Falling In Reverse und ihr «Popular Monster»
Das neue Album der US-Rockband Falling In Reverse heisst nicht zufällig «Popular Monster». Frontmann Ronnie Radke ist bekannt für seine provokanten Aussagen und Aktionen – und das pixelige Cover der Platte (Foto) sieht nicht umsonst aus wie ein Mugshot von ihm. Im November kommt die Band nach Zürich und spielt am 17. im X-TRA.
Über Ronnie Radke und seine Band Falling In Reverse gibt es kilometerlange Threads im Internet. Worum es da geht, erörtern wir später. Denn erst einmal muss man sagen, dass diese Band, die 2008 von Radke aus dem Gefängnis heraus gegründet wurde, musikalisch mit zum spannendsten gehört, was die amerikanisch Emo-Alternative-Armada in den letzten Jahren hervorgebracht hat.
Das liegt vor allem Radkes Songwriting und seinen Gesangs- und Geschrei-Skills. Das Pathos mag immer Emo-like auf Anschlag sei, aber Falling in Reverse rauschen gerne durch die Stile. Mal singen sie theatralische Balladen, mal ballern sie gen Metalcore, mal rappt Radke gar nicht mal so übel. Zuletzt ging die Band viral, als sie Papa Roachs totgespielten Crossover-Sargnagel «Last Resort» zu einer düsteren Power-Ballade machten.
Over-the-Top-Metal und Hitsingle mit Country-Star
«Popular Monster» greift wieder in viele Stil-Schubladen. Die Hitsingle «All My Life» zum Beispiel ist eine Zusammenarbeit mit Jelly Roll, der Südstaatenrock mit Rap mixt und vor allem im Country seine Fans findet.
Ronnie Radke sagte in einem Interview, über «All My Life»: «Der Chorus ist einfach so dermassen catchy und ‘on the nose’. Man hört glaube ich, dass ich in diesem Song vor allem Spass haben wollte. Es ist nur ein Country-Song, den du mitsingen kannst und bei dem du nicht allzu viel nachdenken musst.» Es sei ein Lied darüber, wie es sich anfühlt, «dein ganzes Leben lang ein Fuck-up mit eine grossen Herzen» gewesen zu sein.
Der Song sei ausserdem das exakte Gegenteil von «Ronald», den er zuvor als Single veröffentlicht hatte. Ein aggressiver, futuristischer «Over-the-Top-Metal»-Song, wie Radke sagt. Auch hier hat er namhafte Gäste dabei: US-Rapper Tech N9ne und den russischen Deathcore-Shouter Alex Terrible von Slaughter To Prevail.
Hate dank kontroverser Aussagen
Und damit sind wir schon in dem Gebiet, in dem die eingangs erwähnten Threads im Internet eine Rolle spielen. Denn Alex Terrible als Co-Sänger zu wählen, ist nicht unproblematisch. Der fiel oft durch trans-feindliche Aussagen auf, schwadronierte darüber, was es heisst ein «echter Mann» zu sein und trägt Tätowierungen von Symbolen, die vor allem in der rechten Szene genutzt werden. Von der distanziert sich die Band zwar, aber das glauben längst nicht alle (in diesem Interview äusserst sich Terrible darüber.)
Ronnie Radke dürfte jegliche Aufregung darüber freuen, gefällt er sich doch selbst in der Rolle des sehr erfolgreichen «Popular Monster». Schon die Gründung der Band führt direkt in die Haftanstalt. Denn dort gründete Radke die Band, die eigentlich Behind These Walls heissen sollte, was aus Copyright-Gründen nicht aufging. Radke sass ein, weil er gegen seine Bewährungsauflagen verstossen hatte.
2006 war Radke in eine Auseinandersetzung in seiner Heimatstadt Las Vegas verwickelt, bei der ein 18jähriger erschossen wurde. Radke war nicht der Täter, aber da Radke bereits wegen Drogenbesitz vorbestraft war und einen Schlagring dabei hatte, bekam er fünf Jahre auf Bewährung.
Als das regelmässige Melden bei seinem Bewährungshelfer nicht funktionierte, musste er schliesslich in den Knast. Das Cover von «Popular Monster» ist übrigens tatsächlich ein Mugshot aus seinen Jahren als Kleinkrimineller in Las Vegas.
Transfeindliche Sprüche und geschmacklose Witze
Ronnie Radke fühlt sich anscheinend wohl, wenn er Ärger am Hals hat. Er reisst im Internet gerne das Maul auf – schiesst dabei aber oft auf Minderheiten. Vor allem ein Twitter-Rant gegen trans Menschen zog vor einigen Jahren weite Kreise. Radke ist der Meinung, es gäbe nur zwei Geschlechter, man würde die Kids dazu drängen, ihr Geschlecht zu wechseln und man wisse ja gar nicht mehr, wann eine Frau eine Frau sei.
Ein User kommentierte daraufhin: «Es ist ganz einfach: Alle, die sich als Frau identifizieren, sind eine.» Radke Antwort darauf: «Cool, dann identifiziere ich mich jetzt als Schwarzer Mann. Krieg ich jetzt Reparationszahlungen?» Radke betont zwar immer, er mache bloss Witze – aber die bringt er ganz schön oft. Dass sich Radke zu dem Zeitpunkt bei Twitter «Michael Jackson» nannte, macht die Sache nicht lustiger.
Wie sehr auch die eigene Szene mit Ronnie Radke hadert, kann man zum Beispiel in diesem Reddit-Thread «Why exactly do people hate Ronnie Radke» nachlesen. Was aber dabei aber immerhin nie angezweifelt wird: Die Qualität seiner Musik mit Falling In Reverse.
Und auch das Punk-Label Epitaph, das von Bad-Religion-Gittarist Brett Gurewitz gegründet wurde, hält ihn wohl weiterhin mit einem «fuck-up mit grossem Herzen», selbst wenn sich Ronnie Radke manchmal im Ton vergreift.
Falling In Reverse werden am 17. November im X-TRA in Zürich spielen. Tickets und weitere Infos gibt’s hier.