Veröffentlicht am 22. April 2023

Jain: «Ich hatte Lust auf diese psychedelische Gipsy-Note»

Vor Beginn ihrer Tour, die auch durch die Schweiz führen wird, haben wir mit Jain geplaudert. Die französische Sängerin veröffentlicht bald ihr drittes Pop-Folk Album «The Fool», das von den 70ern und dem Tarot de Marseille inspiriert ist.

Journalist
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2015 gelang Jain mit ihrem Debütalbum «Zanaka» und den weltweiten Mega-Hits «Makeba» und «Come» der Durchbruch. Die Songs brachten die französische Künstlerin in die Köpfe der Menschen und auf Radiosender rund um den Globus.

Danach folgte für die junge französische Künstlerin, die eine Leidenschaft für visuelle Kunst hat, eine wilde Zeit. Im Jahr 2018 veröffentlichte sie ihr zweites Album «Souldier», das sie auf die Bühne vom Coachella Festival in den USA brachte. Kurz vor der Pandemie musste Jain ihre Tournee abbrechen, sie war zu erschöpft.

Jetzt, im Alter von 31 Jahren, kehrt sie mit «The Fool» zurück. Ein organisches und intimes Album, das sie erneut mit Yodelice, einem berühmten französischen Musiker, produziert hat. In unserem Interview hat Jain uns mehr über das Album erzählt.

Nach dieser notwendigen Pause, wie fühlst Du dich jetzt?

Ich bin sehr aufgeregt, dass das Album endlich erscheint, denn ich höre es schon seit einem Jahr! Ich bin auch ein bisschen nervös, weil ich es so lange für mich behalten habe. Die Pause war eindeutig notwendig, weil ich fünf Jahre lang auf Tour war. Ich wollte ein wenig für mich selbst leben, die Zeit mit meiner Familie und Freunden geniessen und in meinem eigenen Zuhause leben. Wenn man auf Tour ist, ist man nicht wirklich erreichbar. Ich hatte Lust, zu Hause zu sein, Schallplatten zu hören, Songs auf der Gitarre zu komponieren und mich einfach zu erholen.

Dein Zuhause ist in Paris, aber als Entstehungsort für das Album hast Du dich für eine Fischerhütte in Marseille entschieden?

Als Kind habe ich immer in Ländern gelebt, die am Meer lagen. Ich wollte das Meer und den Himmel wiederfinden, dort wo man die Sterne sehen kann, was in Paris unmöglich ist. Es war sehr inspirierend, ich sass in diesem kleinen Fischerhaus auf meinem Bett mit meiner Gitarre und hatte das Gefühl, ich sei 16 Jahre alt. Dort ist die ganze Idee für das Album entstanden.

Kam dir in der Fischerhütte auch die Idee mit den Tarot Karten?

Ja, schon allein deshalb, weil ich in Marseille war und weil meine Mama mir seit meiner Kindheit Tarotkarten zieht. Es geht nicht nur um die Vorhersage, sondern auch um die Erinnerungen an meine Familie. Ich habe eine sehr starke Verbindung zum Tarot von Marseille und war schon immer fasziniert von der Symbolik der Karten, ich finde sie sehr schön.

Wie hast Du die verschiedenen Tarotkarten ausgewählt, um sie den Songs auf dem Album zuzuordnen?

«The Fool» war der erste Song, den ich geschrieben habe, und dieser hat mich zum Konzept inspiriert, jeden Song mit einer anderen Tarot-Karte zu verbinden. Als ich den Track auf der Gitarre geschrieben habe, habe ich parallel dazu angefangen, die Karten zu zeichnen. Bei meiner Recherche zu den Grafiken des Tarots habe ich ausserdem festgestellt, dass viele Künstler:innen, die ich sehr mag, mit dem Tarot de Marseille verbunden sind, wie Salvador Dali, André Breton, der Texte zum Tarot de Marseille geschrieben hat oder Christian Dior, der sich täglich Karten ziehen liess. Ich fand die Idee schön, auch daran teilzuhaben.

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Du hast zum Beispiel die Karte «La Force» (die Macht/Stärke) für «All the people» gezeichnet.

Genau, auf der Originalkarte «La Force» sieht man eine Frau, die mit blossen Händen das Maul eines Löwen öffnet. «All the people» handelt klar von der brennenden Erde. Ich wollte dieses Thema nicht eine Weise angehen, die auf Panik macht, sondern aus der Sicht der Menschen, die die Welt retten wollen. Sie existieren, sie glauben daran und all das erfordert Stärke.

Davon abgesehen hast Du auch visuell alles selbst gemacht. Erzähl uns doch etwas über das Cover des Albums, das sehr nach den 70ern aussieht!

Ich habe mich von den Plakaten des Woodstock-Festivals und der Band Greatful Dead inspirieren lassen. Das Entwerfen eines solchen Bildes oder auch der Tarot-Karten ist ein bisschen wie das Schreiben eines Songs. Für das Cover fand ich, dass die Farben gut zusammenpassten! Orange ist total die Farbe der 70er Jahre und Violett ist die Farbe der Spiritualität und ich wollte diese psychedelische Gipsy-Note haben!

Das Musik-Video zu «The Fool» ist der Wahnsinn! Was ist deine Rolle darin?

Ich habe mit Regisseur Jules Jolly zusammengearbeitet, der tolle Ideen hatte. Es war übrigens sein erster Musik-Clip. Wir wollten wie in einem Film aus den 80ern beginnen. Im Stil von «Big», wo es diese Zoltar-Maschine gibt und alles plötzlich ein wenig in einen «Alice im Wunderland»-Vibe abdriftet.

Der mehr folk-popartige Sound dieses neuen Albums unterscheidet sich von Deinen vorherigen Platten?

Ja, ich wollte wirklich etwas Neues machen und hatte Angst davor, in einem Stil stecken zu bleiben. Ich sah mich nicht in der Lage, Einflüsse aus der Weltmusik aufzunehmen, da ich seit langer Zeit nicht mehr in Afrika lebe und in Paris sesshaft bin. Als ich «Zanaka» geschrieben habe, lebte ich im Kongo und deshalb hatte es diese Einflüsse. Während des Lockdowns habe ich viele Schallplatten aus den 70er Jahren gehört, insbesondere Joan Baez, Joni Mitchell und «The Kick Inside» von Kate Bush, welches mich umgehauen hat! Nach diesen fünf Jahren Tournee hatte ich Lust auf diese Sensibilität und diese psychedelische Note.

Auf TikTok hast du ein süsses Tutorial gemacht, indem du sagst, dass du die Musik-Noten nicht kennst, ist das wahr?

Ja (lacht), alles ist ziemlich spontan, ich habe nie wirklich Gitarrenunterricht genommen. Also ich kenne ungefähr alle Noten, aber ich weiss nicht, wie sie heissen!

Wie machst Du es, wenn Du mit Maxime Nucci zusammenarbeitest, ohne die Noten zu kennen?

(Lacht!) Er erkennt sie sofort, dann gibt er sie mir und ich notiere sie! Mit ihm zu arbeiten ist grossartig, weil ich mit all meinen Demos ins Studio gekommen bin, ohne zu wissen, was er davon halten würde. Aber er hat sie geliebt und wir bilden wirklich eine Art Team. Es ist sehr angenehm, mit ihm zu arbeiten.

Wie wird das Live-Setup aussehen? Wirst du mit einer vollständigen Band auftreten und wird Maxime da sein?

Ich denke ich nicht, dass Maxime dabei sein wird, aber ich werde mit einer Band auftreten, mit Elektronik sowie Gitarre, Bass und Synthie. Wir fangen jetzt an zu proben.

Freust Du Dich, wieder auf Tour zu gehen?

Es sind Jahre vergangen, seitdem ich das letzte Mal auf der Bühne stand. Ich fange jetzt wieder an zu rennen und Sport zu treiben (lacht), weil ich wirklich Lust darauf habe, die Menschen zum Tanzen zu bringen. Es wird grossartig sein, wir werden gemeinsam feiern!

Diesen Sommer wird Jain auf dem Festi'neuch und dem Paléo Festival spielen, die beide ausverkauft sind!

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