Veröffentlicht am 13. April 2023

Carpenter Brut: Zu spät aber genau zur richtigen Zeit

Franck Hueso, besser bekannt als Carpenter Brut, macht elektronische Musik für dreckige Kellerdiscos. Brachial, treibend und aggressiv und damit eigentlich komplett am Zeitgeist vorbei. Ein Labsal für alle, die aktueller Clubmusik nichts abgewinnen können.

Journalist

Mitter der Nullerjahre macht die Clubszene einen fundamentalen Wandel durch: Gelangweilt vom Minimal-Techno, der seit längerer Zeit die Tanzflächen beschallt, entsteht eine Gegenbewegung, die sich komplett dem Grössenwahn verschreibt. Acts wie Justice, Boys Noize und Kavinsky zünden Rave-Fanfaren, deren Breitwand-Synthesizer selbst dem stabilsten Hörer erst Mal die Augenbrauen wegrösten.

Musikalisch beginnt man dort, wo The Prodigy aufgehört haben, lässt dazu ein paar Gitarren aufheulen und multipliziert das Ganze mit Daft Punk’schen French House. Der Begriff «New Rave» etabliert sich und das neugeborene Sub-Genre vereint ausrastende Mengen unter einer brennenden Discokugel.

Insert Coin

Als Hueso 2012 seine erste EP herausbringt, ist der Hype jedoch schon wieder vorbei, die Fans weitergezogen und die schnelllebige Clubszene hat sich neu orientiert. Zwar hat «EP I» den Fuss eher im Synthwave und damit in den 80er-Jahren, aber derartige Nuancen sind dem Mainstream egal - Carpenter Brut ist schlicht zu nahe am Trend von Vorgestern.

Weniger egal ist es jedoch den Herstellern des Videospiels «Hotline Miami 2: Wrong Number», die erst «Escape From Midwich Valley» in einem Trailer und anschliessend zwei weitere Songs von Hueso im Soundtrack des Games verwenden.

«Hotline Miami 2: Wrong Number» exponiert Carpenter Brut einem grösseren Publikum und vor allem der Videospiel-Industrie, die Hueso schon wenig später den nächsten Auftrag einbringt: Für den Action-Shooter «Furi» produziert der Franzose gemeinsam mit seinem Landsmann Simon Delacroix aka The Toxic Avenger gleich den kompletten Soundtrack.

Synthie-Metal & Space Operas

Gleichzeitig arbeitet Carpenter Brut an seinem zweiten Album. Das Debüt, «Trilogy», erschien 2015, war aber nicht viel mehr, als eine Kompilation der ersten drei EPs und erregte deshalb kaum Aufmerksamkeit. «Leather Teeth» macht es besser. Der Zweitling ist zwar nur acht Songs gross, kommt dafür aber komplett ohne Füller aus. Wer schon immer wissen wollte, wie 80’s-Metal klingt, wenn er komplett mit Synthies eingespielt wird, erhält hier die Antwort darauf.

Den Soundtracks bleibt Hueso unterdessen treu. 2019 liefert er den Score für «Blood Machine», eine 50-minütige Sci-Fi-Space-Opera, irgendwo zwischen Drogenrausch und Kunststudium-Ästethik. Für den Produzenten ist die Filmmusik sicher auch ein weiterer Haken auf der persönlichen Bucket List, bedient er sich doch für seinen Stagenamen beim Kult-Horror-Regisseur John Carpenter («The Thing», «Halloween», u.a. ).

Im letzten Jahr legte Franck Hueso dann mit «Leather Terror» nach, dass seiner Soundline natürlich treu bleibt. Diese wirkt im Jahr 2023 noch ein bisschen mehr aus der Zeit gefallen, aber gut 15 Jahre nach Justice, Boys Noize und Co. wären wir eigentlich ready für ein Revival. Carpenter Brut ist es ebenfalls.

Carpenter Brut spielt am 5. November eine exklusive Show im Z7 in Pratteln.

Sämtliche Infos und ein Kontingent an vergünstigten Tickets findet ihr hier.

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