Veröffentlicht am 08. Juni 2022

Greenfield Festival Bandcheck: Wie gut sind die Headliner in Form?

Unser Autor sah die Headliner des Greenfield Festivals (Volbeat, Korn. Billy Talent) sowie Baroness bereits am vergangenen Wochenende auf einem anderen Festival. Nach zwei Jahren Zwangspause darf man da schon mal fragen: Können die’s noch?

Journalist
1987
Blick auf das Greenfield Festival

Von Donnerstag bis Sonntag kehrt auch das Greenfield Festival in Interlaken aus der Pandemiepause zurück und wird dabei vor allem die Rockfans beglücken. Das Line-up bespielt nämlich fast alle Gangarten der härten Rockmusik: Von Hardcore-Helden wie Agnostic Front, über Stadion-Punk mit Linksdrall wie Rise Against!, Space-Opera-Metal von Gloryhammer bis zu Pop-Punk der jüngeren (Boston Manor) und der älteren (Lagwagon) Generation ist für jede Gitarrenschublade was dabei. Da einige der Headliner bereits am vergangenen Wochenende auf dem Rock am Ring Festival in Deutschland spielten, hat unser Autor mal gezielt einen Blick auf jene Acts geworfen, die an diesem Wochenende auch in Interlaken sind. Nach zwei Jahren Zwangspause darf man halt schon mal fragen: Bringen die’s noch? Alle Informationen zum Greenfield Festival findet ihr derweil hier.

Korn (Donnerstag, 23 Uhr, Jungfrau Stage)

Wenn man sich beim Rock am Ring so anschaute, wie Korn nach ihrem furiosen Gig auf der Hauptbühne noch einmal gemeinsam den Bühnensteg ins Publikum entlangliefen, der Menge applaudierte, sich grinsend verneigten, Gitarrenplektren und Drumsticks in die Crowd warfen und regelrecht im Applaus badeten, musste an feststellen: Ja, Korn bringen es noch! Allen voran natürlich Frontmann und Sänger Jonathan Davies, dessen wallende Mähne zwar schon ein wenig ergraut ist, der aber immer noch eine furiose Energie auf die Bühne bringt – stimmlich und in Sachen Bühnenmeter. Und Korn wissen, was ihre Fans wollen: Sie spielten vom gar nicht so schlechten aktuellen Album «Requiem» nur das gerade ganz gut zur Zeit passende «Start The Healing» und «Worst Is On It’s Way» – ansonsten gab es jene Songs, die sie zu Vorreitern des Nu Metal machten und zu einer der wenigen Bands, die man aus diesem Genre noch immer feiern kann. Vor allem das biestige «Freak On A Leash» vom 98er-Klassiker «Follow The Leader» bringt noch immer jede:n in Bewegung – und das Finale mit «Blind», dem Opener ihre selbstbetitelten Debütalbums, holte wirklich alle ab, die in Hörweite waren.

Volbeat (Freitag, 23: 30Uhr, Jungfrau Stage)

Bevor wir zu Billy Talent kommen, müssen wir über Volbeat reden: Denn hier gingen die Meinungen der Fans am letzten Wochenende weit auseinander. Die eigentlich kultisch verehrten Dänen absolvierten ihre Show stoisch und breitkreuzig, aber durchaus wuchtig. Und sie umrahmten ihre Performance mit zwei ihrer grössten Hits, begannen mit «The Devil’s Bleeding Crown» und endeten mit «Still Counting». Frontmann Michael Poulsen nahm aber auch mal das Tempo raus und sorgte mit dem perfekt gesungenen «Fallen» für Stadionrock-Gänsehaut – selbst unter den härten Rockfans. Trotzdem mehrten sich gerade bei Twitter die Stimmen, dass Volbeat ein wenig von ihrem Drive eingebüsst haben – wobei sich die Kritik vor allem an den Songs des aktuellen Album «Servant Of The Mind» entlud, das vielleicht einfach noch nicht so gut live funktionierte.

Billy Talent (Samstag, 23:30 Uhr, Jungfrau Stage)

Der Volbeat-Gig hatte sozusagen direkte Auswirkungen auf die Show von Billy Talent, die auf der zweitgrössten Bühne und als letzter Gitarren-Act des Wochenendes für ein fantastisches, kurz mal brenzliges Festivalfinale sorgten: Das Publikum war schon beim ersten Song stattlich und nach und nach schien sich auf dem Gelände herumzusprechen, dass Benjamin Kowalewicz und seine Kollegen nicht weniger als einen Abriss veranstalteten. Hits wie «Surrender», «Red Flag» und «Fallen Leaves» liessen die Menge auf und ab springen und brachten tausende zum Mitsingen. Ausserdem gab es eine besonders emotionale Premiere: Billy Talent coverten zum ersten Mal in ihrer Bandgeschichte einen Song und spielten «Everlong» von den Foo Fighters in Gedenken an ihren Freund und Kollegen Taylor Hawkins. Da verdrückte sich so manch einer mal eine kleine Träne. Am Ende der Show wurde es dann aber leider kurz gefährlich: Nach dem Ende des Volbeat-Gigs drückten immer mehr Menschen vor die Bühnen und in den ersten Reihen mussten die ersten erschöpften Fans herausgezogen werden. Um die heikle Situation zu entschärfen, verzichtete die Band auf eine Zugabe – und stattdessen bat ein Sprecher des Festivals die Fans, das Gelände zu verlassen. Das wird beim Greenfield zum Glück wohl nicht passieren – denn hier spielen sie ja schon auf der grössten Bühne, wo sie nach Shows wie dieser auch hingehören.

Baroness (Freitag, 15:35, Jungfrau Stage)

Kein Headliner beim Greenfield, aber eine ausdrückliche Empfehlung von uns: die ebenso experimentierfreudig wie heavy aufspielende Band Baroness um Sänger, Gitarrist John Baizley und Sängerin sowie Gitarristin Gina Gleason (die seit 2017 dabei ist), darf man nun wirklich nicht verpassen. Schon ihr 2012er-Album «Yellow & Green» zeigte mit Songs wie «March To The Sea» und «Take My Bones Away», wie man Metal, Prog, Doom aber hin und wieder auch Jazz-Vibes und hypnotische, elektronische Momente zu einem ganz eigenen Soundmix verrühren kann, der zugleich organisch und zukunftsweisend klingt. Ihr 2019 von der Kritik und den Fans gleichermassen gefeiertes Album «Gold & Grey» ging dann in allem noch ein paar Schritte weiter. Auf dem Rock am Ring brachten Baroness ihr eindrucksvolles Oeuvre in einer Lautstärke und Perfektion auf die Bühne, die einen ganz kirre machte.

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