Veröffentlicht am 26. Juli 2023

The 1975 in Malaysia: Privilegierte Solidarität

Vergangenes Wochenende nutzte The 1975-Leadsänger Matty Healy die Bühne in Malaysia, um seine Unterstützung für die LGBTQIA+-Gemeinschaft zum Ausdruck zu bringen. Allerdings verärgerte er mit der gut gemeinten Aktion nicht nur die Regierung, sondern auch die Fans und die queere Community selbst.

Journalist

Es ist nicht das erste Mal, dass Matty Healy, der Leadsänger von The 1975, die Bühne nutzt, um seine Meinung kundzutun. Bereits 2019 sorgte er während eines Auftritts in den Vereinigten Arabischen Emiraten für internationale Aufmerksamkeit, als er einen männlichen Fan auf den Mund küsste. Das Publikum in Dubai zeigte damals noch Zustimmung durch Applaus.

Doch als Healy vergangenes Wochenende auf der Bühne in Malaysia mit seinem Bandkollegen Ross MacDonald rummachte, löste er damit eine Welle der Empörung aus. Die lokale Community, die Regierung und auch die Fans, die sich auf die nun abgesagten Shows freuten, reagierten mit Unverständnis.

Malaysia ist wütend

Es war keine Überraschung, dass die Regierung, die Homosexualität seit jeher verbietet, scharf auf den Vorfall reagierte. The 1975 wurden noch am selben Abend des Landes verwiesen und das dreitägige Good Vibes Festival wurde abgesagt. Die Band steht nun auf der schwarzen Liste und darf nicht mehr in Malaysia auftreten – Konsequenzen, die bei weitem nicht mit den Strafen vor Ort, nämlich einer 20-jährigen Haftstrafe und Prügel, vergleichbar sind.

Auch die queere Community zeigt sich nicht zufrieden

Man könnte meinen, dass zumindest die unterdrückte LGBTQIA+-Community Malaysias begeistert von Healys Botschaft gewesen wäre. Doch im Gegenteil, die Bewegung zeigte sich äusserst verärgert. Während die Bandmitglieder unbeschadet davonkommen und zurück in ihre Heimat fliegen, bleiben die Restriktionen bestehen. Die Aktion lenkt negative Aufmerksamkeit auf die queere Gemeinschaft, die sich in Malaysia bisher mit viel Schweiss und Blut einen Safe-Space geschaffen hat.

Ein:e queere:r malaysische:r Twitter-User:in brachte es auf den Punkt: «Was hat Healy erwartet? Dass die Regierung plötzlich sagt: «Oh, er hat uns beleidigt, er hat recht, Homosexuelle sollten gleiche Rechte haben.» Nein, es wird von der konservativen Partei genutzt, um noch restriktivere Gesetze gegen uns durchzusetzen.» Hier der gesamte Tweet:

Es kommt noch schlimmer

Die Aktion hatte zusätzliche Folgen. Die geplanten Shows in der indonesischen Hauptstadt Jakarta und in Taiwans Hauptstadt Taipeh wurden ebenfalls aufgrund der «aktuellen Umstände» abgesagt, wie die Band via Instagram am Sonntag mitteilte. Zusätzlich konnten unzählige andere Künstler:innen nicht mehr am Festivals in Malaysia auftreten.

So Einfach ist es nicht

Obwohl die Band zweifellos nur das Beste für die LGBTQIA+ -Community in Malaysia und weltweit im Sinn hatte, war ihre Herangehensweise möglicherweise nicht die klügste. Einfach auf die Bühne zu gehen und gegen die Regeln zu verstossen ist nicht immer effektiv. Eine konstruktivere Vorgehensweise wäre beispielsweise, eine Spende an eine lokale queere Organisation gewesen um die Community vor Ort zu fördern.

Die Frage, ob die Band überhaupt in einem Land mit solchen restriktiven Gesetzen hätte auftreten sollen, ist sicherlich kontrovers. Unabhängig von den Motiven der Band ist unbestreitbar, dass viele Menschen, die nicht mit der Vorgehensweise des Staates einverstanden sind, nun quasi zurückgelassen wurden und nie die Möglichkeit haben werden, ihre Lieblingsband live zu erleben.

Trotz der Kontroverse hat die Aktion das Thema wieder ins Rampenlicht gebracht. Healy und seine Bandkollegen nehmen einiges auf sich, um eine ihnen äusserst wichtige Botschaft nach aussen zu tragen. Dennoch hätte man bezüglich der Strategie zur Umsetzung das Köpfchen etwas mehr einschalten können.

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