Publié le 31. juillet 2024

Warum ist Country auf einmal so verdammt cool?

Lange galt das Genre Country als altbacken und konservativ. Heute erobert ein schwarzer Cowboy namens Shaboozey TikTok und selbst Beyoncé und bald Lana Del Rey oder Post Malone haben Country-Alben in ihrer Diskographie. Wo kommt dieser Hype eigentlich her?

Journalist
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Bevor man sich der Frage widmet, warum Country-inspirierte Musik heute auch von den «cool kids2 gefeiert wird, sollte man erst einmal klarstellen, dass Country im Mutterland des Genres durchgehend hoch im Kurs war.

Die Country-Charts waren in den USA schon immer ein wichtiger Faktor und über die Jahre haben oder hatten Country-Musiker:innen wie Dolly Parton, Willie Nelson, Patsy Cline, Johnny Cash, Merle Haggard, Shania Twain, Billy Ray Cyrus, Sheryl Crow oder Hank Williams einen Erfolg, der weit über das Genre hinaus reichte. Taylor Swifts Anfänge liegen ebenfalls in einem eher country-esken Pop.

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Auch heute geniessen zeitgenössische Country-Künstler:innen wie Kacey Musgraves, Luke Combs, Morgan Wallen oder Zach Bryan den Status von Superstars und spielen einen eher traditionellen Stil. Parallel dazu gibt es schon lange eine Art Country-Subkultur, wo zum Beispiel der maskierte, queere Cowboy Orville Peck neue Akzente setzte.

Lil Nas X als Gamechanger

Dass Country-Elemente oder gar reine Country-Songs heute auch in den Popcharts präsenter denn je sind, haben wir zu grossen Teilen einem jungen Mann namens Montero Lamar Hill zu verdanken. Zum Zeitpunkt seines grossen Durchbruchs im Jahr 2018 nannte er sich Lil Nas X.

Sein Country-Rap-Bastard «Old Town Road» basiert lustigerweise nicht auf einem Country-Sample sondern auf einem der Industrial-Band Nine Inch Nails. Aber die Vibes des Songs und vor allem die von Lil Nas X ausgerufene «YeeHaw Challenge» spielten mit Country-Klischees, ohne sie dabei zu verlachen. Später wurde Lil Nas X‘ Wunsch erhört, den Song mit Country-Star Billy Ray Cyrus noch einmal aufzunehmen – ein Crossover mit Folgen.

Familie Cyrus war ihrer Zeit voraus

Cyrus ist ein gutes Stichwort: Denn diese Familie ist quasi der gelebte Brückenschlag zwischen Country und Pop. Billy Ray Cyrus‘ Töchter Miley und Noah sind bekanntlich beide Musikerinnen. Die jüngere, Noah, sang anfangs erst eher auf elektronischen Pop-Produktionen, veröffentlichte 2020 aber das starke Debütalbum «The End Of Everything», das in Tracks wie dem folgenden schon sehr nah am Country ist – mit einem sehr modernen (einige Puristen sagten: blasphemischen) Twist.

Miley Cyrus, die musikalisch von Abrissbirnen-Pop bis freaky Shit mit den Flaming Lips schon alles durch hat, veröffentlichte ihr Country-lastiges Album «Younger Now» bereits kurz vor dem aktuellen Hype im Jahr 2017. Ein reifes, schönes Werk, das ruhig ein wenig mehr Würdigung erfahren dürfte. Einzige Gaststimme auf der Platte: Country-Ikone Dolly Parton.

Beyoncé besteigt das Pferd

Der ganz grosse Country-Hype kam dann natürlich mit Beyoncés Ausritt «Cowboy Carter». Wie sie es zuvor mit Disco auf dem Album «Renaissance» getan hatte, nimmt sie sich hier mit einem grossen Kreativteam Country vor und holt vor allem die jungen wie alten Protagonist:innen der Schwarzen Community im Country an Bord.

Das stärkste Statement dieser an starken Statements nicht armen Platte ist wohl Beyoncés Beatles-Interpretation «Blackbiird» – hier singen mit ihr: Brittney Spencer, Tanner Adell, Tiera Kennedy und Reyna Roberts. Alle vier gelten heute als Country-Heldinnen, wurden aber vor allem im Country-Hotspot Nashville und in der überwiegend weissen Musikbranche immer wieder an den Rand gedrängt.

Auch Shaboozey ritt mit «Cowboy Carter»

Es lohnte sich, mal genau zu schauen, wer so alles auf «Cowboy Carter» mitmischt. Bei zwei Tracks landete man auf diese Weise bei Shaboozey. Der heisst eigentlich Collins Obinna Chibueze, wurde 1995 als Sohn nigerianischer Eltern in den Staaten geboren, und wuchs in Woodbridge, Virginia auf – eine Region, in der viele Männer Cowboy-Hut tragen und Country-Mucke hören.

Spätestens mit seinem zweiten Album «Cowboys Live Forever, Outlaws Never Die» aus dem Jahr 2022 machte er das klar, was auch Queen Bey und Lil Nas X verdeutlichen wollten: Country ist mitnichten ein White-Dude-Thing.

Mit dem Hit «A Bar Song (Tipsy)» hat Shaboozey nun auch endlich den Status, den er lange verdient hat.

Lana Del Rey und Post Malone satteln gerade auf

In naher Zukunft stehen noch die Country-Alben von Rapper Post Malone und Lana Del Rey aus – und auch danach wird es wohl immer wieder Jahre geben, in denen Künstler:innen aus Pop und Rap dort mal mitmischen wollen.

Trotzdem ist der aktuelle, kommerziell spürbare Country-Hype beträchtlich – und der liegt zu gleichen Teilen an etablierten Acts und den innovativen Grenzgänger:innen, die oft (zum Beispiel im nächsten Video) voneinander profitieren.

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