Veröffentlicht am 03. Oktober 2022

Björk: «Man muss in den Bässen sein.»

Die isländische Ausnahmekünstlerin hat vergangene Woche ihr neues Album «Fossora» veröffentlicht und in einem ihrer eher seltenen Interviews ein paar interessante Details und Hintergründe verraten. Zum Beispiel, warum sie eine schwammige Pilzwucherung als Leitmotiv wählte, und wo man ihre Kinder hört.

Journalist
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Es dürfte wohl niemanden wundern, dass Björks neues Album «Fossora» eine abgefahrene Angelegenheit ist. Barocke Sounds treffen auf spaciges Blubbern, treffen auf Gabba-Elemente, auf Chöre, auf Lyrics, die manchmal um einen Fungus kreisen. Auch die Videos zu den ersten Singles waren visuelle Kunstwerke, die es einem nicht leicht machen.

Die Pandemie-Auszeit in Island tat Björk ganz gut

In einem ihrer eher seltenen Interview mit dem britischen NME spricht sie über die Einflüsse und Hintergründe des neuen Albums. Vor allem ihre Heimat Island habe ihr in den letzten Jahren Halt gegeben. Zuvor habe Björk viel Zeit in Amerika verbracht, aber: «Ich hatte eine sehr, sehr komplizierte Beziehung zu den USA, als ich dort war», sagt sie und hebt «Massenmorde, die rassistische Gewalt, Trump» hervor. Sie gibt zu: «Ich bin nicht wirklich ein urbaner Mensch. Ich liebe es, Städte zu besuchen und in Clubs zu gehen oder eine Galerie oder ein Konzert zu besuchen, aber dann will ich nur noch nach Hause. Ich bin von Natur aus eher ein ländlicher Mensch, deshalb war es für mich ein absoluter Segen, hier zu sein.» In Island habe sie davon profitiert, dass sich ihr Land als Inselstaat relativ leicht isolieren konnte. Sie habe sich auf ihre Freunde, ihre Familie, auf gute Gespräche und lange Spaziergänge konzentriert und sagt: «Ich hatte ehrlich gesagt eine wunderbare Auszeit von zwei Jahren. Die längste Zeit, die ich in Island verbracht habe, ohne einen Flughafen aufsuchen zu müssen, seit ich 16 war. Das war ziemlich cool. Es war ein wirklich gutes Gefühl, körperlich - dieses Gefühl, einfach Wurzeln aus meinen Füssen zu schlagen und geerdet zu sein.»

«Man muss in den Bässen sein.»

Wie immer ist es schwierig, Björks Sound mit normalen Genre-Umschreibungen beizukommen. Als der Album-Opener «Fossora» Anfang September mit einem irren Video veröffentlicht wurde, rätselte so manche:r Kritiker:in, was für Pilze Björk denn genommen hätte, um auf diese Weise analog geklöppelte Rave-Beats, Bläser und Streicher zu kombinieren. Das alle Musiker:innen aussahen, als wären sie aus einem unter Pilzbefall leidenden Wald hervorgekrochen, machte diesen Effekt noch intensiver. Trotzdem sagt Björk im Interview, ihr Album solle man laut mit Freund:innen am Kamin hören. «In dem Album steckt eine Menge Freude. Es geht darum, diesen Raum zu geniessen. Deshalb hat es auch diese Art von 'Fungus'-Thema bekommen. Und wenn ich 'Fungus' sage, meine ich eher einen Klang. Sechs Bassklarinetten und wirklich fette, tiefe Töne. Es ist für das untere Ende des Klangspektrums gedacht. Man muss fast in den Bässen sein. Er füllt den ganzen Raum aus. Das ist die Grundlage dafür, dass man in seinem Haus bleiben kann.»

Der Tod ihre Mutter wird in zwei Songs thematisiert

Björk spricht mit dem NME auch über private Dinge. 2018 starb ihre Mutter Hildur Rúna Hauksdóttir nach langer Krankheit. Sie war eine bekannte Homöopathin und eine ehemalige Hippie-Ikone, die zur Zeit von Björks Kindheit mit ihr in einer Kommune lebte. Die Songs «Sorrowful Soul» und «Ancestress» handel von ihrem Tod. Für jeden ist der Verlust eines Elternteils und der Umgang damit ein Eckpfeiler des Lebens. ‚Sorrowful Soil‘ wurde geschrieben, als sie anfing, ernsthaft krank zu werden, also ist es eher traurig. ‚Ancestress‘ wurde nach ihrem Tod geschrieben, also ist es eher eine Feier ihres Lebens. Ich mag es, wenn man von mexikanischen und irischen Menschen hört, die das Leben von jemandem feiern wollen, wenn dieser verstorben ist.»

Zwei ihrer Kinder sind auf dem Album zu hören

Björks Kinder, die Musiker Sindri Eldon Þórsson und Model/Musierin/Schauspielerin Ísadóra Bjarkardóttir Barney sind ebenfalls auf dem Album zu hören, was gut zu der familiär geprägten Entstehung passt. Sindri singt die Backing Vocals «Ancestress», während die 19jährige Ísadóra in «Her Mother‘s House» singt – ein Lied über die jüngste Tochter, die zuletzt das Haus der Mutter verlässt. Björk meint: «Ich habe das wirklich genossen, und es hätte sich seltsam angefühlt, sie nicht auf dem Album zu haben, nachdem ich so viel Zeit mit ihnen während des Lockdowns verbracht hatte. Ich habe damals nicht darüber nachgedacht, aber vielleicht hat es etwas mit der Tatsache zu tun, dass sie jetzt beide erwachsen sind. Das war wichtig, damit ich sie fragen konnte und sie die Möglichkeit hatten, auf der Grundlage einer reifen Entscheidung ‚Nein‘ zu sagen. Jetzt sind sie mir ebenbürtig.» Das vollständige Interview gibt’s auf Englisch hier zu lesen.

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