Veröffentlicht am 10. Dezember 2022

Nacht&Leben – Kultur und Kommerz

Die Schliessung des Kosmos in Zürich hat schweizweit für lange Gesichter gesorgt und einmal mehr bewiesen, dass hierzulande Kultur ein Geschäft ist. Niemand weiss das besser als das Nachtleben.

Alex Flach

Alex Flach ist seit 25 Jahren Teil des Nachtlebens und hat 10 Jahre lang im Tages Anzeiger über selbiges geschrieben. Er ist Chefredaktor des Barkeeper-Magazins DRINKS Schweiz und Kommunikations-Verantwortlicher für diverse Clubs und Kulturbetriebe. Für Starzone nimmt er sich in der Kolumne Nacht&Leben das Geschehen hinter Club- und Bartüren zur Brust. (Foto: Dejana Gfeller)

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Alex Flach ist Zürcher Cluboriginal und Sprecher verschiedener Locations.

Mit einem Gesamtbetrag von knapp 100 Millionen Franken unterstützt der Kanton Zürich jährlich über 100 Kulturinstitutionen. Davon gehen mehr als 80 Millionen an das Opernhaus, direkte Subventionen für Tanzclubs gibt es keine und auch das Kosmos wurde nicht unterstützt (die Behörden signalisierten diese Woche jedoch Gesprächsbereitschaft). Eine Ausnahme ist der kleine Club Sender nähe Langstrasse, dessen Verein ‘GDS.FM im Sender’ quartalsmässig mit 3'500 Franken unterstützt wird. Der Anlass für den Geldsegen dürfte jedoch nicht der Club sein, sondern der Radiosender GDS.FM, dessen Zuhause der Club Sender ist.

Auch die 2,4 Millionen Franken, die die Rote Fabrik von der Stadt Zürich erhält, dürften ihr nicht wegen der dort stattfindenden Partys zukommen und auch der Jazzclub Moods wird wegen der Konzerte subventioniert und verpflichtet sich dafür ein Programm zusammenzustellen, das zu mindestens 60% aus Jazz und Black Music besteht.

Auch Kultur ist ein Geschäft: Das leider oftmals schliessen muss.
Auch Kultur ist ein Geschäft: Das leider oftmals schliessen muss.

Keiner der bekannten elektronischen Clubs erhält Geld von Stadt und Kanton, sie alle sind KMUs, die nach ökonomischen Regeln spielen müssen, wollen sie bestehen. Und das in einer Stadt, in der Techno von der UNESCO zum Kulturerbe erklärt wurde. Aber auch in anderen Schweizer Städten sieht es nicht anders aus: Will man Kultur bieten und der Stadt oder dem Kanton in die Kasse greifen, dann darf man keinen Tanzclub eröffnen, erst recht keinen mit DJing.

«Ja: Es ist schade um dieses Haus.»

Alex Flach

Und so bestimmt in diesem Bereich die Nachfrage das Angebot. Viele Clubmacher*innen würden gerne mutiger und experimenteller programmieren, aber wenn man Miete und Löhne bezahlen muss, werden Experimente schnell zum inakzeptablen Risiko. Sicher: Es gibt Clubbesitzer (die weibliche Form darf man sich bei dieser Berufsbezeichnung leider nach wie vor und ohne allzu viel schlechten Gewissens sparen), die viel Geld verdienen, aber die Regel sind sie nicht. Dennoch müssen sich viele den Vorwurf gefallen lassen, sie seien ‘kommerziell’, als ob sie eine andere Möglichkeit hätten, als kommerziell zu denken und zu handeln. Würden sie ein Programm bieten, das nicht genügend viele Gäste anzieht und andererseits darauf achten, dass die Kosten im Rahmen bleiben, dann würde an ihren Türen schon bald ein 'Wegen Betriebsaufgabe geschlossen’-Schild hängen.

Genauso wie an jener des Kosmos. Ja: Es ist schade um dieses Haus. Aber hätten wirklich alle, die nun jammern, dem Kosmos regelmässig einen Besuch abgestattet und wäre der Betrieb verantwortungsvoll und mit mehr Ökonomie und weniger Fantasie geführt worden, dann wäre es jetzt nicht insolvent.

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