Veröffentlicht am 24. März 2023

Lana Del Rey im knallharten Fan-Review

Die grössten Fans, so heisst es, seien die härtesten Kritiker. Für das Review zum neuen Lana Del Rey-Album haben wir darum einen Hardcore-Fan der Pop-Ikone in die Redaktion eingeladen und hören uns gemeinsam das aktuelle Album an.

Journalist

Das vierte Album innerhalb von vier Jahren – Lana ist ein Workaholic. Arbeitswut geht aber nicht immer mit Qualität einher, was sich auch am Konsens der letzten beiden Alben der Sängerin zeigt. Dieser geht weit auseinander und auch wenn nicht wenige Stimme wohlwollend über «Chemtrails over the Country Club» und «Blue Bannister» sprechen, so ist der Hype um Lana doch merklich abgekühlt.

«Did you know that there’s a tunnel under Ocean Blvd» möchte das Feuer wieder anzünden. Ob das geklappt hat, verrät unser Review mit Lana Del Rey-Superfan Caitlyn, die Lanas Songs so oft hört, dass Spotify sie persönlich angerufen hat, um zu fragen, ob bei ihr alles in Ordnung sei.

«The Grants»

Caitlyn: Ein schöner Song mit schönen Lyrics. Die Idee, dass wir unsere Erinnerungen mitnehmen, wenn wir sterben, gefällt mir. Ist das makaber? Egal.

«Did you know that there’s a tunnel under Ocean Blvd»

Den Titeltrack mochte ich zu Beginn nicht wirklich, mitterweile bin ich aber ziemlich angetan davon. Vor allem die Textzeile: «Fuck me to death, love me until I love myself».

«Sweet»

Guter Vibe. Vielleicht weil ich aus Kalifornien bin? Mir gefallen die vielen Los Angeles-Verweise, aber der eigentliche Song ist langweilig.

A&W

«I haven’t done a cartwheel since I was nine.» ist wahrscheinlich die dümmste Zeile, die Lana je verfasst hat. Den Rest des Songs mag ich aber, er klingt sehr nach ihrem Signature-Sound. Ausserdem erzählt sie darin über die öffentliche Wahrnehmung ihrer Personen und was es bedeutet, als Frau im Musikbusiness älter zu werden. Ein wichtiges Thema.

Judah Smith Interlude

Oof, braucht das Zwischenstück mit dem Sermon von einem Megachurch-Pfarrer ebenfalls eine Meinung? Nun denn. Könnte schlimmer sein, die Message dahinter ist eigentlich schon fast…kreativ? Er spricht über Verlangen und Kunstfertigkeit, was ja eigentlich ganz gut zum Album passt.

Candy Necklace

Klarer Filler-Track. Ziemlich langweilig, der Verweis auf «Cinnamon Girl» von «Norman Fucking Rockwell» gefällt mir aber.

Jon Batiste Interlude

Wieder ein Zwischenstück. Jon Batiste ist cool und kommt aus der selben Stadt wie meine Mutter. Viel mehr kann ich dazu nicht sagen. Das Interlude fügt sich aber gut ins Album ein.

Kintsugi

Wie auch bei «The Grants» geht’s hier um die Familie, respektive um den Tod innerhalb der Familie. Ein rührendes Stück und ich glaube die Zeile «That’s how the light gets in» ist ein Verweis auf Leonard Cohens «Anthem». Würde Sinn machen, weil «Kintsugi» beschreibt die japanische Kunst der Reparatur von Tongefässen mittels Gold und Cohen Wiederum singt: There is a crack, there is a crack in everything, that’s how the light gets in.». Cooles Storytelling.

Fingertips

Ein Song über mentale Gesundheit, Suizid und Familie, mehrheitlich den Suizid ihres Onkels und die schwierige Beziehung zu ihrer Mutter. Schwermütig aber unbeeindruckend

Paris, Texas

Verspielt und fast schon magisch. Wie der Soundtrack zu einer Ballettaufführung. Nicht, dass ich eine Ahnung von Ballet hätte, aber auf jeden Fall sehr schön.

Grandfather please stand on the shoulders of my father while he’s deep sea fishing feat. Riopy

Erstmal, was für ein prätentiöser Titel. Auch der Text ist seltsam: «I’m folk, I’m jazz, I’m blue, I’m green, regrettably, also a white woman, but I have good intentions even if I’m one of the last ones.». Wahrscheinlich spricht sie damit einen drei Jahre alten Social Media-Post an, der ihr damals einen ziemlichen Shitstorm eingebracht. Darin kritisierte sie die allgemeine Auffassung, dass ihre Musik Missbrauch glorifiziert, sowie die unfaire Behandlung ihrerseits gegenüber anderen Künstlerinnen. Der Post war peinlich damals und er ist es heute noch. Vielleicht sollte sie die Angelegenheit lieber belassen, anstatt Songs darüber zu schreiben.

Let the Light In feat. Father John Misty

Ich bin voreingenommen, weil ich für Father John Misty sterben würde, aber objektiv betrachtet harmonieren die Stimmen der Beiden nun mal wahnsinnig gut miteinander. Ich liebe den Song.

Margaret

Ein Featuring mit der Indie-Pop Band Bleachers und eigentlich ein Liebessong für deren Bandleader Jack Antonoff und dessen Verlobte Margaret Qualley. Sehr herzig.

Fishtail

Mittelmass. Next, please.

Peppers

Ich mag den Rap-Part mit Tommy Genesis. Einer meiner Lieblingssongs von ihr ist die Kooperation mit ASAP Rocky. Schade, dass der Song nie offiziell auf einem Album erschienen ist.

Taco Truck x VB

Mehr seltsame Lyrics auf dem Closing-Track. «Oh, that’s why they call me Lanita, when I get down I’m Bonita». Lanas Obsession mit Los Angeles geht offenbar bis nach Mexiko runter. Ein bisschen cringe.

Fazit

Ich mag das Album. Das hängt aber vielleicht auch damit zusammen, dass ich keine grossen Erwartungen hatte, weil das die letzten Beiden ziemlicher Schrott waren. «Norman Fucking Rockwell» ist mein absolutes Lieblingsalbum und ich hab mich unterdessen damit abgefunden, dass Lana Del Rey vielleicht nie mehr Songs in dieser Qualität ablieferen wird aber das 9. Album ist zumindest ein Schritt in die richtige Richtung.

Gefällt dir der Artikel?