Veröffentlicht am 09. Februar 2023

Braucht es in Zukunft noch Songwriter:innen?

Systeme, die auf künstlicher Intelligenz basieren, sind in aller Munde. Besonders präsent ist der Algorithmus ChatGPT, der flüssig mit uns kommuniziert. Jetzt hat Google eine KI kreiert, die Musik erzeugen kann. Braucht die Welt in Zukunft überhaupt noch Songwriter:innen aus Fleisch und Blut?

Journalist

«The future is now» lautet die Caption unter einem Instagram-Post von David Guetta. Der erfolgreiche DJ erzählt, wie er mit der Hilfe von künstlicher Intelligenz Eminems Stimme für einen neuen Track repliziert hat. Der 55-Jährige nutzt ein KI-basiertes Programm, das Texte in verschiedenen Stimmen wiedergeben kann. «Natürlich werde ich es nicht kommerziell vermarkten», merkt er an. Programme wie diese fluten das Internet und sind frei zugänglich für jeden. Nun hat Google einen Algorithmus entwickelt, der weiter ist als alle anderen. Während Guetta sich über die Zukunft der KI-Musik freut, gibt es auch kritische Stimmen.

Hi, «MusicLM»

Im Januar 2023 veröffentlichte das KI-Team von Google ein Dokument, welches die Zukunft der Musikproduktion komplett verändern könnte. Darin wird ein neues Modell vorgestellt. Dieses kann aus Textaufforderungen minutenlange Musikstücke erzeugen. Das System trägt den Namen «MusicLM» und wird bis jetzt noch nicht der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. In der Vergangenheit gab es bereits viele Anläufe mit künstlicher Intelligenz Musik zu erschaffen, jedoch immer erfolglos. Google hat es jetzt als Erster geschafft.

Es ist so simpel

Man tippe einfach eine Textbeschreibung dessen ein, was das Musikstück zum Ausdruck bringen soll und die KI setzt das Ganze in Sound um. So kann eine Formulierung lauten: «Eine Fusion aus Reggaeton und elektronischer Tanzmusik mit einem spacigen, ausserweltlichen Klang. Erzeugt den Eindruck, im Weltraum verloren zu sein. Die Musik soll Staunen und Verwunderung hervorrufen und tanzbar sein.» Das System komponiert daraus dann ein 30-sekündiges Stück.

Google hat die KI mit einem Datensatz von 280’000 Stunden bereits komponierter Musik darauf trainiert, Songs basierend auf komplexen Textbeschreibungen zu generieren. Der digitale Komponist verarbeitet also im Grunde nur bereits existierendes Material neu. Was uns zur ersten Problematik dieses Systems führt.

Google klaut Musik

Nicht nur Musik lässt sich mit der KI erstellen, auch für Bilder und Texte funktioniert das längst. Möglich gemacht haben das aber nur bereits vorhandene Werke. Die Entwickler:innen sagen, es komme gelegentlich vor, dass die KI bekannte Songs einfach kopiert. Das führt zu schwierigen Urheberrechts-fragen. Der US-Konzern stellt die Software unter anderem aus diesem Grund nicht der Öffentlichkeit zur Verfügung. Das Risiko einer potenziellen Zweckentfremdung kreativer Inhalte sei zu gross. Doch ist das wirklich die einzige Problematik einer künstlichen Intelligenz, die auf Knopfdruck Musik kreieren kann?

Eine Gefahr für die Kreativität

Schon seit Jahrtausenden ist Musik ein fester Bestandteil der Menschheit. Es ist ein kulturelle Ausdrucks- und Verständigungsform und damit viel zu wertvoll, um sie der Technik zu überlassen. Viele Musiker:innen sind der Meinung, dass KI der zukünftigen Musikszene Schaden zufügt. Man argumentiert, dass ein Computer niemals den menschlichen Touch einer Komposition nachahmen kann. Vermutlich spricht daraus auch einfach die Angst, dass Konsument:innen in Zukunft kein Interesse mehr an «echter» Musik haben könnten.

Ein neues Zeitalter der Kreativität

Nicht alle Künstler:innen sind der Meinung, das KI die menschliche Kunst zerstört. Einige sehen es als Werkzeug an. So zum Beispiel die Künstlerin Arca, welche bereits mit KI gearbeitet hat, um neue Musik zu produzieren. «Es hat mir ein Gefühl der Erleichterung und Aufregung gegeben, dass es einen weit offenen Horizont der Möglichkeiten gibt», sagte Arca, die schon mit Kanye West und Björk zusammen gearbeitet hat, in einem Interview mit dem Magazin TIME. Künstler:innen wie Arca oder David Guetta sehen die Hürden, wie zum Beispiel das Urheberrechtsproblem, hoffen aber dennoch auf eine Zukunft, in der das Arbeiten mit KI Bestandteil der Musikindustrie wird.

Von selbstfahrenden Autos bis zu KI Maschinen, die Profis im Schachspielen besiegen – es war klar, dass es früher oder später auch die Musik erwischt. Es wird immer Menschen geben, welche die KI ablehnen. Fakt ist, sie wird in Zukunft essentiell sein und vermutlich werden sich die Musikproduzenten:innen nicht davor verschliessen können. Wenn es um die Songtexte geht, gilt es zu bezweifeln, dass die künstliche Intelligenz den Menschen in Zukunft ersetzen wird. Dazu fehlen ihr die Emotionen und die Tiefe.

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