Pubblicato il 01. novembre 2024

So klingen die «Songs Of A Lost World» von The Cure

Das erste Album von The Cure seit 16 Jahren ist ein düsterer Brocken, der den Geist von «Disintegration» atmet. Robert Smith singt und klagt in den acht Songs für oder gegen das Ende der Welt und der Liebe.

Journalist

Schon seit Mai 2022 schreiben wir hier bei starzone.ch über neue Alben von The Cure. Robert Smith selbst sprach seit Herbst 2019 davon, dass es «bald» ein bis drei neue Alben seiner Band geben würde, die zwar weiterhin tourte, aber eben seit «4:13 Dream» aus dem Jahr 2008 keine Studioalben mehr veröffentlicht hatte.

2022 sagte Robert Smith dem britischen «NME» dann: «Die neuen Songs haben nicht sehr viel Leichtes an sich», sie würden sich eher nach den darkwavigen Songs aus «Disintegration» von 1989 anhören, als nach den poppigeren Titeln von «The Head On The Door». Mit diesem «schonungslosen» Konzept würde die Band «den Grossteil unseres Publikums ansprechen», so Smith.

The Cure: Alles was wir (bis jetzt) über die neuen Alben wissen | ZUM ARTIKEL

Heute kann man diese Aussagen endlich überprüfen. Nachdem The Cure schon auf den letzten Touren jeweils ein bis zwei neue Songs performten, wurde heute endlich «Songs Of A Lost World» veröffentlicht, das Robert Smith gemeinsam mit Paul Corkett produziert hat. Acht Songs sind drauf, die wir hier einzeln besprechen.

1. «Alone»

Das Eröffnungsstück, das man schon von den Konzerten kannte, gibt die Richtung vor: The Cure setzen bei diesem Album auf einen schweren Sound mit wuchtigen, langsamen Drums, dramatischen Streichern, brummenden Gitarren und Synthesizer-Sounds in Moll. Und sie nehmen sich Zeit: Wohlwissend, dass die Fans von The Cure auch und vor allem Robert Smiths dramatische, einzigartige Stimme lieben, muss man gut dreieinhalb Minuten warten, bis sein wunderschönes Klagelied beginnt.

Robert Smith sagt über den Song: «Sobald wir dieses Stück Musik aufgenommen hatten, wusste ich, dass es der Eröffnungssong war, und ich spürte, wie das ganze Album in den Fokus rückte. Ich hatte eine Weile nach der richtigen Eröffnungszeile für den richtigen Eröffnungssong gesucht und mit der einfachen Idee des 'Alleinseins' gearbeitet, immer mit diesem nagenden Gefühl im Hinterkopf, dass ich bereits wusste, wie die Eröffnungszeile lauten sollte.» Nämlich: «This is the end of every song that we sing.»

2. «And Nothing Is Forever»

Eine kurzer, leichter Moment: Das Piano zu Beginn wirkt für eine Sekunden fast beschwingt – also im The-Cure-Kontext –, aber dann setzen die tieftraurigen Streicher ein, die diesen Song prägen werden. Auch hier braucht es einige Minuten, bis die Vocals erklingen, wobei man nicht das Gefühl hat, hier würde bis zu diesem Moment irgendetwas fehlen.

The Cure steigern die hypnotische Schwere, die dieses Album auszeichnet bis an die Schmerzgrenze, dieexakt bei Minute 2.47 erreicht ist. Dann endlich singt Robert Smith und wer in diesem Moment keine Gänsehaut bekommt, der fühlt auch sonst nichts mehr. Smith Worte lesen sich geradezu romantisch, wenn man um seine seit Jugendtagen bestehende Liebe zu seiner Ehefrau Mary Poole weiss: «Promise you'll be with me in the end / Say we’ll be together and that you won't forget.»

3. «A Fragile Thing»

Die Vorab-Single ist der vielleicht eingängigste Song auf «Songs Of A Lost World», was in diesem Kontext natürlich nicht bedeutet, dass er auch nur annähernd so poppig ist wie «In Between Days» oder «Boys Don’t Cry». Trotzdem hat man hier mal einen sehr eingängigen Chorus und einen Robert Smith, der sehr melodiöse Hooks singt.

4. «Warsong»

Schon das sehr schöne Album-Artwork gibt, ebenso wie der Titel, die endzeitliche Stimmung vor. Das Cover zeigt eine Arbeit des 2021 verstorbenen, slowenischen Bildhauers Janez Pirnat. Der «Warsong» setzt voll auf diese dunkle Stimmung und entwickelt trotz seiner moderaten Spielzeit von knapp über vier Minuten eine erstaunliche Wucht.

Der wuchtige Drum-Sound, die schweren, repetitiven Gitarrenriffs, das sägende Solo und vor allem die Lyrics werden dem Songtitel mehr als gerecht, auch wenn man Smiths Zeilen entweder als Krieg zwischen zwei Liebenden lesen kann oder als Verzweiflung an der sich mehr denn je bekriegenden Menschheit: «But no way out of this / No way for us to find a way to peace / We never found before / However we regret / All we will ever know / Is bitter ends / For we are born to war.»

5. «Drone:Nodrone»

Der vielleicht schwächste Song der Platte: Hier ziehen The Cure das Tempo ein wenig an, schicken fiepende Keyboards mit nervösen Gitarren in den Ring, um die Paranoia, die aus den Lyrics spricht, abzubilden, was aber leider ein wenig schief zusammengeschustert klingt. Wobei das schon wieder fast zum etwas seltsamen, unentschlossenen Chorus passt: «So it's all, ‚Don't know, I really don't‘ / And all, ‚Think so, but maybe not‘».

6. «I Can Never Say Goodbye»

Eine Track-by-Track-Kritik ist bei «Songs Of A Lost World» eine seltsame Erfahrung, denn dieses Album ist ganz offensichtlich so angelegt, dass man sich seiner Stimmung im Ganzen hingibt und die gut 50 Minuten Spielzeit nicht in Häppchen zerlegt. Einzeln gehört, fällt bei «I Can Never Say Goodbye» zum Beispiel auf, dass sich hier das langsame Built-up wiederholt, das die Hörerfahrung schon vom ersten Song an geprägt hat. Die Traurigkeit dieses Liedes lässt sich an Robert Smiths Leben festmachen: Er singt hier über den Tod seines Bruders.

Smith erzählte das, bevor The Cure «I Can Never Say Goodbye» bei ihrem Konzert in Krakau spielten. Er sagte auf der Bühne: «My brother used to live here for a long, long time. This song’s about him.» Vor allem der Chorus, der Ray Bradbury zitiert, hallt noch lange nach: «Something wicked this way comes / From out the cruel and treacherous night / Something wicked this way comes / To steal away my brother's lifе / Something wicked this way comes / I can nеver say goodbye.»

7. «All I Ever Am»

Die ersten Sekunden hämmern einem erneut die Erkenntnis in den Körper, wie wichtig die Drums von Jason Cooper auf diesem Album sind. Aber auch die dramatischen Streicher prägen «All I Ever Am», deren Schwere vom Klavier immer wieder auf wunderbare Weise kurz aufgebrochen wird.

Robert Smiths erklärt in «All I Ever Am» vielleicht ein wenig, warum sich diese Platte anfühlt, als wäre sie für die letzten Momente einer Liebe, eines Lebens oder der Menschheit geschrieben worden.

Die ersten Worte, die Smith hier singt lauten: «I think too much of all that's gone / Of how it was before my thoughts / Obsessed with choices made for sure / In ignorance of history / And consequence as more and more / I misremember hopelessly.»

8. «Endsong»

Das zehnminütige Finale des Albums, das eine bewusste Klammer mit dem Opener «Alone» bildet. The Cure spielen sich hier langsam und bedächtig in diese hypnotische Schwere, die alle Instrumental-Intros auszeichnet. Erst nach sechs Minuten singt Robert Smith: «And I'm outside in the dark staring at the blood red moon / Remembering the hopes and dreams I had and all I had to do.»

Neben der von Robert Smith eingebrachten Inspiration des Cure-Albums «Disintegration», kommt einem spätestens hier ein weitere in den Sinn: «Songs Of A Lost World» klingt auch, als hätte Robert Smith die beiden einzigen Alben der Band The God Machine gehört, die in den Neunzigern seine Label-Kollegen bei Fiction Records waren. Vor allem das 92er-Debüt «Scenes From The Second Storey» klingt im Rückblick sehr artverwandt.

Sehr schön ist auch die lyrische Klammer, die Robert Smith in «Endsong» setzt. Während er die Platte mit der Zeile «This is the end of every song that we sing» beginnt, endet sie mit den Worten: «Left alone with nothing at the end of every song / Left alone with nothing, nothing / Nothing / Nothing / Nothing.» Das mag Robert Smith so fühlen: Fans von The Cure werden nach diesen acht Liedern aber garantiert vehement widersprechen.

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