissen Chuzpe, als 18jährige die Debütsingle mit den weisen Worten «Life’s like this» zu eröffnen. Aber so ist das eben auf der Schwelle zum Erwachsenwerden: Man glaubt das Leben geblickt zu haben. Und Avril Lavigne brachte damals die passende Attitüde mit: Mit ihren schwarzen Skater-Emo-Klamotten, den dunkel im Goth-Style geschminkten Augen und der selbstbewussten Schnute war sie die Anführerin ihrer kleinen Band-Gang, die sie am Anfang des Videos zu «Complicated» animiert, «die Mall zu crashen». Was dann auch neben einer Performance an der Skate-Rampe die «Story» des Musikvideos ist und in einer tatsächlich geöffneten Mall gedreht wurde.

Avril Lavigne war beim Songwriting in der Matrix

«Complicated» war der erste Vorbote aus Avril Lavignes Debütalbum «Let Go» und auch wenn sie damals ein wichtiger Faktor im Pop-Punk-Revival wurde (was ein wenig an diesem Video lag), ist «Complicated» im Grunde eigentlich eher eine poppige Ballade. Erst mit der Nachfolge-Single «Sk8er Boi» drehte sie das Tempo ein wenig mehr auf. Dass ihr zu Sony gehörendes Label Arista, das Lavigne mit 16 signte, aber auf eine Star-Karriere zielte, sieht man schon am Set-up des Songs: Er wurde produziert und mitgeschrieben von Lauren Christy, Scott Spock und Graham Edward, die seit 1999 zusammen als The Matrix operierten und große Pop-Singles produzierten und mitschrieben. Die drei Songs auf «Let Go», die es in die Billboard Hot 100 Charts schafften, stammten von ihnen: «Complicated», «Sk8er Boi» und «I’m With You».

«Es geht um Menschen, die nicht real sind...»

Avril Lavigne schrieb an den Lyrics mit und erklärte mal in einem Interview, es ginge in dem Song, um «Menschen, die nicht real sind, die sich eine Maske aufsetzen, um besser anzukommen und dadurch unauthentisch werden.» Im Song findet das Entsprechung in Zeilen wie «When we're driving in your car / And you're talking to me one on one, but you become / Somebody else / 'Round everyone else / You're watching your back / Like you can't relax / You try to be cool / You look like a fool to me / Tell me.» Und dann im Refrain schließlich die Frage: «Why'd you have to go and make things so complicated? I see the way you're acting like you're somebody else / Gets me frustrated.» Ein Songtext, der gerade im Zeitalter von TikTok und Instagram, die diese Probleme ja noch verschärft haben, aktueller denn je ist.

Die junge Pop-Punk-Szene bezieht sich auf Avril Lavigne – und teilt gerne die Bühne mit ihr

Überhaupt muss man feststellen, dass Avril Lavige nicht nur selbst kaum gealtert scheint, sondern auch ihre Musik noch immer eine gewisse Frische hat. Das kleine Pop-Punk-Revival der letzten Jahre (über das wir hier schrieben), das von Acts wie Olivia Rodrigo, Yungblud, Machine Gun Kelly und WILLOW befeuert wurde, bezieht sich ausdrücklich auf Lavignes Musik und umgibt sich gerne mit ihr. Schon 2015 lud Taylor Swift zum Beispiel Lavigne bei einer Show auf die Bühne, um gemeinsam «Complicated» zu spielen. in den letzten Jahren taten das Rodrigo und sogar Billy Joel. Yungblud wiederum ist Duettpartner auf Avril Lavignes aktueller Single «I’m A Mess».

Knapp an der 1 vorbei

2002 rauschte «Complicated» auf der ganzen Welt durch die oberen Charts-Regionen und brachte Avril Lavigne wenig später gar einen Weltrekord ein: Mit ihrem Debütalbum landete sie auf Platz 1 der britischen Charts und war mit ihren 18 Jahren die jüngste Künstlerin, der das gelungen war. «Complicated» verpasste die 1 in vielen Ländern nur haarscharf. Bei uns in der Schweiz landete sie wie auch in Österreich und den USA auf Platz 2, in Deutschland und dem Vereinigten Königreich auf der 3.