Veröffentlicht am 10. April 2024

TikTok liebt diesen 40 Jahre alten Italo-Schlager

Im letzten Sommer ging «Sarà perché ti amo» von Ricchi e Poveri auf der Social Media-Plattform steil und auch in diesem Jahr dürfte die sonnige Nummer das eine oder andere Video untermalen. Wer den Song hingegen live hören will, sollte sich das Moon&Stars Festival im Kalender eintragen – dort spielt Italo-Pop Band ein exklusive Konzert.

Journalist
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Eltern und ihre Kinder liegen sich mit Freudentränen in den Armen. Zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte können sie sich auf denselben Lieblingssong einigen. Doch wie ist es zu diesem generationenübergreifenden Zufallserfolg gekommen? Wie ein Inspektor Columbo in sockenlosen Wildleder-Loafers sind wir dem Fall auf den Grund gegangen. Doch zunächst einmal:

Die Band, der Song

Ricchi e Poveri wurde 1967 von Franco Gatti, Marina Occhiena, Angela Brambati und Angelo Sotgiu in Genua gegründet. Die Gruppe landete insbesondere in den 1980ern mit electropoppigen Hits wie “Mamma Maria” und “Made in Italy” internationale Erfolge. Als ihr grösster Wurf stellte sich “Sarà perché ti amo” heraus, der in Italien und Frankreich auf Platz 1 der Charts landete und auch in Spanisch und Englisch eingesungen wurde.

Soweit, so ohrwurmig. Doch nun zum Comeback.

Phase 1: Anpfiff!

Italien liebt Fussball. Molto, sogar. Doch weil Fussball oft langweilig ist, müssen sich die Fans im Stadion andersweitig unterhalten. Sie tun das mit Chorgesängen von einem Lied, das sie besonders mit ihrem Club assoziieren. Für das Publikum vom AC Milan ist es “Sarà perché ti amo”. Der Song wird jeweils bei Heimspielen vor dem Einzug des Teams im Stadion San Siro gespielt und lautstark mitgejohlt.

Grund zum Johlen hatten die Anhängerinnen und Anhänger vom AC Milan in den letzten Wochen zuhauf. Im April erreichte der Club zum ersten Mal seit 2007 das Halbfinale der UEFA Champions League. Videos, wie volle Fussballstadien und die Spieler vom Team im Tourbus die inoffizielle Clubhymne aus vollem Hals singen, entzückten auf Social Media.

Phase 2: Aufhorchen!

Während Fans des AC Milans ihre Clips auf Instagram und TikTok mit “Sarà perché ti amo” untermalten, kletterte der Song im Frühling immer weiter nach oben in die Audio-Trends der Plattformen. Plötzlich waren es nicht mehr nur die vom Sieg berauschten Tifosi, sondern alle Ragazzi, die ihre Videos mit “irgendwas aus Italien” musikalisch aufhübschen wollten - und dazu auf eines der top gerankten Suchresultate zurückgriffen.

So fand “Sarà perché ti amo” den Weg aus dem Stadion und landete auf jedem Instagram-Reel, in dem Negroni schlürfende Touristen ihren Adria-Trip wie die zweite Staffel von “White Lotus” inszenierten.

Auch auf TikTok schmierten sich jetzt all die cuten Bambinos das Haargel nur noch zum Engelsgesang von Ricchi e Poveri ins Haar, um ihren Followern einen Crashkurs im Dolce Vita zu geben.

Phase 3: Abgehen!

Der Viral-Hit war somit perfekt. Ricchi e Poveris italienischer Himmel voller Geigen ist auf den SoMe-Plattformen inzwischen so beliebt, dass “User” ihren “Content” zum “trending” Song “createn” in der Hoffnung, ihre Reels und Videos würden dadurch prominenter angezeigt. Das schlug sich auch in den Charts nieder: Zum ersten Mal seit 1981 war im “Sarà perché ti amo” wieder in die Hitparaden der Schweiz, Deutschland und Österreich eingestiegen.

Einer, der diesen zweiten Sommer des Liedes leider nicht mehr erleben kann, ist Gründungsmitglied Franco Gatti. Im Oktober 2022 starb er im Alter von 80 Jahren. Wohlauf ist dagegen der Rest der Gruppe und die schaut in diesem Sommer auch in der Schweiz vorbei. Ricchi e Poveri eröffnen das Moon&Stars Festival am 11. Juli in Locarno.

Schlussphase: Nachschlag!

Du hast dir jetzt eine Vespa bestellt und die Thermoskanne mit Spaghetti ai frutti di mare gefüllt? Bene. Doch für den Fall, dass dich “Sarà perché ti amo” nicht komplett durch den Sommer bringt: Hier drei happy-happy Italo-Klassiker, die ebenso eine Renaissance verdient haben.

Al Bano & Romina Power: Felicita

Umberto Tozzi: Gloria

Oliver Onions: Santa Maria

Italo-Sehnsucht live gibt's am Moon&Stars Festival. Sämtliche Infos und Tickets gibt's HIER.

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Das Indie-Rock-Duo Seafret kommt nach Zürich und Bern

Hoffnung erfordert Mut. Wonderland, das neue Album Jack Sedman und Harry Draper alias Seafret bietet beides in Hülle und Fülle. Mit eben diesem Album und ihren bekanntesten Hits kommt das gefeierte Duo im Herbst in die Schweiz.

«Wonderland» ist das Ergebnis von zwei Jahren Arbeit der Bandmitglieder und langjährigen Freunde Jack Sedman und Harry Draper. Es ist ein grossartiges Werk, das die Hörer:innen durch die Geschichte der Band führt, von Herzschmerz und Verlust bis hin zu den Freuden der Liebe und des neuen Lebens. «Es ist das Projekt, das uns bis hierher am meisten mit Stolz erfüllt», sagt Sedman. «Das, in das wir am meisten investiert haben und mit dem wir emotional verbunden sind.»

Sobald sie den Titel gefunden hatten, stellten sich Seafret das Album als eine Geschichte vor, in der sich die Dunkelheit in Licht verwandelt. «Wir haben versucht, ein Gleichgewicht auf dem Album zu finden, so dass es einige Songs gibt, die von Herzschmerz handeln, und andere, die wirklich erbaulich sind», betont Draper. «Mit Wonderland verlassen wir ein wenig unsere Komfortzone, und wir erleben, dass die Leute unsere Musik genauso lieben, wenn wir das tun.»

«Unsere Stücke müssen immer etwas Echtes an sich haben», sagt Sedman. Er erinnert sich an den Rat seines Vaters, dass ein Publikum immer erkennen kann, wenn ein Künstler aus einer anderen Perspektive singt als seiner eigenen. «Die Leute erkennen echte Gefühle.»

Möglicherweise hat auch dies dazu beigetragen, dass Seafrets Debütalbum «Tell Me It's Real» hiess. Es wurde 2016 veröffentlicht, erreichte in Grossbritannien die Charts und erhielt positive Kritiken, die die «Momente echter Schönheit» und die zarten Gefühle lobten. Aber zu diesem Zeitpunkt, so Draper, waren sie den grossen Labels bereits überdrüssig geworden. «Wir zogen uns ein wenig zurück», sagt er. «Wir wollten wirklich ein richtiges Zuhause für unsere Musik.» Es war eine schwierige Zeit: Dem Duo, das zu diesem Zeitpunkt kaum aus dem Teenageralter heraus war, wurde gesagt, dass sie ihre Chance verpassen würden, wenn sie sich von den grossen Labels abwenden würden. «Das hat uns nur noch mehr angespornt», sagt Draper und grinst. Ihr zweites Album, «Most Of Us Are Strangers», aus dem Jahr 2020, entstand in acht Wochen in einem Glasgower Studio mit dem Produzenten Ross Hamilton. «Das war ein grosses Risiko für uns», räumt Sedman ein. Es hat sich natürlich ausbezahlt. Das Album erregte die Aufmerksamkeit nationaler Publikationen, darunter The Times, die das «hochwertige Songwriting» und den vollendeten Sound der Band hervorhob.

Seafret supporteten ihr Album mit einer Europatournee, bevor ihr Zeitplan sie für eine Reihe von Heimatshows zurück nach Grossbritannien brachte. Doch mit dem Ausbruch der Pandemie wurde die Tournee jäh gestoppt. Live-Musiklokale wurden geschlossen, die Tournee der Band wurde drei Konzerte vor Schluss abgesagt, und das Duo fühlte sich, als stünden sie wieder am Anfang. Draper war in Leeds, während Sedman zurück in Bridlington war: «Ich hätte nie im Leben gedacht, dass ich wieder hier landen würde», sagt Sedman. Und lange Zeit mussten sie warten. «Das kann einen ganz schön belasten», erinnert sich Draper. «Man gerät in diesen dunklen Raum. Aber wir haben einfach versucht, weiterzuschreiben, und eigentlich waren wir noch nie so produktiv wie während des Lockdowns. Und wir sind wirklich stolz auf diese Songs.»

Wonderland wurde geschrieben, als Draper und Sedman mit ihren Partnern Familien gründeten, und beweist ihr bemerkenswertes Talent für Songs, die das gesamte Spektrum menschlicher Gefühle abdecken. Der Opener «Never Say Never» zum Beispiel ist ein herzzerreissender Folk-Pop-Song, der mit flirrenden Percussions und romantischen Gitarrenlicks, die an The Police erinnern, gestaltet ist. « I was never good at giving in », singt Sedman, «keep fighting for an open door/ No I'll never say never, no more». Im Refrain erhebt sich seine Stimme zu einem schillernden Falsett, das vor Entschlossenheit strotzt.

Die aktuelle Single «See I'm Sorry» - ein linkslastiger Popsong, der von Grammy-Gewinner Dan Grech-Marguerat produziert wurde - war einer der letzten Songs, die dem Album hinzugefügt wurden, als Sedman und Draper feststellten, dass ihre kreative Ader einfach nicht aufhörte. «Wir dachten, die Platte sei fertig», gibt Sedman lachend zu, «aber wir schrieben weiter...». Der Track dient als Mea Culpa für «all die kleinen Fehler, die man im Leben macht».

Seafret, die in der Anfangsphase ihrer Karriere einen Major-Label Deal bekommen haben und nach London zogen, stehen inzwischen auf eigenen Beinen. Drapers üppige Produktion von Wonderland zeigt, dass ihnen das gut bekommt. Sie arbeiteten mit einigen der renommiertesten Produzenten Grossbritanniens zusammen, von Cam Blackwood (Florence and the Machine, George Ezra, London Grammar) bis Steve Robson (Miley Cyrus, One Direction, Take That). «Ich denke, es ist wirklich mutig, das zu tun, denn wir haben die grossen Labels durchlaufen und mit den grossen Produzenten gearbeitet, und wir haben immer noch Verbindungen zu ihnen», sagt Sedman und lobt seinen Bandkollegen dafür, dass er den Schritt gewagt hat. «Durch das Produzieren dieser Platte habe ich den ganzen Prozess kennengelernt, daher ist es für mich in dieser Hinsicht etwas ganz Besonderes», erklärt Draper. «Wenn man sich in diese verletzliche Position begibt, in der man so etwas noch nicht gemacht hat, gibt es keine Grenzen. Man ist nicht auf seine Gewohnheiten festgelegt. Und das hat mir in kreativer Hinsicht wirklich geholfen.»

Während «Wonderland» zweifelsohne Seafrets bereits beachtliches Publikum erweitern würde, erfuhren sie während des Aufnahmeprozesses einen zusätzlichen Popularitätsschub. Eine beschleunigte Version ihrer 2016 erschienenen Single «Atlantis» aus ihrem Debütalbum ging auf TikTok viral und verzeichnete 1,7 Milliarden Aufrufe mit dem Hashtag des Songs und bis heute mehr als 400 Millionen Streams auf Spotify. «Es ist einfach verrückt», sagt Sedman. «Wir hatten zu der Zeit noch nicht einmal TikTok, also haben uns die Leute erzählt, was passiert ist. Das hat uns in unserer gesamten Karriere angespornt, diese Reaktionen von Menschen aus verschiedenen Ländern auf der ganzen Welt zu bekommen.» Draper fügt hinzu: «Es ist unglaublich, weil der Song 2016 schon herauskam. Und wir lieben TikTok jetzt - es gibt dort so viel Talent! Es ist wirklich inspirierend

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