Steven Wilson oder der bescheidene Gott des Prog
Fans progressiver Rockmusik und fantastischer Produktionen kriegen bei dem Namen Steven Wilson leuchtende Augen. Mit seiner Band Porcupine Tree hat er nicht weniger getan, als dieses angestaubte Genre zu retten. 2025 kommt er solo auf Tour.
An ihren Streaming-Zahlen erkennt man nur manchmal, wie wichtig die britische Band Porcupine Tree vielen Menschen ist. Aber das könnte auch daran liegen, dass sich ihre Fans oft als Sound-Connaisseure sehen und Alben wie «Deadwing» (2005), «Fear Of A Blank Planet» (2007) oder das letzte «Closure / Continuation» (2022) natürlich Vinyl besitzen.
Letztgenanntes landete bei uns und in Deutschland übrigens auf Platz 1 der Album-Charts – in UK verfehlte man die Spitze knapp.
Steven Wilson ist Porcupine Tree + x
Hinter Porcupine Tree steckt vor allem deren kreativer Kopf Steven Wilson. Der Brite gilt für viele als Retter der progressiven Rockmusik, was vor allem daran liegt, dass bei ihm autodidaktisch erworbenes, beeindruckendes Können auf ein eher gefestigtes Ego trifft, das keine Prahlereien braucht.
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In Interviews ist Wilson humble und zuvorkommend, pflegt das britische Understatement und amüsiert sich eher leise darüber, wenn ihn eine Zeitung – wie in diesem Fall «Die Welt» – ihn mal wieder «den wahrscheinlich unbekanntesten Superstar der Welt» nennt.
Steven Wilson spielt nicht nur zahlreiche Instrumente – und vor allem Gitarre und Keyboard ziemlich gut – er ist ausserdem auch Produzent und Tontechniker. Das meiste Wissen hat er sich selbst draufgeschafft.
Die Eltern sind schuld
Im Interview mit «Die Welt» erzählte Wilson im letzten Jahr, dass vor allem sein Elternhaus dabei sehr wichtig war: «Meine Eltern haben mir schon als Kind einen richtig guten Musikgeschmack vermittelt. Meine Mutter hörte die richtige gute Disco-Musik, mein Vater eher ‚Dark Side oft he Moon‘ von Pink Floyd und ‚Tubular Bells‘ von Mike Oldfield.»
Schon früh habe er dann begonnen, selbst Stücke zu komponieren. Und er verfügte schon als junger Teenager über Bordmittel, die selbst grossen Bands damals nicht zur Verfügung standen.
«Mein Vater war Elektroingenieur. Er baute mir einen kleinen Sequenzer und einen Kassettenrekorder, mit dem ich mehrspurig aufnehmen konnte. Auch einen Vocoder. Wie das alles funktionierte, musste ich selbst herausfinden – es gab ja noch kein Internet. Ich war damals zwölf Jahre alt.»
Produktivität auf Anschlag
Steven Wilsons letztes Soloalbum hiess «The Harmony Codex», erschien 2023 und war ebenfalls Top-5-Material in der Schweiz, UK, Deutschland und den Niederlanden. Solo war es sein siebtes, mit Porcupine Tree hat er elf aufgenommen. Dazu kommen noch zahlreiche Produktionen mit Projekte wie No-Man, Blackfield, All Bass Communion oder Incredible Expanding Mindfuck .
«The Harmony Codex» ist auch für einen Steven Wilson erstaunlich experimentell. Er selbst sagte, er habe es nie zuvor geschafft, sich selbst dermassen oft zu überraschen wie auf dieser Platte. «Ich machte das Album, ohne zu wissen, ob es überhaupt jemand hören würde. Der Lockdown hat mir einen total selbstbezogenen Zugang zur Musik ermöglicht.»
Neues «sehr konzeptionelles» Album 2025
Nach Ende des Lockdowns war es erst einmal vorbei mit der Selbstbezogenheit: Steven Wilson schenkte seine Fans ausführliche Touren mit Porcupine Tree. Das Soloalbum kam dabei ein wenig zu kurz. Deshalb hat Steven Wilson nun für 2025 einen neue Solotour angekündigt, die ihn auch nach Zürich führen wird.
In einem Interview kündigte er kürzlich sogar an, dass er nicht nur «The Harmony Codex» betouren werde, sondern auch ein neues Album mitbringt. Es werde wieder ganz anders als der Vorgänger klingen, so Wilson: »Die Platte enthält nur zwei rund zwanzigminütige Stücke. Es ist sehr konzeptionell gehalten und ich denke, dass ich Anfang nächsten Jahres soweit sein werde, dass das Album veröffentlicht werden kann.»
Steven Wilson wird am 10. Juni 2025 in The Hall in Zürich spielen. Tickets und Infos gibt es hier.