Alle Gründe, warum wir Harry Styles lieben

Als Mitglied einer Casting-Band heraus eine ernstzunehmende Solo-Karriere zu starten ist eigentlich unmöglich. Superstar Harry Styles schafft nicht nur das. Allen Widrigkeiten zum Trotz hat er sich in den letzten Jahren auch als glaubwürdiger Schauspieler und gefragtes Model international etabliert und damit ein für alle Mal vom Boygroup-Image befreit. Er trägt, worauf er Lust hat, singt, was er fühlt und liebt Perlenketten. Für viele reicht das schon, um ihn zur (Stil-)Ikone der neuen Generation zu machen. Dass hinter seinem Erfolg mehr steckt als ein himmelblaues Gucci-Kleid auf dem Cover der US-Vogue, dürfte mit dem Streaming-Rekord seiner neuen Single «As it was» endgültig feststehen: 21,6 Mio. Spotify-Streams in 24 Stunden. In einem Monat erscheint sein neues Album «Harry's House». Grund genug, seine Karriere mal genauer zu beleuchten. Fest steht: alle lieben Harry – aber warum eigentlich?

Das Phänomen Harry Styles beginnt mit einer Casting-Show

Harry Edward Styles wird am 1. Februar 1994 in Redditch, Worcestershire, England geboren. In dem kleinen Ort Holmes Chapel, ca. 23 Kilometer nordwestlich von Robbie Williams’ Heimatort Stoke-on-Trent, verbringt er seine Kindheit und Jugend, bis er mit jungen 16 Jahren bei der Casting-Show «The X Factor» zum ersten Mal vor der Kamera steht. Als Solo-Artist stehen seine Chancen schlecht. Dafür kehrt er später als Teil der fünfköpfigen Boyband One Direction in die Show zurück. Seine ältere Schwester Gemma Styles verriet dem britischen Another Man Magazin, dass ihr kleiner Bruder nach dem Abitur eigentlich Physiotherapeut werden wollte. Stattdessen zog er nur ein paar Monate nach ihr von zu Hause aus und kehrte nie wieder zurück.

Die Idee von Marketing-Mogul (und «X-Factor»-Erfinder) Simon Cowell, alle fünf Solo-Sänger zu einer Boygroup zu formen, geht kommerziell komplett auf (obwohl sie damals nur den dritten Platz belegten). Mit über 70 Mio. verkauften Tonträgern gehören sie in die Top 10 der erfolgreichsten Boybands aller Zeiten. 2015 titelt das amerikanische Billboard-Magazin: «One Direction Beats Beatles’ Record With Fifth Top 10 Debut on Hot 100.» Trotz des grandiosen Erfolgs mit unzähligen Nr.1-Hits, ausverkauften Welttourneen, Streaming-Rekorden und massenhaft Awards, legt die Band im gleichen Jahr eine kreative Schaffenspause ein.

Er schafft das Unmögliche: Von der Boyband zum Solo-Star

Statt die Sommerferien zu geniessen, arbeitet das jüngste «1D»-Mitglied Harry Styles an seinem ersten Nummer-Eins-Solohit «Sign of the Times», der 2017 für viel Wirbel sorgt. 2021 listet das amerikanische Rolling Stone die Powerballade als Nr. 428 auf ihrer Liste «The 500 Greatest Songs of All Time» (Platz 1: Aretha Franklin mit «Respect»). Gleichzeitig legt Styles in Christopher Nolans Kriegsfilm «Dunkirk» sein viel beachtetes Schauspieldebüt hin (zählt man seinen allerersten Bühnenauftritt als Kirchenmaus in Strumpfhosen nicht mit).

Nicht nur musikalisch hat er jetzt genug von harmlosen Kinderdisco-Songs, auch äusserlich löst er sich von der Schwiegersohn-Ästhetik. Er sticht sich ein Tattoo nach dem anderen, trägt die farbigen Hemden offen bis zum Bauchnabel, lackiert sich die Fingernägel und zeigt sich mit dem Who-is-Who aus Mode, Musik und Design. Mega-Star Taylor Swift oder die Schauspielerin Olivia Wilde gehören ebenso zu seiner Entourage (und zu seinen Ex-Freundinnen) wie Gucci-Chef Alessandro Michele oder die Models Kendall Jenner und Camille Rowe. Letztere verriet dem Magazin Elle, dass sie ihn nicht nur für Bücher begeistern konnte, sondern mit ihrer Lieblingslektüre «In Watermelon Sugar» von Richard Brautigan auch zum gleichnamigen Hit (inkl. Grammy) für sein zweites Solo-Album «Fine Line» inspirierte.

Gemeinsam mit seiner persönlichen Country-Pop-Heldin Shania Twain performte er den Song (inkl. On-Stage-Liebeserklärung an die Kanadierin) vor rund 100’000 Menschen am ersten Coachella-Abend nach zweijähriger, pandemiebedingter Pause. Als Solo-Headliner steht Styles nun mit einer ganzen Reihe berühmter Vorgänger:innen auf einer Stufe: Beyoncé, Lady Gaga, Billie Eilish, Eminem oder Drake.

Als moderne (Stil-)Ikone steht er zu seiner Vergangenheit

Harry Styles hat es geschafft, sich neu zu erfinden, ohne den Erfolg der Vergangenheit einzubüssen. Die früheren Fans nimmt er mit und gewinnt mühelos neue dazu. Heute folgen ihm fast doppelt so viele Menschen auf Instagram (44 Mio.) wie dem Band-Account von One Direction (23 Mio.). Von seiner Boyband-Phase distanziert er sich keinesfalls – er kann sich sogar eine Reunion vorstellen. Im Interview mit Hamish Bowels (Vogue US) sagt er: «Ich denke, es ist typisch, dass man aus so einer Band hervorkommt und sich fast so fühlt, als müsse man sich dafür entschuldigen, dass man ein Teil davon war. Aber ich habe meine Zeit in der Band geliebt. Es war alles neu für mich, und ich habe versucht, so viel wie möglich zu lernen. Ich wollte es aufsaugen... Ich denke, das ist wahrscheinlich der Grund, warum ich jetzt gerne reise – Dinge aufsaugen.»

Der überproduzierte Mainstream-Pop ist zum Glück verschwunden. Harry klingt erwachsener (ist er auch), die Gitarren erinnern an 70ies-Rock und sein Äusseres liegt heute irgendwo zwischen David Bowie und Mick Jagger. Er umgibt sich mit talentierten Musiker:innen (u.a. Clare Uchima, Sarah Jones, Alex Salibnian und Mitch Rowland) und macht trotzdem sein eigenes Ding. Diese Attitüde gefällt auch Vogue-Chefin Anna Wintour. Zum ersten Mal in der 128-jährigen Geschichte des Magazins war im Dezember 2020 auf dem Cover ein Mann alleine zu sehen: Harry Styles im Gucci-Kleid – lieben wir! Auch wenn er nicht der erste Mann ist, der öffentlich im Kleid posiert, setzt er dank seiner Reichweite und enormen Popularität ein richtiges und wichtiges gesellschaftliches Statement.

Und zu guter Letzt: Er ist einer der nettesten Typen im Show-Business

Egal in welcher Lebenslage, ob von Paparazzis gejagt oder von Fans verfolgt: Harry bleibt immer nett und lässt sogar seine prominenten Begleiter:innen für ein Fan-Selfie kurz warten. Beispiele? Gibt es unzählige. Als sein Auto nach einer Panne direkt vor dem Haus eines Fans liegenbleibt, sie aber nicht zu Hause ist, füttert er ihren Fisch und hinterlässt einen Brief inkl. Einladung zu seinem nächsten Konzert. Die LGBTQ+-Community feiert ihn für seinen öffentlichkeitswirksamen Support (erst kürzlich verhalf er während eines Konzerts einer Frau bei ihrem Coming-Out). Ebenso hält er als bekennender Feminist wenig von verstaubten Macho-Attitüden. Wenn er in Interviews immer wieder auf seine Beziehungen zu Frauen angesprochen wird, entgegnet er stets respektvoll und wertschätzend (wen das nicht überzeugt, sollte sich unbedingt dieses Video anschauen). Er hinterfragt Geschlechternormen und vermarktet sich nicht um jeden Preis, sondern überlegt genau, was er tut. Seinem Support-Act Madison Cunningham schrieb er via Privatnachricht auf Instagram, dass er ihre Musik mag und ob sie nicht Lust hätte, ihn auf der Tour zu begleiten. I mean? *blush*

Das mag alles gut inszenierte PR sein. Aber correct me if I’m wrong: man nimmt ihm einfach ab, was er tut und sagt. Sein Lebensmotto «Treat People With Kindness» liess er aufgrund der verschobenen Tour auf Merchandise drucken. Den gesamten Erlös sowie einen Teil aus den Ticketverkäufen spendete er an Charity-Projekte. Und damit schliesst sich der Kreis, wie er – angesprochen auf die wahre Bedeutung von Glück – im Interview mit der Vogue verrät: «Der [Lockdown] war eine wirklich gute Lektion darin, was mich jetzt glücklich macht. Er ist so ein gutes Beispiel dafür, im Augenblick zu leben. Ich bin ehrlich gesagt einfach gern mit meinen Freund:innen zusammen. Das war meine grösste Lektion.» Das kann doch unmöglich alles vorgetäuscht sein!

Am 20. Mai 2022 erscheint mit «Harry’s House» sein drittes Studioalbum und im Sommer folgen die Live-Shows. We can’t wait!