Publié le 17. juillet 2024

Ikkimel kommt mit Schlagring und Schlüpper

Die Berlinerin Ikkimel steht auf «Keta und Krawall», trägt gerne «Bikini Grell» und ist «Aszendent Bitch». Ihr atziger, oder wie sie sagen würde «f*otziger» Techno-trifft-Rap-Style provoziert viele – obwohl sie eigentlich nur das tut, was die Rapmänners schon seit Jahren tun: sexualisiert rumprollen.

Journalist
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OMG! Sie hat’s schon wieder getan! Im neuesten Feature-Part von Ikkimel auf dem Track «MÄNNERGEFÜHLE» von Saló (produziert von UHD) sind schon wieder Lines, die den prüden, misogynen und chauvinistischen Teil von TikTok zur Schnappatmung treiben werden.

Ikkimel rappt darin: «Bettel mich nicht an, du Wurm, sonst ist mein Fuss in dei'm Gesicht / Was ich dir zu sagen hab', ist: ‘Ich Frau, du nichts’ / Und sie fragen: ‘Ikkimel, was hältst du so von Männern?’ (Mhh) / Ich sag' mal so: Ich fick' sie gern, aber muss die nicht kenn'nlern'n / Auf dem Klo, im Büro, ich mach' es überall gern / Macker einfach abtreiben, dann wär auch vieles leichter.»

Dieses «Ich Frau, du nichts» ist übrigens eine Referenz auf den wirklich unterirdischen und zutiefst misogynen Atzenrap-Song «Du Nichts Ich Mann» von King Orgasmus One, der schon von SXTN im Track «Hass Frau» aufs Korn genommen wurde. Diese Feststellung führt schon mal zum besseren Verständnis der Künstlerin bzw. Kunstfigur Ikkimel: Sie greift sich, zumindest lyrisch, ein besonders unschönes Kapitel des Deutschraps und gibt diesem einen eigenen, selbstermächtigenden Spin.

Ikkimel ist «Aszendent Bitch»

Ikkimel heisst eigentlich Melina, wird von ihren Freund:innen Mel genannt, stammt aus Berlin-Tempelhof und hat mal Linguistik studiert. Seit 2023 veröffentlicht sie regelmässig Songs, die sich musikalisch bei Rap, Hyperpop, Jersey-Club, Trance und House bedienen.

Auf ihrem YouTube-Channel steht die vielleicht schönste Beschreibung von ihr: «Ikkimel ist die überspitzte Personifizierung des schlechten Umgangs, vor dem die römisch-katholische Kirche immer gewarnt hat.» Hier darf man sich die Worte «überspitze Personifizierung» ruhig in Rot unterstreichen. Denn, wer es noch nicht geschnallt hat: Ikkimel ist die Kunstfigur einer sehr intelligenten und hart lustigen Frau.

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Ikkimels Debüt-EP trägt den Titel «Aszendent Bitch» und kam im Mai 2023, so richtig los ging es dann im Herbst letzten Jahres, als «Keta und Krawall» TikTok eroberte. Der Song nimmt sich in grellen Zeilen die Berliner Clubkultur vor – oder zumindest die Clubkultur der Touries und Zugezogenen, die diese Welt oft aufs Ballern, Fetisch-Vögeln und Dumm-Raven reduzieren.

Der Track ging viral – mit der ironischen Volte, dass eben jener Teil der Clubszene, der hier satirisch aufs Korn genommen wird, die Lines nur zu gerne mitsang. Aber eben diese Zeilen sind ja wirklich ikonisch – und so dumm auf die Zwölf, dass man es schon fast einen Genie-Streich nennen kann: «Keta und Krawall, meine Nase ist wund / Titten sind prall und mein Arsch ist rund / Das beste Pferd im Stall und ich mache mich dumm / Wir sind so wie Captain Morgan, weil wir machen rum.»

Ikkimel ist «offiziell die allergrösste F*tze der Stadt»

In ihren Singles schmückt Ikkimel ihre Kunstfigur nach und nach ein wenig mehr aus. Vor allem «Bikini Grell» klingt wie eine Bedienungsanleitung zum besseren Verständnis ihrer Kunst. «Sie sagen: ‘Mel, du bist mir ein bisschen zu krass’ / Ich sag: ‘Okay’, lade nach und schiesse mich ab / Bikini grell, und er ist ein bisschen zu knapp / Denn ich bin offiziell die allergrösste Fotze der Stadt.»

Bezeichnend sind auch diese Worte: «Ich zieh noch mehr als der Delfin Pipper der Flipper / Im Gepäck für heute Nacht hab ich 'n Schlagring und 'n Schlüpper.» Ikkimel rappt dabei immer wieder sehr randalig und notgeil, so wie es Rap-Dudes wie Frauenarzt, King Orgasmus One, Finch Asozial oder Die Atzen schon seit Jahrzehnten tun.

Die Haltung von Ikkimel ist dabei immer deutlich: SIE reisst sich die Typen auf und sagt in direkten Worten, was sie von ihnen will. Hier heisst es zum Beispiel: «Ich mag es, wenn er hässlich ist, dann hab ich was zu lachen / Beuteschema: vorbestraft, Führerschein: gewaschen.»

Ikkimel zeigt, wenn sie will, dass man sie f*ckt

Dass man sich gerade überall über Ikkimel aufregt, liegt vor allem an ihrem Song mit Ski Aggu: «Deutschland» ist sozusagen der inoffizielle EM-Song, den man nur unter der Ladentheke oder in den dunklen Ecken hinter den UEFA-Stores bekommt. Im Video heiraten die beiden mal eben und entern mit ihrer Entourage eine richtige Kirche. Das war Aufschrei Nummer eins.

Viral ging aber vor allem das TikTok-Snippet der Pre-Hook von Aggu und ihr. Die geht so: «Eyo, Ikki, fetzen wir 'ne Kleine? (Hm?) / Ne, Aggu, eine Fette oder keine (Okay) / Doch warum schaust du mich jetzt an mit diesem Blick? / So guck' ich immer, wenn ich will, dass man mich fickt.» Die Influencerin @anastasiashyk und andere posteten Videos wie dieses, in dem sie Ikkimel vorwerfen, zu weit zu gehen.

Das sorgte auf der einen Seite für Aufschrei Nummer zwei, bei dem einige weirde TikTok-Männer und Moralapostel nur zu gerne aufsprangen. Gleichzeitig wurden diese Videos aber auch hart gestitcht – unter anderem von vielen jungen Frauen, die noch einmal klarstellen, dass man Ikkimels selbstgewählte Übersexualisierung zwar nicht mögen muss, sie aber im Grunde nur das tut, was Männer schon lange viel schlimmer tun. Vor allem die Influencerin Yasmin Bal trifft die Sache sehr gut:

Ein Fazit, dass wir exakt so unterschreiben würden. Bleibt am Ende nur noch der Verweis auf die zuletzt fast überall ausverkauften Touren von Ikkimel. Ein Konzert von ihr muss man wahrlich mal gesehen haben – auch wenn das eine Reise weit über die Grenzen des guten Geschmacks hinaus ist. Wie es auf Tour bei Ikkimel so zu geht, könnt ihr hier sehen:

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