Geile Zeit: Juli spielen in Zürich

Wo wir letztens auf dieser Website schon über Echt schrieben und ihre Musik heute neu bewerten, muss man auch im Falle von Juli sagen: Viele ihrer Songs sind weitaus besser gealtert als die von anderen Bands aus der ersten Hälfte der Nullerjahre. OK, man würde den Begriff «Geile Zeit» heute wohl nur noch in Boomer-Kreisen droppen, aber diese melancholische Sommerlieben-Gitarrenballade ist wirklich ein schöner Song – den man 2004 nur ein wenig über hatte, weil er gefühlt zwei dutzend Mal pro Tag im Radio gespielt wurde.

Erst einmal Bachelor – dann wieder Karriere

Im letzten Jahrzehnt war es ein wenig stiller geworden um Sängerin Eva Briegel und ihre Mitmusiker von Juli. 2014 erschien das Album «Insel», das schon damals eher ein moderater Erfolg war. In der Schweiz landete es auf Platz 73 der Album-Charts, viele Kritiker:innen meinten, Juli hätten sich ein wenig zu sehr in ihre Komfortzone gekuschelt – was irgendwie auch stimmte.

Nach der Tour zu «Insel» machten die Band also erst einmal Album-Pause – Ende offen, obwohl nie wirklich jemand über eine Auflösung sprach. Zumindest vor der Corona-Pandemie spielten Juli auch regelmässig Konzerte und trafen sich zwischen eigenen kleinen Projekten, die verwirklicht werden wollten, im Proberaum. «Ich habe zum Beispiel meinen Bachelor in Psychologie gemacht. Der war dann auch irgendwann geschafft und dann war ich so: Jetzt würde ich auch gern mal wieder eine neue Platte machen». So erzählt es Sängerin Eva Briegel in einem Interview mit dem Online-Magazin «Diffus». Der Entschluss, den Nachfolger von «Insel» zu schreiben, habe dann recht schnell festgestanden. Einzige Bedingung: Die Band will 100 Prozent ihrer Zeit in dieses Album stecken. Ganz oder gar nicht. Doch die Art und Weise ein Album zu entwickeln, zu schreiben und zu produzieren, hat sich seit den Anfängen von Juli geändert – ein Learning, dass die Band aus den letzten Jahren zog. «Wir haben erst probiert mit vielen unterschiedlichen Leute zu schreiben und waren in vielen verschiedenen Studio-Situationen», erzählt Eva, «Da haben wir für uns gemerkt, dass wir eigentlich doch lieber zusammen an einem Ort sind. Und dann ist der Groschen so gefallen».

«Der Sommer ist vorbei» und geht noch eine Weile weiter

In diesem Jahr kam dann das Album «Der Sommer ist vorbei». Ganze neun Jahre nach «Insel». Schon die erste Single «Fette wilde Jahre» holte die Fans ab. Die ersten Zeilen darin lauten: «Ich wollt dich nur erinnern / dass wir glücklich waren / in unseren fetten wilden Jahren». Die Musik dazu ist typisch Juli, aber die Drums haben mehr Wumms, die Gitarren klingen nicht mehr nach softem Radiopop, sondern nach der Indie-Schule, aus der die Band einst entstammte. Natürlich sind die «Fetten wilden Jahre» auch eine «Geile Zeit» und thematisch schon ganz dicht dran am Hit von einst – aber who cares, wenn so ein Song dabei herauskommt.

Und wenn sich jemand über den Titel des Albums wundert: Nur weil Juli ihr Comeback-Album «Der Sommer ist vorbei» nennen, heisst das natürlich nicht, dass sie danach ihre Karriere beenden wollen. Im «Diffus»-Interview sagt Eva: «Das heisst überhaupt nicht, dass es mit der Band vorbei ist, sondern es war eher so ein Satz, den wir gefühlt haben.» Hätten wir das auch geklärt.