Die 8 heimlichen Bänger im grossen Disney-Songkatalog
Bitte den Cheesecake in Flammen stecken: Das Unterhaltungsimperium des Maus-Moguls feiert seinen 100. Geburtstag. Doch statt «Happy Birthday» stimmen wir acht Lieder an, die es zwar selten auf «Best of Disney»-Compilations schaffen, dabei aber mindestens so steil gehen.
Am 16. Oktober 1923 einigten sich die bis dahin erfolglosen Brüder Roy und Walt Disney mit der Animatorin Margaret Winkler auf eine Zusammenarbeit für die Kurzfilmreihe «Alice Comedies». Aus diesem Vertrag ging das später in The Walt Disney Company umbenannte Unternehmen hervor, welches seit 100 Jahren seine Magie über die globale Unterhaltungsindustrie versprüht.
Doch woraus besteht jene Disney-Magie? Einige würden sagen, es sind die zeitlosen Geschichten aus aller Welt, deren unvergessliche Protagonisten lange nach der Kindheit in unserem Herzen bleiben. Andere glauben, es ist die Konsolidierung populärer IP-Rechte zwecks Monopolstellung im nostalgiebasierten Content as a Service Consumer Space.
Für uns ist es – selbstverständlich – die Musik. Einige der unvergesslichsten Melodien der letzten Jahrzehnte gehen aufs Tantiemen-Konto der Big D Company. Hier soll es aber nicht um all die «Let It Gos» und «Hakuna Matatas» und «Circles of Lifes» gehen, die wir alle schon mal beim Klassenlagerkaraoke ins Mikrofon blökten.
Stattdessen drehen wir zur grossen Jubiläumsfeier jene Ständchen auf, die es nie zum ganz grossen Disney-Hit schafften, aber trotzdem aus deiner mausohrigen Boom Box dauerschleifen sollten.
Friends On the Other Side (The Princess and the Frog, 2009)
Wir fürchten uns nicht vor den dunklen Mächten. Sonst würden wir nicht täglich unser Horoskop auf Instagram lesen. Dementsprechend sind wir geradezu hypnotisiert, wenn der sinistre Dr. Facilier von seinen Handlangern in der Schattenwelt schwärmt. Wuchtig vorgetragen von Charakterdarsteller Keith David, ist «Friends On the Other Side» das perfekte Beweisstück für unsere Theorie, dass die Bösewichte in jedem Disney-Film musikalisch die Show stehlen.
Why Should I Worry (Oliver & Company, 1988)
Was, wenn «Walking On Sunshine» keine acht Tassen Kaffee getrunken hätte, bevor es aus dem Haus rannte? Das Resultat klänge wahrscheinlich wie dieser Jam von Billy Joel. New Yorks favorisierter Troubadour schrieb seiner Heimatstadt mit «Why Should I Worry» eine entspannte Liebeserklärung für einen unterschätzten Disney-Film, der doch eigentlich alles hat: eine populäre Buchvorlage, ein herziges Büsi und eine Warnung über die Gefahr von Autofahren auf Zuggleisen.
Oo-De-Lally (Robin Hood, 1973)
Es ist Dienstagnachmittag. Wir sind noch immer in der Unterwäsche. Durch einen Strohhalm saugen wir die vierte Piña Colada leer. Ausser für die vier Piña Coladas haben wir noch keinen Finger gerührt. Aus dem Plattenspieler tönt «Oo-De-Lally». Das Leben ist schön. Bereits in seinem grössten Hit «King of the Road» besingt Roger Miller das einfache Glück, welches mit besitzlosem Slackertum einhergehen kann. Diese Message unterstreicht er mit dieser Ode an die Freundschaft von Robin Hood und Little John.
The Mob Song (Beauty and the Beast, 1991)
Bevor Antimonarchist Gaston das revolutionäre Proletariat in die heldenhafte Schlacht gegen das Biest und seine Schergen schickt, peitscht er das Volk mit einem Kampflied an und lässt dabei auch unsere Fackeln aufgehen. Wahrscheinlich haben wir den Film aber auch einfach falsch verstanden. Komponist Howard Ashman, der kurz nach Fertigstellung von «Beauty and the Beast» an den Folgen einer HIV-Infektion starb, sah im Songtext vielmehr eine Metapher für die damals herrschende AIDS-Panik.
Hawaiian Roller Coaster Ride (Lilo & Stitch, 2002)
In der aktuellen Wirtschaftslage ist es wichtig, ein wachsames Auge auf die eigenen Finanzen zu werfen. Deshalb fliegen wir auch nicht mehr länger jeden Monat mit dem Firmenjet für drei Tage nach Waikiki, nur weil uns dort die Croissants besonders gut schmecken. Stattdessen schmieren wir einfach jeden Tag etwas Sonnencreme ein und drehen Mark Kealiʻi Hoʻomalus «Hawaiian Roller Coaster Ride» extra laut auf. Mehr braucht es nämlich gar nicht fürs perfekte Feriengefühl.
I 2 I (A Goofy Movie, 1995)
Das Einzige, was diesen Song von Tevin «Powerline» Campbell noch mehr 1990er machen könnte, wäre ein Saxofon-Solo von Bill Clinton. Dieser Song ist so sehr 1990er, dass während der Produktion Steve Urkel eine Flasche Hooch übers Mischpult schüttete und rief: «War ich das etwa?» Spätestens wenn die Sitcom-Intro-Gitarre einsetzt, hoffen wir, dass unsere Fallschirmhose jene Dance Moves aushält, die wir geradezu zwanghaft aufs Parkett legen müssen.
Les Poissons (The Little Mermaid, 1989)
Gilt in Frankreich dieser Song als Hassverbrechen gegen die Nation? Sehr wahrscheinlich. Aber wir sagen: Cry me a Seine. Nicht nur wippen wir rhythmisch mit, sondern kriegen so sehr Bauchgrummeln, dass wir für Samstag einen Tisch im Bistro de l’Escargot Flambée Oh Là Là reservieren. Ìn der Rolle von Chef Louis singt René Auberjonois (Trekkies rufen jetzt «Odo von Deep Space Nine? Oh shit!») PETA den Kampf an. Dass es dieses Chanson nicht auch in die Neuverfilmung geschafft hat: beaucoup de scandal!
The Headless Horseman (The Adventures of Ichabod and Mr. Toad, 1949)
Wer bereits für die nächste Halloween-Party den Kürbissen an die Kerne geht, sollte sich diesen Deep Cut definitiv für die Playlist vormerken. «White Christmas»-Schunkelonkel Bing Crosby verbreitet für Disneys Interpretation von «The Legend of Sleepy Hollow» wohltemperierten Crooner-Grusel. Erinnert der Strophen-Rhythmus etwas gar an «Puttin’ On the Ritz»? Das sollen die Anwälte entscheiden. Wir wollen deswegen nicht den Kopf verlieren und zünden lieber eine Kerze an.