Hitzone: Tom Odell «Another Love»
In dieser Rubrik werfen wir einen Blick auf die Geschichten hinter den grossen Hits. Heute nehmen wir uns Tom Odells etablierten «Dauerbrenner» «Another Love» vor. Der Mega Hit hat mittlerweile für viele Menschen eine weitreichendere Bedeutung erlangt, die über seine ursprüngliche Botschaft von Liebe und Frustration hinausgeht: Er steht für Widerstand.
Gelegentlich kommt es vor, dass längst vergessene Hits aus der Versenkung auftauchen und erneut in den Charts landen. Manchmal geschieht dies durch einen kurzen Auftritt in einer hippen Sci-Fi-Serie, so wie es bei Kate Bush der Fall war.
Bei Tom Odell und seinem Markenzeichen-Hit «Another Love» gestaltete sich die Situation jedoch anders. Seit seiner Veröffentlichung im Jahr 2012 hat der britische Songwriter mit diesem Lied erneut einen festen Platz in den Charts erobern können und zählt somit zu den «Dauerbrennern». Dies ist einerseits TikTok zu verdanken, andererseits der Unterstützung seitens der Politik und nicht zuletzt der schlichten Tatsache, dass dieser Song einfach verdammt gut ist.
Eigentlich ist es ein Song über Liebe und Frustration, mit dem Tom Odell vor zehn Jahren als Newcomer recht erfolgreich war. Damals, im Jahr 2013, erreichte der britische Songwriter mit «Another Love» immerhin Platz sechzehn in den Schweizer Charts.
Neun Jahre später, als der Ukraine-Krieg ausbrach, erhielt der Song erneut die kollektive Aufmerksamkeit. In der Ukraine wurde «Another Love» zum Symbol des Widerstands gegen die russische Invasion. Unter dem Hashtag #AnotherLove tauchten zahlreiche Videos mit ukrainischen Flaggen und Kriegsaufnahmen auf, die die Widerstandsfähigkeit des Landes unterstrichen.
Im März desselben Jahres setzte sich Tom Odell an ein Klavier in einem Bahnhof in Rumänien und spielte «Another Love» für ankommende Geflüchtete aus der Ukraine. Abermals zog der Song in die Charts ein.
«And if somebody hurt you, I wanna fight ...»
Damit begann das eigentliche Comeback. Doch der endgültige Durchbruch gelang dem Hit, als im Iran Proteste als Reaktion auf den Tod der 22-jährigen Mahsa Amini ausbrachen.
Amini wurde von der iranischen Polizei festgehalten, weil sie angeblich ein loses Kopftuch trug. Die Polizei bestritt jegliche Misshandlung und behauptete, sie sei an einem Herzinfarkt gestorben, während ihre Familie dies bestreitet.
Tausende Videos wurden daraufhin veröffentlicht, in denen der Clip von Tom Odell als Soundtrack verwendet wurde. Gleichzeitig schnitten sich Frauen aus Solidarität mit Amini die Haare ab.
Tom Odell selbst zeigte seine Solidarität mit den Demonstrant:innen und widmete ihnen bei einem Konzert in Deutschland den Song: «Heute Abend möchte ich ihn den mutigen Menschen widmen, die im Iran protestieren.»
Als der aufstrebende Tom Odell damals seinen Hit in einem einsamen Hotelzimmer in Nashville über das Ende einer Liebe schrieb, hatte er wohl kaum geahnt, dass «Another Love» eines Tages als Protestsong dienen würde.
Doch genau diese zarte Balance zwischen Verletzlichkeit und Stärke, die der Song verkörpert, und das tiefere Verlangen nach Veränderung haben ihn in Zeiten der Unterdrückung kaum passender als Hymne gemacht.
Tom Odell spielt am 28. Juni am Openair St. Gallen.
Tickets und Infos gibt's hier.