Was euch bei einem Stephan Eicher Konzert erwartet
Bevor Stephan Eicher uns hier in Zürich besucht, war unsere Redakteurin bereits bei einem Auftritt in der Romandie. Perfekt, um herauszufinden, ob sich ein Stelldichein mit dem Schweizer Chansonnier lohnt – ein Konzertbericht.
Wenn man das Publikum während des Konzerts in Lausanne beobachtete, fiel einem etwas auf: Stephan Eichers Zuschauerschaft ist bunt gemischt. Vom älteren Herrn im Anzug und seiner perfekt gestylten Begleitung bis hin zum ehemaligen Punk und einer Gruppe von Mädchen, deren Lippen so rot sind wie die Sessel im Beaulieu-Theater.
Punkt 20 Uhr: Die Glocke läutet, das Licht erlischt und der Vorhang öffnet sich. Auf der Bühne steht Eicher umgeben von Noémie Von Felten an der Harfe, Simon Gerber an Gitarre und Bass sowie Reyn Ouwehand an den Keyboards. Sie sitzen um einen Tisch herum, der eine intime Atmosphäre schafft, als wären sie bereit, einen gemeinsamen Aperitif unter Freunden zu geniessen.
Die Noten von «Sans contact», dem Eröffnungsstück seines Albums «Ode», erfüllen den Raum. Die Emotionen sind schon jetzt greifbar, obwohl die Show gerade erst begonnen hat.
Die Bühne, auf der er sich präsentiert, lässt sich schwer in Worte fassen. Sie ähnelt einem Floss, das vor eigenartigen Schränken thront, die später geöffnet werden. In einem Schrank befindet sich ein Schlagzeug, das ein Gesicht formt und im nächsten offenbart sich eine funkelnde Discokugel mit Glocken.
Mit einem Augenzwinkern tadelt uns Eicher, dass wir nicht so begeistert sind wie unsere französischen Nachbar:innen. Dennoch setzt er seine Show fort und selbst der ältere Herr im Anzug singt aus voller Kehle mit.
Es folgen mehrere Titel vom letzten Album, darunter «Le plus léger au monde», sowie einige vertraulichere Stücke, die von einer Vielzahl akustischer und elektronischer Instrumente begleitet werden. Schliesslich gelangen sie zum Hit «Combien de temps», der mit ein paar Noten beginnt, die von Weingläsern gespielt werden. Diese werden fröhlich «gestimmt», indem man sie trinkt!
Dann fordert der Sänger jemanden auf, ihm gedanklich das Lied vorzuspielen, das er gerne hören würde. Natürlich handelt es sich wieder um einen Witz: Es ist nicht das richtige Lied. Beim zweiten Versuch wählt er jemanden aus der ersten Reihe und gibt ihm die Anweisung, den gewünschten Song an seinen Gitarristen «weiterzugeben». Eicher und seine Band spielen daraufhin «Eisbär» und die Neuinterpretation mit Harfe ist ein wahrer Genuss.
Der dritte Versuch ist der richtige: Eicher hat endlich «erraten», dass sein Publikum «Déjeuner en paix» hören möchte. Alle stehen auf, tanzen und der Palais de Beaulieu lebt.
Der Hauptprotagonist warnt uns kurz vor dem Ende: Er mag keine Zugaben, diesen Moment, wenn man hinter die Bühne geht, «um Yoga zu machen», aber in Wahrheit nie wirklich die Bühne verlässt und dann zurückkommt.
Es folgt sein letztes Stück und ein Moment der Stille mit «Autour de ton cou». Das Licht flackert ein letztes Mal auf und die Gesichter der Zuschauer:innen sowie ihre feuchten Augen spiegeln die Emotionen des Abends wider. Der Maestro verlässt die Bühne, gefolgt von seinen Musiker:innen, die sich in den engsten Schrank drängen.
Stephan und seine Band kommen dennoch für eine Zugabe zurück, um «Hemmige» zu spielen. Ob er sich in der Zwischenzeit tatsächlich eine Yogastunde gegönnt hat, werden wir nie erfahren.
Stephan Eicher wird am 30. Juni in Andermatt, am 18. September im Landesmuseum Zürich und am 14. Dezember im Théâtre du Léman in Genf auftreten.
Tickets und Infos gibt's hier.
(Dieser Artikel ist ursprünglich auf Französisch verfasst und wurde übersetzt.)