Daði Freyr im November im Kaufleuten in Zürich
Der in Berlin lebende Isländer ist weit mehr als ein kurzweiliges Phänomen des Eurovision Song Contest. Gerade arbeitet er an einem neuen Album, das er im Herbst live in Zürich vorstellen wird.
Der Eurovision Song Contest im Jahr 2020 hätte Daði Freyr Péturssons grosser Moment werden sollen. Der Song «Thinking About Things», mit dem er 2020 den isländischen Vorentscheid gewann, war so etwas wie der Gute-Laune-Hit für die tristen Pandemiezeiten, was nicht nur an der Musik, sondern auch an dem extrem charmanten Musikvideo lag – und Daði Freyrs Band, die übrigens Gagnamagnið heisst. Auch seine Frau Árný Fjóla und seine Schwester Sigrún spielen in der Gruppe mit, die meist in türkiser Kleidung auftritt, kleine Pixel-Avatare auf der Brust trägt und Tanz-Performances aufführt, die zwischen Genie und Arbeitsverweigerung schwanken. Weil es so schön ist, hier noch einmal zur Auffrischung:
Ein Quatschprojekt ist Daði Freyr aber mitnichten. Wer genau hinhört, merkt schon an diesem Hit, was Daði Freyr dem Autor dieses Textes vor zwei Jahren in einem Zoom-Interview erzählte: «Im Grunde ist ‘Thinking About Things’ eine Liebeserklärung an meine Tochter. Ich hatte die Musik für den Song schon geschrieben und der Text kam dann einfach so aus mir raus. Sie war damals vier oder fünf Monate alt und ich singe über die Dinge, die mir so durch den Kopf gehen, wenn ich sie auf dem Arm habe und sie anschaue.»
Eine Stunde ESC-Hits aus dem Wohnzimmer
Auch der nachgeholte ESC im Jahr 2021 verlief für Daði Freyr und seine Mitstreiter:innen dann nicht so, wie er es geplant hatte. Mit dem Disco-lastigen Song «10 Years» im Gepäck wollte er mit seiner Gagnamagnið-Gang nach Rotterdam reisen, musste dann jedoch aufgrund eines Corona-Falles in der Band und der dazugehörigen Quarantäne einen gefilmten Live-Auftritt schicken. Trotzdem erreichte Daði Freyr den vierten Platz. Und er machte das Beste draus. Er sagt später im Pandemie-Zoom-Interview: «Für mich persönlich gibt es wenig Gründe enttäuscht zu sein. Ich kann gerade viele Interviews von Zuhause aus führen und meine Musik wird gehört.» Tatsächlich schaffte es der schlaksige Isländer auch aus seiner Wohnung heraus, seine Fans perfekt zu unterhalten. Ein Highlight unter den zahlreichen Lockdown-Wohnzimmer-Konzerten war Daði Freyrs Livestream, bei dem er in seiner Wohnung in Berlin ausschliesslich ESC-Songs performte. Über eine Million Streams zeigen recht eindeutig, dass er damit einen Nerv getroffen hat.
«I’m Making An Album»
Daði Freyr hat also gelernt, die Dinge zur Not etwas anders zu machen. Da passt es, dass er auch die Sache mit dem neuen Album etwas anders angeht. Soeben erschien der erste von drei Teilen von «I’m Making An Album». Auf der EP sind die ersten vier Songs eines Albums, das noch in diesem Jahr vollendet werden soll. Vermutlich fällt der finale Release ungefähr mit seinem Tourstart zusammen. Die bisher veröffentlichten Lieder zeigen mal wieder seine immense Bandbreite. Der Openener «Thank You» ist eine gecroonte Ballade, die klingt, als hätte Daði Freyr gerade eine Depeche Mode-Phase. «I’m Fine» setzt auf Disco-Funk und jene Art tanzbarer Melancholie, die Hot Chip so gut hinbekommen. «Limit To Love» könnte man als Slowdance-Electropop bezeichnen, bevor «Shut up» für einen sphärischen Ausklang sorgt, der zwischendurch mit Funk Vibes in Schwung gebracht wird.
Daði Freyr wird am 20. November 2023 im Kaufleuten in Zürich live zu sehen sein. Alle Infos und Tickets gibt’s hier.