Publié le 04. septembre 2024

KATSEYE im Interview: «Als Kind hätten wir gerne eine Band wie uns gesehen.»

Die sechs Frauen der Band KATSEYE wurden weltweit aus 120.000 Bewerberinnen ausgesucht, gut zwei Jahre lang in L. A. nach K-Pop-Methoden ausgebildet und dann in einer Live-Show zur Band. An Bord ist auch die Schweizerin Manon Bannerman. Wir sprachen mit der Band über ihr Debüt «SIS – Soft Is Strong» und die bisweilen kontrovers diskutierte Netflix-Doku-Serie «Pop Star Academy: KATSEYE».

Journalist
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Mitte August veröffentlichten KATSEYE ihre durchaus gelungene Debüt-EP «SIS – Soft Is Strong», kurz darauf ging bei Netflix die Dokumentation «Pop Star Academy: KATSEYE» on air – was für die Band Fluch und Segen zugleich ist.

Denn die achtteilige Doku von Nadia Hallgren, die zuvor die Michelle-Obama-Doku «Becoming» gedreht hatte, zeigt auch die Konflikte unter den zwanzig ehrgeizigen, jungen Talenten, die um einen Platz in der Band kämpfen.

Die Netflix-Doku

Dabei gerät vor allem die Schweizer Teilnehmerin Manon in die Kritik. Sie hatte im Gegensatz zu vielen anderen keine Tanz- und Gesangs-Erfahrung, war in den entsprechenden Rankings also immer recht weit hinten. Aber die Produzent:innen erkannten eben gleich ihr «Star Potential» – und vor allem das online abstimmende Publikum liebte sie.

Als Manon eine Weile mit dem Training hadert, krank ist und einige Kurse verpasst, missgönnen ihr viele, dass sie weiter im Rennen ist. Vor allem, als die ersten Teilnehmerinnen nach Hause geschickt werden.

«Pop Star Academy: KATSEYE» auf Netflix – fair oder fies? | ZUM ARTIKEL

Obwohl der Konflikt in den letzten Folgen gelöst wird, bleibt nun bei vielen hängen, dass zwei der aktuellen Bandmembers in der Serie über Manon lästern, oder sie verbal hart kritisieren. Wer jedoch die aktuellen Clips bei TikTok und Co. sieht, oder KATSEYE wie wir per Zoom interviewen kann, spürt eine Sisterhood und einen Spass an der Sache, den man schlecht schauspielern könnte.

KATSEYE werden nicht umsonst eine Global Pop Group genannt

Hier kommt nun unser Gespräch mit der kubanisch-amerikanischen Daniela Avanzini (20), der indisch-amerikanischen Lara Raj (18), der Schweizerin Manon Bannerman (22) mit italienisch-schweizerisch-ghanaischen Wurzen, der Philippinerin Sophia Laforteza (21), der Südkoreanerin Yoonchae Jeong (16) und der in Hawaii aufgewachsene Megan Skiendiel (18), deren Familie aus China und Singapur stammt.

Ihr hattet gerade in Los Angeles euer erstes Fan-Meeting. Wie fühlte es sich an, zum ersten Mal als richtige Band vor den «EYEKONS» (so heisst das offizielle Fandom) zu spielen?

Yoonchae: Das war ein sehr bedeutender Moment für uns. Wir haben zum ersten Mal einen Teil der Menschen getroffen, die uns von Anfang an im Netz supporten. Wir hatten viel Spass an dem Tag.

Megan: Für mich war ein besonderer Moment, als wir zum ersten Mal «My Way» performten. Dieser Song hat einen besonderen Platz in meinem Herzen. Ausserdem haben wir dem Publikum kurz vorher unsere Fan-Chants beigebracht, also die Stellen, bei denen sie mitsingen sollen. Als ich die Crowd während der Performance sogar durch meine In-Ear-Kopfhörer hörte, dachte ich: OMG, das ist so verrückt! Diese Energie im Raum war unvergleichlich.

Daniela: Das Meet & Greet war auch sehr aufregend. Wir konnten zum ersten Mal direkt mit den Fans sprechen …

Sophia: … und alle wollten Hugs!

Daniela: Genau. Und Fotos mit uns.

Ich muss zugeben, dass ich anfangs nicht gedacht hätte, dass bei diesem Projekt am Ende eine gute Band rauskommt. Klar, mit HYBE, die auch BTS hervorgebracht haben, und Geffen, steckt eine ziemliche Power dahinter, aber ich war mir nicht sicher, ob man wirklich mit den harten K-Pop-Methoden in nur zwei Jahren etwas auf die Beine stellen kann. Ich bin also mehr als positiv überrascht und krieg «Touch» seit Tagen nicht mehr aus dem Kopf. Wie das halbe Internet auch … Wann war für euch der Moment, in dem ihr dachtet: «Shit, das könnte ja funktionieren?»

Manon: Für mich war es der Moment, in dem wir in der Live-Show für die Gruppe ausgewählt wurden. Da dachten wir alle: «Oh, verdammt. Unsere Träume werden jetzt wirklich wahr!» Noch intensiver wurde diese Erkenntnis, als wir mit der Arbeit an der EP begannen und «Touch» zum ersten Mal hörten. Wir haben alle so viel harte Arbeit reingesteckt und waren 24/7 in Action – da fühlt es sich wirklich gut an, dass es funktioniert.

Das mit der harten Arbeit sieht man in der Neftlix-Doku. Man sieht aber auch, wir heartbreaking und emotional so ein Projekt sein kann – vor allem, wenn man plötzlich in Konkurrenz zueinandersteht. Wie war es für euch, die Doku zu sehen?

Daniela: Ich glaube, als wir den Dokumentarfilm sahen, waren wir alle zunächst einmal sehr aufgeregt, dass er endlich veröffentlicht wurde. Wir sahen ihn erst einige Tage vor Release. Und ja, ähm, es war sehr intensiv. Es war ja auch eine harte Trainingszeit und es fühlte sich an, als wären wir in der Zeit zurückgereist. Wir alle haben all diese Momente noch einmal durchlebt. Wir haben alle Emotionen gespürt. Ich habe bei jeder einzelnen Folge geweint. Vor allem die «Eliminations», wenn jemand gehen musste, waren hart. Andererseits ist es schön, dass wir unsere Geschichten endlich mit der Welt teilen können.

«Eleminations» ist so ein hartes Wort …

Lara: Ja, oder? Wer hat sich das bloss ausgedacht.

Manon: Ich glaube, wir waren aber auch alle sehr stolz, als wir die Dokumentation gesehen haben. Sie hat viele inspirierende Geschichten in sich und man kann mit jeder Folge sehen, wie wir an unserer Rolle wachsen. Die Leute vergessen schnell, dass das ein langer Prozess war, der alles in allem fast vier Jahre dauerte – wir haben uns alle verändert in der Zeit und besser kennengelernt.

Hinter der Ausbildung stecken einige ziemlich bekannte Namen. HYBE-Chef Bang Si-hyuk, der BTS zusammenbrachte und zu Weltruhm verhalf, war Teil der Jury. Tanztrainerin Nicky Paramo tanzte an der Seite von Britney Spears, Choreograf und Juror Son Sung-deuk wiederum entwickelte viele der fantastischen BTS-Choreografien. HYBE und Geffen haben als Label also sehr viel investiert und das merkt man bei euren Mentor:innen. In der Doku sagt mal jemand: «They’re always on our asses!». Wie blickt ihr jetzt mit etwas Abstand auf den Trainingsprozess?

Megan: Es war manchmal wirklich hart, aber es fühlte sich immer wie «tough love» an. All unsere Lehrer:innen wollten zwar, dass wir besser werden, aber sie kümmerten sich auch um uns als Menschen. Wir lieben sie also immer noch, auch wenn sie uns manchmal hart kritisiert haben.

Lara: Meistens passierte das auch nur in den Momenten, in denen wir wirklich nachlässig waren…

Megan: Ja, sie waren fast wie strenge Eltern. Aber am Ende des Tages wussten wir alle, dass sie nur versuchten, uns voranzubringen und alles aus uns herauszuholen. Wir sind also vor allem dankbar, denn es hat letztendlich funktioniert.

Lara: Wir sind alle über uns hinausgewachsen. Einige von uns konnten nicht tanzen, andere hatten noch nie Gesangsunterricht. Mir kommt es vor, als hätten sie uns von Grund auf neu aufgebaut und uns dabei so viel Weisheit und Wissen gegeben. Sie haben uns mental stark und bereit für diese Welt und diese Branche gemacht. Mit Son und anderen aus der Zeit arbeiten wir übrigens immer noch zusammen.

Viele Trainingseinheiten stammen sozusagen aus dem K-Pop-Lehrbuch, mit dem die Idols in Südkorea ausgebildet werden. Wenn ich BTS oder Le Sserafim – die ihr ja in Seoul getroffen habt – in Action sehe, kriege ich immer ein wenig Angst vor ihnen, weil sie so perfekt tanzen, singen, rappen – und sogar ihre Mimik komplett im Griff haben. Wie war eure Verbindung zu K-Pop? Und machte es euch nicht auch ein wenig Angst, dass ihr dieses ja als sehr hart bekanntes Training machen musstet?

Sophia: Ich war gerade K-Pop-Fan geworden, als ich von dem Casting erfahren habe. Als ich in dann ins Programm kam und anfing, das zu erleben, was die Idols täglich durchmachen, wuchs mein Respekt vor ihnen ins Unermessliche. Man hörte ja immer wieder, wie hart Idols arbeiten, einige von ihnen sogar fünf bis sieben Jahre, um überhaupt mal die Chance eines Debüts zu haben. Ich habe immer gedacht: Klar, die trainieren jeden Tag. Tanzen stundenlang. Singen. Büffeln Choreografien. Aber wenn du selbst drinsteckst und weisst, wie diese Tage gefüllt sind, ist es eine ganz andere Erfahrung. Aber wir hatten die richtigen Leute um uns, die uns jeden Tag den Rücken stärkten, die wollten, dass wir gewinnen, und die uns jeden Tag antrieben.

Ich sagte es ja schon: Die Labels haben viel Geld in euch investiert, der Druck muss immens sein. Wie schafft man da, die Freude an der Musik nicht zu verlieren?

Manon: Ach, das geht. Trainingstage und Proben sind lang. Sie sind anstrengend. Aber sie sind auch irgendwie lustig. Wir haben Spass, wenn wir zur Probe gehen, wir machen Witze, wir sind albern. Wir sind schliesslich immer noch Teenager oder junge Erwachsene – da ist man sehr albern. Ich glaube, was uns antreibt, ist einfach unser gemeinsamer Traum, eine erfolgreiche Girlgroup zu sein. Wir wissen, dass wir uns dafür anstrengen müssen. Die Arbeit zahlt sich aus.

Sophia: Genau. Wir erinnern uns in schwachen Momenten immer daran, dass wir buchstäblich unseren Traumjob haben. Wir alle standen als junge Mädchen mit der Haarbürste als Mikro vor dem Spiegel und haben gesungen, oder uns crazy Tänze ausgedacht. Dieses kleine Mädchen ist immer noch in uns und hat gerade die Zeit ihres Lebens.

Wir waren glaub ich bei starzone.ch sogar die ersten, die gemerkt haben, dass wir in der Schweiz bald sowas wie ein K-Pop-Idol haben könnten. Deshalb mal kurz zwei Schweizer Fragen an dich, Manon. Also, was vermisst du gerade am meisten an deiner Heimat?

Manon: Das frische Wasser! Aus den Brunnen, dem Wasserhahn und natürlich dem See. Hier in L.A. schmeckt das Wasser … anders. Ansonsten vermisse ich noch so ein paar Schweizer Snacks, die es hier nicht gibt, aber am meisten natürlich meine Familie. Und die Berge.

Bei Netflix sieht man, wie du – ich glaube an der Europaallee in Zürich – deine Schwester triffst und ihr eröffnest, dass du jetzt für die nächsten zwei Jahre weg sein wirst. Was fühlt man in so einem Moment?

Manon: Es war natürlich ein sehr emotionaler Moment. Ich wusste da schon eine Weile, dass ich bald ‚Ciao‘ sagen musste, aber meine Schwester hat viel Verständnis für mich. Ich glaube, sie sagt sogar: ‚Oh, meine kleine Schwester geht in die weite Welt!‘ Aber ja, es sind Tränen geflossen, aber sie hat sich sehr gefreut, weil sie halt weiss, dass ich das machen will. Alles in allem würde ich sagen: Es war bittersüss.

Ihr werdet von euren Labels Global Pop Group genannt. Ich fand diese Bezeichnung erst ein wenig lame, aber wenn man sich KATSEYE nun als Band anschaut und eure Backgrounds kennt, muss ich zugeben, dass das schon ziemlich gut passt. Im Clip zu «Touch» fiel mir auf, dass zum Beispiel du Lara in einer Szene «full Bollywood» gehst und auch mit deinem Look gerne deine indischen Roots higlightest. Wie wichtig ist euch der Aspekt, vielleicht auch ein wenig Vorbild für eine offene Welt zu sein?

Lara: Wir nehmen diese Rolle mit viel Stolz, Ehre und Respekt an. Wir sehen ja auch, dass wir viele Fans in unseren Kulturkreisen haben und sehr schönes Feedback von ihnen bekommen. Wir sind alle sehr ausdrucksstark und stolz auf unsere Kulturen. Und ich glaube, wir sprechen untereinander immer darüber, dass wir als Kinder gerne eine Band wie uns gesehen hätte. Man will als Kind ja immer eine Art Star-Version von sich selbst in den Medien und in der Unterhaltung gespiegelt sehen, und ich habe das Gefühl, dass einige von uns das nicht hatten, als wir aufwuchsen. Es ist aufregend nun vielleicht selbst diese Rolle zu spielen. Wir sind sehr dankbar, dass wir das tun können und hoffentlich Menschen dazu inspirieren, ihre Träume zu verwirklichen.

Sophia: Du hast es perfekt ausgedrückt ... ich liebe es ... es ist, als würde mein Herz warm werden.

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