Shonen Knife: Die Band, die Kurt Cobain zum Fanboy machte
Sie singen über Süssigkeiten, Barbie-Puppen und Katzen aus zeitlosen Parallel-Dimensionen. Kein Wunder war Kurt Cobain ein glühender Fan der japanischen Punk-Band. In diesem Jahr feiern Shonen Knife das 40. Jubiläum und machen auch Halt in der Schweiz.
Kurt Cobain hatte eine Menge Lieblingsbands. Vor rund 20 Jahren wurden seine persönlichen Top 50-Alben publik, die einen guten Einblick in den Musikgeschmack der Grunge-Legende boten. Auf dem handgeschriebenen Zettel fanden sich die zu erwartenden Grössen wie Iggy & The Stooges und Sonic Youth, aber auch Deep Cuts, wie z.B. die Schweizer Punk-Pionierinnen Kleenex/LiLiPUT.
Platz 26 der Liste gehört Shonen Knife, wobei Cobain in verschiedenen Interviews nicht müde wurde zu betonen, dass die All-Girl-Combo einen besonderen Platz in seinem Herzen hat. So meinte er 1991 in einem Gespräch mit dem Melody Maker:
«We saw Shonen Knife and they were so cool. I turned into a nine-year old girl at a Beatles concert. I was crying and jumping up and down and tearing my hair out - it was amazing. I’ve never been so thrilled in my whole life. They play pop music - pop, pop, pop music.»
Die Euphorie ist angebracht. Shonen Knife klingen, als ob sich die Beatles irgendwann gesagt hätten «Fuck that, wir machen jetzt Punk mit Schuldmädchen-Lyrics.» und sie tun dies seit 1981. Naoko Yamano, ihre Schwester Atsuko und Michie Nakatani waren fasziniert von der anglo-amerikanischen Pop- und Punk-Szene und spielten anfangs ausschliesslich Covers ihrer Vorbilder. Songs von den Ramones und den Buzzcocks wurden ihnen aber schon bald zu langweilig und sie begannen, ihre eigenen Stücke zu schreiben. Zwar finden sich darunter auch einige Abhandlungen der stereotypischen Punk-Themen, viel lieber singt das Trio aber von herzigen Tieren, gutem Essen und schönen Erlebnissen. Zur damaligen Zeit fast schon subversiv. Eigentlich auch heute noch.
Völkerverständigung
Gesungen wird zu Beginn primär auf Japanisch. Macht aber nichts, die Texte sind ohnehin häufig zu absurd, um sich irgendeinen Reim daraus zu machen. Auch Calvin Johnson ist es egal, als er Mitte der 80er in Osaka über eine Platte der Band stolpert. Johnson gilt als einer der Gründer der amerikanischen Indie- und Alternative-Szene. Zuerst mit seiner Band Beat Happening und danach als Gründer des Labels K Records, das bis heute einer der wichtigsten Player der Szene ist und, unter anderem, die Karrieren von Beck und Modest Mouse massiv vorangetrieben hat.
K Records bringt Shonen Knifes Debütalbum «Burning Farm» in Amerika auf Kassette heraus, worauf lokale Acts dem Charme des Punk-Trios erliegen. Einer davon ist Kurt Cobain, der die Band aber nicht nur abfeiert, sondern später auch als Support für die Nevermind-Tour nach Amerika holt. Die Aufmerksamkeit nutzt die Band für den Release ihres ersten rein englischen Album «Let’s Knife».
Auf den Grammatikfehler im Titel angesprochen, meinte Naoko kürzlich in einem Interview mit dem Guardian, dass korrektes Englisch nie ihr Ziel war: «Authentizität ist mir wichtiger.», so die 62-Jährige. In dem Kommentar offenbart sich auch das Erfolgsrezept der Band. Seit 1981 machen Shonen Knife genau das, worauf sie Lust haben. Ein Song über Bananen-Chips ist eine komplett bescheuerte Idee, aber wer kann schon widerstehen, wenn dieser bescheuerte Song mit einer so komplett entwaffnenden Spielfreude vorgetragen wird?
Weiter, immer weiter
Am 5. April 1994 setzt sich Kurt Cobain eine Schrotflinte unters Kinn und drückt den Abzug. Wie sehr die musikalische Trendwende darauf zurückzuführen ist, lässt sich nachträglich nur schwer beurteilen, aber nach seinem Tod nimmt das Verlangen nach kratziger Gitarrenmusik, und damit auch Bands wie Shonen Knife, massiv ab. Zwar spielen Naoko & Co. zwei Monate später noch am Lollapalooza Festival in Chicago, der grosse Hype ist aber vorbei.
Die Japanerinnen lassen sich davon nicht beirren. Sie bleiben ihrem Trademark-Sound treu, haben alle zwei bis drei Jahre ein neues Album am Start und ballern ihren Feelgood-Pop Punk nach über 40 Jahren mit derselben manischen Energie aufs Publikum los. Und Naoko würde gerne weitermachen: «Wenn ich in 40 Jahren noch lebe, bin ich der älteste Rockstar der Welt.», erzählt sie lachend im selben Guardian-Interview. Shonen Knife werden uns noch alle überleben.
Shonen Knive spielen am Sonntag, dem 19. März ihre einzige Schweizer Show im Humbug in Basel.