Rodrigo Y Gabriela – Ohne Worte

Vergessen wir für einen Moment die reiche kulturelle Geschichte der Musik und die Tatsache, dass das Genre zu vielschichtig ist, um in einem Halbsatz abgefertigt zu werden. Aber: Flamenco ist gewöhnungsbedürftig. Die nervös gezupften Gitarren, der durchdringende Gesang, der pro Textzeile mehr Emotionen reinpackt als «The Notebook» in 123 Minuten, und die oftmals freien Taktschemas sind schlicht ein bisschen viel für die Ohren des durchschnittlichen, pop-rock-orientierten Musik-Konsumenten.

Flamenco-Fusion

Es geht aber auch zugänglicher, wie Rodrigo Sánchez und Gabriela Quintero seit über 20 Jahren beweisen. Ende der 80er lernten sie sich in einem Kulturzentrum in Mexiko City kennen. Beide mögen Musik, primär Harte, was wenig später zur Gründung der Trash Metal-Band Tierra Ácida führt. Das Interesse daran ist jedoch überschaubar. 1999 sagen sich die beiden was auch immer «Fuck this shit!» auf Spanisch heisst, packen ihre wenigen Habseligkeiten und wandern nach Irland aus. Dort interpretieren Rodrigo y Gabriela in Pubs und auf Shoppingmeilen bekannte Songs in ihrem unvergleichlichen Stil: winem instrumentalen Mix aus Metal, Flamenco und Progressive Rock.

Daraufhin wiederholt sich die altbekannte Geschiche der Strassenmusiker, deren Talent zu grandios ist für ein Set zwischen Taubenkacke und Zigaretten-Stummel: Dank dem Support von Damien Rice und David Gray werden Rodrigo y Gabriela einem grösseren Publikum exponiert und spätestens mit dem zweiten, selbstbetitelten Album, das 2006 erscheint, zementieren die beiden endgültig ihre Ruf als fast schon übermenschliche Gitarren-Virtuosen.

Es folgen Chartplatzierungen, Headliner-Auftritte auf dem Glastonbury und ein Privatkonzert für Barack Obama. Kurz: Der Rock ‘n’ Roll-Traum wird wahr. An ihrem Erfolgsrezept haben Rodrigo y Gabriela seit damals nichts verändert – warum auch, haben sie doch quasi ihr eigenes Genre geschaffen, um es nahezu in Perfektion zu bespielen. Dass es sich dabei um Flamenco handelt, bestreiten die beiden übrigens vehement. Sich selbst einen Stempel aufdrücken wollen sie aber auch nicht. Kann uns egal sein, Hauptsache die Musik ballert. Und das tut sie.