Veröffentlicht am 28. Juli 2022

Diese 5 Songs treffen das Festival Feeling

Um die Wartezeit auf das nächste Open-air zu verkürzen schauen wir auf fünf Hymnen, die sofort Bock auf Festival machen – vom Klassiker «Woodstock» von Joni Mitchel bis zum Geheimtipp «Memories Of A Festival» der belgischen Band dEUS.

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Joni Mitchel – «Woodstock»

Es passt irgendwie, dass die bekannteste Hymne auf Woodstock von Joni Mitchell stammt. Denn ihr geht es wie den meisten, die den Mythos Woodstock später begründen und in die Welt tragen sollten: Sie war gar nicht da. Einer ihrer Manager hatte ihr weiss gemacht, ein TV-Auftritt in der „The Dick Cavett Show“ am gleichen Wochenende sei spannender als ein Auftritt beim Woodstock. Also sass sie in einem New Yorker Hotelzimmer und knickte wegen der schwer möglichen Anreise auch den Besuch ihres damaligen Lebenspartners Graham Nash, der dort mit Crosby, Stills & Nash spielte. Sie schrieb die Hymne also nach den Bildern, die sie im Fernsehen sah, und glich sie mit den Eindrücken ihres Freundes Nash ab. In Interviews sprach sie über diese unglückliche Position und sagte einmal: «Dieser Frust darüber, nicht dabei sein zu können, hat mir einen intensiven Blick auf Woodstock ermöglicht. Ich war einer von den Fans. Ich war, wie so viele junge Menschen, ein kid, who couldn’t make it.» Wer weiss, vielleicht sorgte ja genau das für die richtige, sehnsüchtige Stimmung, die aus ihrem Lied spricht. Sie träumt sich einfach auf den Weg und beschreibt sehr szenisch, was sie sich erhofft hatte: «I came upon a child of God / He was walking along the road / And I asked him, where are you going / This he told me / I’m going on down to Yasgur’s farm.» Nach diesen Zeilen ist man mit Joni Mitchell auf der vollgeparkten Strasse, die zur Farm des Bauers Yasgur führte, bis sie dann im Refrain das grosse Ganze ins Visier nimmt und den Spirit der Hippies auch aus der Ferne in wundervolle Zeilen giesst: «We are stardust / We are golden / And we've got to get ourselves / Back to the garden.» Worte, die man eben auch – oder gerade dann – fühlen kann, wenn man als junger Hippie am anderen Ende der Welt sitzt und im Fernsehen das Festival des Jahrhunderts sieht.

102 Boyz und BHZ – «Bier»

Entschuldigen Sie, Miss Mitchel, für den harten Stilbruch: Aber es gibt nun mal auch Festival-Hymnen, die einen weniger romantischen Nerv treffen und sich an all jene richten, die ein Festival immer auch mit derben Day- oder Dauer-Drinking in Verbindung bringen. Als langjähriger Festivalgänger kann der Autor dieser Zeilen einige Songs dieser Art nennen – und viele davon hörte er zuerst auf den Campingplätzen. Da mauserte sich im deutschsprachigen Raum vor allem der Song «Bier» von den 102 Boyz aus Leer und der West-Berlin-Rap-Crew BHZ. Tiefgang holt man sich woanders und der Song thematisiert auch eher das Saufen im Studio oder beim Durch-Berlin-Ziehen, aber trotzdem trifft er zwischen Ironie und Proletentum irgendwie in Schwarze mit Strophen wie diesen: «Alle meine Brüder stinken morgens schon nach Bier (bah) / Chapo 1-0-2, ich trinke Bier, auch schon vor vier (ja) / Jetzt schon ratzevoll, doch nix befriedigt meine Gier (bubu, bah)». Oder: «Trinke nur pur Wodka, 1-0-2 markiert Revier / Ich spritze Wodka aus dem Schiebedach / 24/7 lang auf Suff mit Jungs, ich liebe das, lass ziehen, Mann / Meine Freunde parfümiert in Biergeruch / Tyskie-Kasten für die Jungs, die ganze Sippe macht sich dumm (ey)». Ihr wisst natürlich alle: Vorsichtig sein, mit den Drogen! Am besten: Finger und Nasen weg!

Cosmic Rough Riders – «Glastonbury Revisited»

Wer einmal auf dem Glastonbury war, wird das so schnell nicht vergessen. Das Festival in der britische Region Somerset ist nicht nur eines der ältesten des Landes, es ist mit rund 170.000 Menschen auch unfassbar riesig, aufregend bunt, hippiesk und geradezu mystisch aufgeladen. Die schottische Indie-Band Cosmic Rough Riders aus Glasgow hat sich mal erfolgreich dran versucht die Experience für ihr drittes Album «Enjoy The Melodic Sunshine» im Jahr 2000 in eine charmante, folkig geklampfte Hymen über einen Glasto-Besuch zu packen. Die Nummer passt damit musikalisch perfekt zu dem Steinkreis auf dem Festivalgelände, auf dem man sich gerne trifft, um abends noch die ein oder andere … äh … Zigarette zu rauchen. Gitarrist und Sänger Stephen Fleming zeichnet dieses schöne Bild: «Glastonbury evening sun / From where have all the angels come / We could hear an angel‘s choir / As we sang round an evening fire.» Dann passieren die Dinge, die auf dem Glasto immer passieren. Es regnet wie Hölle, man wird «high», die Sonne kommt wieder durch und dann: «Now that all the acid's done / We made love under the sun.» Happy End, also. Und ein Abendablauf, der sich auch auf anderen Festivals gut funktioniert.

Peppa Pig – «Festival Fun!»

Heutzutage gibt es viele Möglichkeiten die eigenen Kinder früh auf die Festivalfreuden einzustimmen. Es gibt Kinderkonzerte und -tagesfestivals, es gibt Bereiche wie das Kidzapalooza auf den Lollapalooza Festivals in Europa und es gibt Kindersendungen wie Peppa Pig, die schon früh musikalisch erklären, was ein Festival ist und was dort so passieren kann. Natürlich die jugenfreie Variante: «Daddy? What is a festival? / It's a big outdoor party with lots to see and do! / Goodie!» Aber auch die oft grausame Realität in Sachen Wetterlage wird hier schon thematisiert: «I just hope it doesn't rain, otherwise it can get a bit muddy / I like mud! / We can jump up and down in muddy puddles! / If you jump in muddy puddles, wear your boots / (Wear your boots!).» Eine Einstellung, von der sich noch so mancher wehleidiger Festivalgast heutzutage eine Scheibe abschneiden kann.

dEUS – «Memory Of A Festival»

Die belgische Avantgarde-Indie-Band dEUS ist normalerweise eher nicht so bekannt für spassig-punkig-hingerotzte Festivalhymnen wie diese. Und auch nicht für Textzeilen wie «I know this ain't nothing very deep but it's good fun / So don't run into the crowd.» Trotzdem haben sie auf ihrem vielleicht besten und emotionalstem Album «In A Bar, Under The Sea» diese kleine, feine Nummer, die gleichzeitig das exzessive eines Festivalbesuchs unterstreicht, dabei im Kern aber auch irgendwie romantisch ist. Das «So don’t run into the crowd» richtet sich nämlich an eine namenlose Begleitung, die man auf einem eher kleinen Open-air getroffen hat: «Do you remember the festival in 94 with 90 fuckups / Don't wanna meet all of your friends / The ones you like the ones you'd lock up.» Alle, die schon einmal so eine euphorische neue Festivalbekanntschaft erlebt haben, fühlen sehr genau, worum es in diesem Song geht.

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