Die Songs der Woche mit Patent Ochsner, Nina Chuba und Zucchero
Patent Ochsner singen Spanisch, Nina Chuba badet in der Tristesse und Zucchero covert die 80er. Entspanntes und Trauriges – wir haben alles.
Patent Ochsner – «Mariana Sanchez»
Kommt uns ein wenig spanisch vor. Vermutlich weil Bühne Huber die ersten paar Takte mit spanischen Worten überlegt. «Mariana Sanchez» ist chilled, laid back und die gute Frau tanzt mit einer Nonchalance ins Wochenende, dass uns der Atem stockt.
Und nachdem Frau W. Nuss von Bümpliz schon die Welt gerettet hat, tut dies nun Frau Sanchez. Sie lädt in ihr Universum und scheint, eine kleine Heilige zu sein. Ungefähr so interpretieren wir die Geschichte, in der sich Büne Huber hier wiederfindet.
Ob er «Mariana Sanchez» irgendwie in Kalabrien geschrieben hat oder mit einem guten Glas Rioja am Flügel, wir wissen es nicht. War wir wissen: Diese Nummer kann ganz gut und besticht eher durch ihre mediterrane Art als durch poetischen Tiefgang.
Nina Chuba – «Fata Morgana»
Irgendwie werden wir das Gefühl nicht los, dass Nina Chuba derzeit gerne in Traurigkeit badet. Bereits im Duett mit Ennio («Fühlst du gar nichts?») demonstrierte die Hamburgerin kürzlich, dass der Wildberry Lillet bereits ausgetrunken ist und der abgestandene Resten im Glas nur noch einen schalen Nachgeschmack hinterlässt. Traurig, halt.
Jetzt tut sie es wieder und liefert mit «Fata Morgana» einen Schmachtfetzen, der kaum zum Tanz einlädt. Traurig, halt. Und kann Chuba sonst ganz gut auf der Rap-Schiene, so ist das hier eher Lindenberg, Tokio Hotel oder Juli . Die Midtempo-Ballade besticht durch Gitarren, Düsterheit und erzählt das Leiden der Liebesgeschichte im finalen Kapitel.
Das finden wir ganz ok und trotzdem wünschen wir uns die hämmernden Beats wieder ein wenig zurück.
Julie Meletta – «Crime»
Dort wo man sonst nicht hält, hallt es unglaublich erfrischend aus der provinziellen Tessiner Einöde. In Bellinzona lebt Julie Meletta, ein Juwel «in the making». Diese junge Frau lässt Poprock mit einer ordentlichen Portion Frankophonie derart verschmelzen, dass man mit Delon und Marceau um die Wette «pogen» möchte. Und zwar zuvorderst im Moshpit, wo teures Parfum, Schweiss und Pastis in Symbiose emittieren.
«Crime» ist nur ein Fünftel der neuen EP, welche die Tessinerin diese Woche veröffentlicht. Die Poprock-Nummer hat derart viel Charme, dass man sich gleich noch einen zweiten Pastis einschenkt. Dazu benötigt Meletta eine fette Basslinie, eine süsse Melodie und nicht zuletzt eine Stimme, die uns wohl das Telefonbuch von Vevey derart hauchen könnte, dass sie noch am Bodensee für Gänsehaut sorgt.
Noch nie hat Schweizer Musik den Retro-Chic derart schön transportiert, dass er selbst in der Gegenwart funktioniert.
Zucchero – «Sailing»
Was tut man, wenn man keine grossen Ideen mehr hat? Richtig, man covert Songs. Und dies tut Zucchero bereits zum zweiten Mal innert drei Jahren. Der italienische Superstar schickt mit «Discover II» sein zweites Album ins Rennen, auf dem er all seine Lieblingslieder neu wiedergibt. Ob das gut ist? Das dürfen gerne sämtliche Zucchero-Fans weltweit beurteilen.
Diese Woche erscheint mit «Sailing» gleich ein zweiter Auszug aus dem Langspieler. Zucchero nahm sich Christopher Cross' Klassiker vor. Uns scheint der Song aber masslos überproduziert. Bestach das Original vor allem durch eine sanfte Simplizität, vergeht sich der Italiener hier mit einer musikalischen Brechstange an einem Welthit. Che fa un po' male...
Jeremias – «Sag mir was ich nicht weiß»
Das Ding könnte auch gut als die deutsche Antwort auf Nothing But Thieves durchgehen. Jeremias neuster Song ist eine Wucht – und sie demonstriert eindrücklich, zu was die Hannover Band fähig ist. Sie kann Balladen, die runtergehen wie Öl und für die Ewigkeit bleiben («Grüne Augen»). Und sie kann auch Alternativ-Pop im Vorwärtsgang.
«Sag mir was ich nicht weiß» ist eine Steilvorlage, es in der Konzerthalle so richtig eskalieren zu lassen und der lebende Beweis dafür, dass hier etwas ganz Grosses noch grösser werden wird. Fast 2,2 Millionen Hörer:innen auf Spotify sprechen eine klare Sprache.
Hier trifft Kunst auf Hit, Authentizität auf Fans und clevere Ideen paaren sich mit einem durchdachten Songwriting.
Charli Puth – «December 25th»
Ob dies ein Witz oder eine musikalische Form der Satire ist? Wir hoffen es für Charli. Denn der doch sonst so kreative Musikmacher nimmt sich «Last Christmas» von Wham als Vorlage für eine unglaublich bescheidene Blaupause. Fast möchten wir «Pfui» schreien, denn ein derart offensichtliches Fabrikat kann fast nur Satire sein. Also doch.
Das war natürlich nur ein kleiner Auszug der aktuellen Neuveröffentlichungen. Weitere für die Schweiz relevante gibt’s in dieser Playlist: